Ejakulationsstörungen

Behandlungsmethoden bei vorzeitigem Samenerguss

Konstanz - 24.06.2009, 13:07 Uhr


Ein normaler Geschlechtsakt in Deutschland dauert rund sieben Minuten. Männer mit vorzeitiger Ejakulation können den Zeitpunkt der Ejakulation nicht selbst steuern und "kommen" oft schon, bevor sie ihren Penis in die Vagina einführen konnten oder unmittelbar danach.

Die Ejakulation geht auf das spinale Reflexzentrum zurück und wird durch das Stammhirn vermittelt, hauptsächlich über das sympathische Nervensystem. Dabei erregen postganglionäre sympathische Fasern die Samenbläschen, den Samenleiter, die Prostata, die bulbourethrale Muskulatur und den Blasenhals und bringen diese in koordinierter Weise zur Kontraktion, um eine Ejakulation zu erzielen. An diesen Vorgängen sind Neurotransmitter wie Serotonin und Dopamin beteiligt.

Die Ejaculatio praecox, so der medizinische Fachbegriff, wird auch zu den Ejakulations- und Orgasmusstörungen des Mannes gezählt. Rund 20 bis 40 Prozent der Männer aller Altersgruppen sind davon betroffen, viele davon schon seit ihrem ersten Geschlechtsverkehr. Bei anderen entwickelt sich der vorzeitige Samenerguss im Laufe des Lebens durch uro­logische und psychische Störungen.

Viele Männer finden in einer guten Beziehung mit wenig Stressfaktoren gemeinsam mit ihrer Partnerin einen Weg, wie der vorzeitige Samenerguss weniger Probleme bereitet. So ist die Ejakulation nach einem ersten Orgasmus beim zweiten Mal bereits deutlich verzögert. Auch Alkohol kann eine Ejakulation verzögern.

Eine weitere Möglichkeit sind lokale Betäubungsmittel, welche die Empfindlichkeit des Penis herabsetzen. Mit ihnen lässt sich die ­Zeit bis zur intravaginalen Ejakulation auf bis zu acht Minuten verlängern. Dazu werden die Lokalanästhetika Prilocain und Lidocain in Salben, Cremes oder als Sprays eingesetzt. In der Naturheilkunde wird auch Conium maculatum in Salbenform angewendet. Damit die Genitalien der Partnerin nicht betäubt werden, sollte der Mann ein Kondom benutzen. Es gibt auch Kondome, die bereits mit Benzocain oder Lidocain beschichtet sind.

Eine andere Möglichkeit sind psychologische Behandlungsmethoden, durch die die Anspannung gemildert werden kann. Außerdem kann der Mann die Kontrolle auch erlernen. Bei der Squeeze-Training nach Masters und Johnson soll der Mann über ein Sensualitätstraining seine Erregung bewusster wahrnehmen. Die Partnerin sollte ihren Partner bis kurz vor den Samenerguss manuell stimulieren. Dann drückt die Frau mit der Daumenspitze fest auf die Rückseite des Penis direkt unterhalb der Eichel (Frenulum-Bereich). Dies soll den Ejakulationsreflex unterbrechen (meistens) und bei Anwendung über eine längere Zeit den gewünschten Erfolg bringen. Die Stopp-Start-Methode ist der normalen Stimulation beim Geschlechtsverkehr ähnlicher. Hier versucht der Mann, ein Gefühl dafür zu gewinnen, wann er beim Sex kurz vor einem Samenerguss steht - und hält dann für einige Sekunden inne. Die Technik erfordert Übung, zum Beispiel durch Masturbation, und ein gutes Zusammenspiel mit der Frau.

Bisher verschrieben Ärzte Männern mit Ejaculatio praecox auch Antidepressiva im so genannten Off-label-use. Die Ärzte nutzten damit eine Nebenwirkung der Antidepressiva aus: Sie können die Ejakulation verzögern. Der neue selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Dapoxetin wurde ursprünglich als Antidepressivum entwickelt, war jedoch in dieser Indikation nicht wirksam genug. Im Gegensatz zu anderen Antidepressiva flutet Dapoxetin jedoch schnell an und wird schnell wieder abgebaut, was zur Dauertherapie einer Depressionen nicht sinnvoll ist.

Dapoxetin eignet sich aber zur Kurzzeitanwendung bei Bedarf, wie es zur Behandlung der Ejaculatio praecox notwendig ist. Nach Einnahme einer Tablette mit 30 oder 60 mg werden Plasmaspitzenkonzentrationen innerhalb von einer Stunde erreicht. Die Wirkung tritt schnell ein und hält nicht lange an, die Halbwertszeit beträgt 90 Minuten. Deshalb kann die Substanz ein bis drei Stunden vor dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden, unabhängig von den Mahlzeiten.


Tarja Wündrich