TGL Nordrhein

Betriebliche Altersversorgung ohne Bevormundung

Berlin - 15.08.2011, 15:09 Uhr


Die zwischen der Apothekengewerkschaft Adexa und dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) ausgehandelte „ApothekenRente“ stößt bei der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter (TGL) Nordrhein weiterhin auf Unverständnis. Man beabsichtige nicht, in versicherungsrechtliche Strukturen der Mitarbeiter/innen einzugreifen, verkündete die TGL heute.

Mit Ausnahme von Nordrhein und Sachsen haben die Arbeitgeberverbände den Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge unterschrieben. Dieser soll zum 1. Januar 2012 in Kraft treten. Danach können Apothekenangestellte in Abhängigkeit von ihrer wöchentlichen Arbeitszeit Arbeitgeberbeiträge von 10 bis 27,50 Euro erhalten. Überdies bietet der Vertrag die Möglichkeit einer Entgeltumwandlung durch den Mitarbeiter. Die Entgeltumwandlung wird durch einen 20-prozentigen Zuschuss des Apothekeninhabers unterstützt.

Kürzlich hatte Adexa die Apothekeninhaber aufgefordert, ihre Mitarbeiter ausführlich über die Vereinbarungen zur betrieblichen Altersversorgung zu informieren – sonst drohe eine Klage auf Schadensersatz. Hiergegen wendet sich nun die TGL. Die von Adexa vertretene Auffassung, der Arbeitgeber sei schon mit Beginn des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, den Arbeitnehmer „unverzüglich“ über die Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung zu informieren und aufzuklären, weist die TGL zurück. Die hierzu von Adexa herangezogene Bestimmung des § 1 a des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung (BetrAVG) schaffe lediglich einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltumwandlung. Dieser müsse nicht nur vom Arbeitnehmer ausdrücklich geltend gemacht werden, sondern auch durch eine besondere Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geregelt werden. Zuvor sei der Arbeitgeber zu nichts verpflichtet. Auch das von Adexa zitierte Urteil des Bundesarbeitsgerichts (21.11.2000 - 3 AZR 13 / 00) sei „verfehlt“, so die TGL. Hier sei es um eine wirksam vereinbarte Altersversorgung gegangen, zu der der Arbeitgeber eine falsche Auskunft gab. Nur deswegen sei er auch schadensersatzpflichtig geworden.

Die TGL betont, dass das Angebot einer betrieblichen Altersvorsorge seit 2002 ohnehin auf gesetzlicher Basis praktiziert werde. Dies lässt indes auch Adexa nicht unerwähnt. Mitarbeiter haben also nicht erst ab nächstem Jahr einen Anspruch auf Umwandlung eines Teils ihres Lohnes in eine kapitalgedeckte Versicherung, um die gesetzliche Altersversorgung zu ergänzen. Diese Entgeltumwandlung ist bis zu einer bestimmten Grenze steuer- und sozialversicherungsfrei.  Arbeitgeber könnten sich an den Kosten beteiligen, indem sie die für sie entstehende Ersparnis bei den Sozialversicherungen als  Zuschuss gewähren, so die TGL. ADA und Adexa haben nun tariflich verpflichtend geregelt, dass dieser Zuschuss bis zu einer Höhe von 27,50 Euro monatlich von den Arbeitgebern zu entrichten ist. Die TGL Nordrhein hat sich hieran bewusst nicht beteiligt. Sie zweifelt, dass die unterschiedliche Altersstruktur den Abschluss einer tariflichen Altersvorsorge für alle Mitarbeiter gleichsam attraktiv ist. Überlege man, wie viele Mitarbeiter/innen bundesweit lediglich nach Tarif bezahlt werden, werde zudem deutlich, dass das gesamte Konstrukt des ADA mit der Adexa nur wenige betreffe, so die TGL.

Auf jeden Fall lehne die TGL eine Bevormundung der Arbeitgeber ab. „Wir werden nicht fremde Berufe via Provision mit Geld versorgen“, heißt es in ihrer Mitteilung. Zudem befürchtet man eine weitere Aufblähung der Bürokratie durch den Tarifvertrag. Die TGL mache sich lieber für Entgeltumwandlungen oder Leistungszuschläge nach dem Motto „Mehr Netto vom Brutto“ stark, schreibt sie. Und: Eine Entscheidung über die betriebliche Altersversorgung sollte ganz im eigenen Ermessen der Mitarbeiter/innen sein und bleiben. Im konkreten Fall empfiehlt die TGL ihren Mitgliedern, die im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung entstehende Ersparnis an Sozialversicherungsbeiträgen an die Mitarbeiter weiterzugeben bzw. auszuzahlen. Und das gleichgültig, ob es sich um tarifliche oder übertarifliche Gehälter handelt.

Tanja Kratt, Zweite Vorsitzende von Adexa, betonte im Gegenzug, dass die tarifliche Altersvorsorge ab 1. Januar 2012 für alle tarifgebundenen Arbeitnehmer/innen im Gebiet des ADA gelte – ebenfalls unabhängig davon, ob sie tariflich oder übertariflich bezahlt werden. Zudem sei der Rahmenvertrag zur „ApothekenRente“ bewusst so vereinbart, dass Beiträge wie der monatliche Mindestbetrag von 10 Euro nicht durch hohe Gebühren oder Provisionen diskriminiert werden. Überdies verwies Kratt darauf, dass die betriebliche Altersvorsorge gerade im Apothekenbereich besonders wichtig sei, um die überwiegend weiblichen Mitarbeiterinnen (vielfach in Teilzeit) vor Altersarmut zu schützen. Der Arbeitgeberbeitrag sorge dafür, eine betriebliche Altersvorsorge aufbauen zu können, auch wenn das Gehalt nicht für eine Entgeltumwandlung ausreicht, so Kratt.


Kirsten Sucker-Sket