Mikrobiologie

Darmbakterien und Übergewicht

New York - 01.09.2011, 15:00 Uhr


Dass die Neigung zu Übergewicht und die Zusammensetzung der Darmflora zusammenhängen könnten, zeigt eine neue Studie aus den USA. Demnach könnte die häufige Anwendung von Antibiotika einer der vielen Faktoren sein, warum Übergewicht in vielen Industrieländern immer weiter zunimmt.

Bakterien im Verdauungstrakt helfen bei der Vitamin-K-Aufnahme und bei der Verdauung komplexer Kohlenhydrate. Wahrscheinlich unterstützen sie auch die Immunabwehr und verhindern Infektionen und Autoimmunerkrankungen. Die Zusammensetzung der Darmflora könnte erklären, warum Menschen Arzneimittel oder Nährstoffe unterschiedlich gut aufnehmen.

Die häufige Einnahme von Antibiotika zerstört neben gefährlichen Keimen auch nützliche Darmflora, die dann teilweise nie mehr ins Gleichgewicht kommt. So kann schon eine siebentägige Behandlung mit Antibiotika dazu führen, dass normale Darmbakterien antibiotikaresistente Gene einbauen, die dann selbst ohne die Einnahme weiterer Antibiotika auch noch zwei Jahre später feststellbar sind.

Möglicherweise wird dadurch die Darmflora so verändert, dass sich Kohlenhydrat-abbauende Bakterien übermäßig vermehren können. In der Tierzucht ist Verfettung durch Antibiotika bekannt und wird teilweise sogar durch Futterbeimengung gefördert. Bei Menschen können sich durch die häufige Anwendung von Antibiotika möglicherweise Krankheiten wie Fettsucht, Typ-1-Diabetes, Darmentzündungen, Allergien und Asthma verschlimmern.

Das Bakterium Helicobacter pylori lebt im Magen und löst Magenerkrankungen und Geschwüre aus, schützt zugleich jedoch die Speiseröhre. Der früher bei allen Menschen anwesende Erreger verschwindet zunehmend und ist heute nur mehr bei sechs Prozent der Kinder nachzuweisen. Als Folge verringert sich die Zahl von Magengeschwüren und -krebs. Im Gegenzug nehmen Erkrankungen der Speiseröhre jedoch schlagartig zu, zudem leiden Kinder ohne H. pylori auch öfter an Asthma, Heuschnupfen oder Hautallergien.

Quelle : Blaser, M., et al.: Nature 2011;476:393–4; Online doi:10.1038/476393a  


Dr. Bettina Hellwig