Viva Vita

LG Stuttgart: Zuzahlungsclub ist unzulässig

Stuttgart - 10.12.2012, 16:04 Uhr


Das Konzept des Zuzahlungsvereins „Viva Vita“ ist nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart unzulässig: Ein Verstoß gegen das Arzneimittelpreisrecht liege auch vor, wenn der korrekte Preis für ein Arzneimittel angesetzt, dem Kunden aber ein Vorteil gewährt werde, der den Erwerb für ihn günstiger erscheinen lasse. Ohne Bedeutung sei dabei, dass nicht die Partnerapotheken, sondern der beklagte Verein als Mittelsmann den eigentlich zu verhindernden Preiswettbewerb eröffne.

Aktive Mitglieder von Viva Vita sind nach Angaben des Vereins derzeit 40 Apotheken, die je nach Umsatz Mitgliedsbeiträge zahlen – mindestens 1.000 Euro jährlich. Die Mitgliedsbeiträge der Krankenversicherten (passive Mitglieder) liegen dagegen zwischen 10 und 104 Euro. Ihnen bietet Viva Vita an, die beim Arzneimittelkauf anfallenden Zusatzzahlungen voll oder teilweise zu erstatten, wenn sie bei kooperierenden Partnerapotheken erworben werden. Soweit keine Zuzahlung anfällt, erhalten die Versicherten vom Verein ebenfalls zwischen 2,50 und 20 Euro.

Ein klarer Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung, befand die Wettbewerbszentrale und forderte die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Nachdem Viva Vita deren Unterzeichnung ablehnte, traf man sich vor dem Landgericht Stuttgart. Nicht zum ersten Mal musste der Verein sein Konzept vor Gericht verteidigen – und nicht zum ersten Mal teilten die Richter nicht dessen, sondern die Auffassung der Wettbewerbszentrale: Die Zuzahlungserstattung stelle eine Beihilfe zur Verletzung der Preisbindung dar, so ihr Urteil.

Durch die Preisbindung bei Rx-Arzneimitteln gemäß § 78 Abs. 2 AMG solle ein Preiswettbewerb unter den Apotheken vermieden werden, um eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Zwar sei Viva Vita nicht selbst Normadressat der Preisbindung, gestanden die Richter ein. Aber der Verein leiste vorliegend als Dritter für seine Partnerapotheken Beihilfe zum Eintritt in einen Preiswettbewerb: „Wer selbst nicht Normadressat ist, aber gesetzesunterworfene Dritte bewusst dabei unterstützt, gegen Marktverhaltensregeln […] zu verstoßen, um damit den Absatz deren Unternehmen zu fördern […], handelt unlauter“.

Viva Vita hatte zudem angeführt, das Unterlassungsbegehren der Wettbewerbszentrale sei verjährt oder gar verwirkt, da sie das Geschäftsmodell bereits seit Mitte 2008 kenne und dennoch nichts unternommen habe. Über vier Jahre habe man sich einen „wertvollen Besitzstand geschaffen, sich stark vergrößert und Bekanntheit erlangt“, so der Verein. Das Argument lehnten die Richter jedoch ebenfalls ab: Im März 2010 habe die Wettbewerbszentrale einen rechtskräftigen Titel gegen eine dem Verein angehörende Apotheke erlangt, von dem sie sich eine Signalwirkung für das Rückvergütungsmodell erhoffte. Der Verein habe daher nicht davon ausgehen dürfen, dass die Wettbewerbszentrale das Geschäftsmodell dulde.

Landgericht Stuttgart, Urteil vom 21. November 2012, Az. 40 O 57/12 KfH

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Juliane Ziegler