Zur Therapie und Prophylaxe

Tierische Selbstmedikation

04.06.2013, 14:37 Uhr


Nicht nur Menschen bekämpfen verschiedenste Krankheiten mit Medikamenten. Auch Tiere von der Fruchtfliege bis hin zu Primaten nutzen Stoffe mit pharmakologischer Wirkung sowohl zur Therapie als auch zur Prophylaxe.

Primaten kauen das Mark bitterer Pflanzen, um Magen-Darm-Parasiten zu bekämpfen. Diese Pflanzen haben keinerlei Nährwert, aber offenbar haben die Affen festgestellt, dass sie ihnen guttun. Finken bauen Zigarettenstummel in ihre Nester ein; nicht in Ermangelung anderen Baumaterials, sondern weil das enthaltene Nikotin Milben fernhält. Aber nicht nur höher entwickelte Tiere machen Gebrauch von pharmakologisch wirksamen Stoffen aus der Natur. Auch Insekten schützen auf diese Weise sich und ihren Nachwuchs. So legen beispielsweise Fruchtfliegen ihre Larven an Orten mit höherem Ethanol-Gehalt hab, wenn der Befall mit bestimmten Parasiten droht. Wird eine Dauermedikation abgesetzt, droht auch im Tierreich der Rückfall: Bienen schützen ihren Stock vor Pilzbefall durch bestimmte Harze, die antimykotisch wirken. Kommen die Bienen mit Pilzsporen in Kontakt, sammeln sie diese Harze vermehrt. Da die Harze klebrig sind und die Arbeit am Stock erschweren, sind sie bei Imkern nicht besonders beliebt. Es besteht das Bestreben, die Bienen so zu züchten, dass sie möglichst wenig Harz einlagern. Die Forscher sehen darin eine Ursache dafür, dass immer mehr Bienenvölker von Parasiten befallen sind. Für die Bienen und auch andere Spezies ist es wohl energieeffizienter, Krankheitserreger „medikamentös“ zu bekämpfen, als das eigene Immunsystem entsprechend zu adaptieren. Zumindest erklären sich die Wissenschaftler so den evolutionären Vorteil der tierischen Pharmakotherapie.

Auch wenn die tierischen Therapeuten instinktiv vieles richtig machen, wäre offenbar in einigen Fällen doch eine Beratung zu Risiken und Nebenwirkungen angebracht: Bärenspinner-Raupen fressen Alkaloid-haltige Greiskräuter, um parasitäre Fliegen zu bekämpfen, die ihre Larven in den Raupen ablegen. Die Alkaloide steigern laut einer Studie die Überlebensraten von befallenen Raupen um 17 Prozent. Fressen  nicht befallene Raupen die Greiskräuter, ist die Sterberate erhöht. Von pharmazeutischer Beratung oder Medikationsmanagement im Tierreich ist allerdings bisher noch von keiner Spezies etwas bekannt.

de Roode JC, et al. Self-Medication in Animals; Science 340, 150 (2013).


Julia Borsch


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