Reformvorschläge für das Gesundheitswesen

Regierungsberater fordern mehr Wettbewerb für Apotheken

Berlin - 24.07.2009, 13:50 Uhr


Die Professoren Eberhard Wille und Bert Rürup, das IGES-Institut und das DIW Berlin sprechen sich in einem Gutachen für das Finanzministerium für den Fremd- und Mehrbesitz aus.Zudem wollen sie Preiswettbewerb - auch bei Rx-Arzneimitteln.

Im Auftrag des BMF haben die Professoren Eberhard Wille und Bert Rürup sowie das IGES-Institut und das DIW Berlin das Gesundheitswesen unter die Lupe genommen. "Effizientere und leistungsfähigere Gesundheitsversorgung als Beitrag für eine tragfähige Finanzpolitik in Deutschland" lautete das Thema. Das Fazit der Wissenschaftler: Der Wettbewerb zieht zwar mehr und mehr ins Gesundheitswesen ein, doch noch immer schlummern dort erhebliche Effizienzpotenziale - vor allem im stationären Bereich, aber auch in der Arzneimitteldistribution. Aus Sicht der Autoren müssen Gesundheitsreformen im Sinne der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen dafür sorgen, dass Ausgabensteigerungen, die ihre Ursachen in effizienzmindernden Organisations- und Anreizstrukturen haben, beseitigt werden. Dazu sei ein funktionsfähiger Wettbewerb zwischen den Leistungsanbietern einerseits und den Krankenkassen andererseits notwendig. Die vergangenen Reformen böten hierfür bereits an einigen Stellen die richtigen Ansätze. Es bedürfe jedoch einer weiteren Stärkung wettbewerblicher Organisationselemente in der GKV - insbesondere die Ausweitung von Selektivverträgen und die Anwendung des Wettbewerbs- und Kartellrechts.

Um die Kritik am Apothekensystem zu finden, muss man die Kurzfassung des Forschungsberichts verlassen und tiefer in das Gutachten schauen. In der von drei IGES-Wissenschaftlern verfassten Einleitung heißt es, in der Arzneimitteldistribution gebe es "zwei grundlegende Wettbewerbsmängel", die für Effizienzeinbußen verantwortlich seien: das Fremd- und Mehrbesitzverbot sowie der fehlende Preiswettbewerb im Bereich der der verschreibungspflichtigen Arzneimittel. In einem späteren Kapitel empfiehlt Prof. Wille konkret die Einführung apothekenindividueller Handelsspannen. Statt fester Zuschläge sollte es eine erstattungsfähige prozentuale Apothekenfestspanne geben, die sich aus den durchschnittlichen Vertriebskosten und einem "angemessenen" Unternehmerlohn für den gesamten Arzneimittelvertrieb zusammensetzen. Darüber hinaus könnten Apotheken individuelle Spannen kalkulieren, die sie sich mit dem Großhandel teilen - diese Spanne könnte aber auch die Festspanne unterschreiten. Damit Apotheken zudem "ihre wettbewerblichen Spielräume im Sinne der Patienten nutzen", sollten möchte Wille ihnen die Möglichkeit einräumen, die Patientenzuzahlung ermäßigen oder zu erhöhen. Allerdings konstatiert der Gesundheitsökonom ganz recht, dass mit den jüngsten Reformen keine vergleichbaren Schritte unternommen wurden bzw. derartige Absichten schnell wieder in der Versenkung verschwanden. Bislang ist auch nicht ersichtlich, dass eine künftige Regierung, diesen Ratschlägen folgen wird. Jedenfalls erwartet auch Wille nicht, dass nach der Bundestagswahl am Fremd- und Mehrbesitzverbot gerüttelt wird. 

Im jüngst vorgelegten Gutachten des Gesundheits-Sachverständigenrates, dessen Vorsitz Prof. Wille innehat, war der Fremd- und Mehrbesitz von Apotheken eher ein Randthema. Das bestehende Verbot wurde nicht verteufelt und die Liberalisierung auch nicht als die Lösung von Effizienzproblemen herausgehoben. Vielmehr sei die Organisationsform der Apotheke weitgehend egal - Hauptsache, der Apotheker entwickele seine Rolle weiter und bringe sich aktiv als pharmazeutische Berater in den Versorgungs-Netzwerken der Zukunft ein. Auch die Vergütungsfrage wurde hier gänzlich anders beleuchtet.


Kirsten Sucker-Sket


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