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Management

Fehlzeiten im Team

Wie Apothekenleiter Personalengpässe vermeiden können

In angespannten Zeiten wie diesen und andauerndem Personalmangel kommen Apothekenteams immer häufiger ans Limit. Wenn einzelne Mitarbeiter noch dazu ständig krank sind, führt eine Überlastung der Kollegen schnell zu einer schlechten Stimmung im gesamten Team. Doch was können Führungskräfte tun, um für möglichst wenig Fehlzeiten und echte Anwesenheit im Team zu sorgen?

Montagmorgen in der Apotheke: Ein Mitarbeiter ist im Urlaub und es meldet sich gleich früh ein weiteres Teammitglied krank – das passt natürlich überhaupt nicht! Trotzdem sollten Mitarbeiter – nicht nur wegen des Verdachts auf eine Corona-Infektion – bei Unwohlsein lieber zu Hause bleiben. Denn wer nur körperlich anwesend ist und sich nicht fit fühlt, arbeitet unkonzentriert und unproduktiv. Und wird im schlimmsten Fall nur die Kollegen anstecken und die Fehltage im Team insgesamt erhöhen. Trotz des Ärgers und der Mehrbelastung durch den Ausfall eines Angestellten sollten Apothekenleiter auch bei Personalengpässen einen kühlen Kopf behalten – denn in der Regel bleibt keiner ohne Grund der Arbeit fern.

Gesundheit hat Vorrang

Bei einer persönlichen Krankmeldung per Telefon können beispielsweise wertschätzende Äußerungen wie „Gute Besserung“ oder „Hoffentlich fühlen Sie sich bald wieder fit“ des Vorgesetzten oder Kollegen helfen, dass der krank gemeldete Mitarbeiter schneller wieder einsatzbereit ist – denn Beschäftigte können die Dauer ihrer Arbeitsunfähigkeit in vielen Fällen in entscheidendem Maße beeinflussen. Ist die Grundstimmung im Team gut, werden die Mitarbeiter versuchen, baldmöglichst die Kollegen wieder tatkräftig zu unterstützen. Jeder Mensch ist allerdings anders, sodass der eine sich schneller einen AU-Schein holt als der andere (pflichtbewusste) Mitarbeiter, der eher zu bald wieder in der Apotheke erscheint, um das Team nicht hängen zu lassen.

Apothekenleiter sollten immer wieder deutlich machen, wie wichtig es ihnen ist, dass alle Plätze laut Arbeitsplan besetzt sind, dass aber andererseits Gesundheit immer Vorrang hat. Dass also kein Druck aufgebaut wird, man sich aber freut, wenn die Mitarbeiter auch „halbfit“ am Arbeitsplatz erscheinen und dass man dann – je nach betrieblichen Möglich­keiten – versucht, Rücksicht zu nehmen und z. B. eine längere Pause zu ermöglichen.

Verständnis und Wert­schätzung zeigen

Apothekenteams müssen täglich eng zusammenarbeiten und die Arbeit geht häufig Hand in Hand. Dabei muss sich jeder auf den anderen verlassen können. Eine klare Arbeitsaufteilung, gegen­seitiges Vertrauen und eine gute Kommunikation ermöglichen reibungslose Abläufe – auch wenn jeder Mensch anders tickt oder mal ein Teammitglied unvorhergesehen ausfällt. Mit den richtigen Fragen von Zeit zu Zeit kann man sich als Apothekenleiter einen Eindruck von der individuellen Belastungssituation, dem empfundenen Stress oder den Gründen der möglichen Unzufriedenheit einzelner Mitarbeiter machen. Durch regelmäßige Gespräche und durch einen wertschätzenden Umgang miteinander wird gegenseitiges Vertrauen im Team aufgebaut.

Flexibilität ist dabei einer der wichtigsten Faktoren für die Mitarbeiterzufriedenheit und reduziert Stress. Deshalb lohnt es sich, den Angestellten durch flexible Arbeitszeitmodelle entgegenzukommen und bei temporärer Mehrarbeit – beispielsweise bei einem krankheitsbedingten längeren Ausfall eines Kollegen – für einen anschließenden Ausgleich zu sorgen. Bei einer zu hohen Arbeitsbelastung einzelner Personen sollte überlegt werden, die Auf­gaben auf andere Teamkollegen – je nach deren Kapazitäten – zu verteilen. Auch sollten Mitarbeiter mit einem niedrigen Krankheitsstand und häufigem flexiblen Einspringen bei Engpässen beispielsweise durch besondere Wertschätzung oder freie Tage zum Ausgleich belohnt werden. In jedem Fall ist es gerade bei kleineren Apothekenteams wichtig, als Führungskraft für eine gute Unternehmenskultur zu sorgen und denjenigen „Danke“ zu sagen, die für die häufiger kranken Kollegen zuverlässig und verantwortungsbewusst mitarbeiten.

Ein klärendes Gespräch führen

Apothekenleiter sind oft nah dran an den Mitarbeitern, sodass idealerweise eine gute und echte Bindung zu den Teammitgliedern aufgebaut werden kann. Doch in Ruhe mit­einander zu reden ist im hektischen Berufsalltag gar nicht so leicht – besonders dann, wenn Konflikte zu lösen sind. So ist es vielen Chefs oft unangenehm, mit Angestellten über Fehlzeiten zu reden, dabei müsste es das nicht sein, sagt Anne Katrin Matyssek in ihrem Buch „Fehlzeiten im Griff. Das Handbuch für Führungskräfte“. Die Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin hat sich auf das Thema gesundheitsgerechte Mitarbeiterführung spezialisiert. Ihr wichtigster Rat ist es, auch in „gesunden“ Zeiten häufig mit allen Teammitgliedern zu sprechen, beispielsweise nach einer Fortbildung oder nach dem Urlaub. Dann fällt auch das Willkom­mensgespräch nach einer krank­heits­bedingten Abwesenheit leichter und man holt das Thema Krankheit aus der Tabuzone.

Je länger die Abwesenheit eines Mitarbeiters war, desto mehr Zeit sollte man für ein persönliches Gespräch einplanen. „Egal ob jemand kurz oder lang krank war: Die Führungskraft sollte in den Gesprächen Wertschätzung und echtes Interesse am Gegenüber signalisieren“, sagt Matyssek. Es müsse klar werden, dass das Fehlen des Mitarbeiters auf­gefallen ist und der Führungskraft sein Wohl am Herzen liegt. Fragt man, wie es dem Gegenüber geht, zeigt man Interesse und gibt dem Teammitglied die Gelegenheit, eventuelle gesundheitliche Probleme von sich aus anzusprechen. Angestellte sind allerdings nicht verpflichtet, den Krankheitsgrund zu nennen – auch wenn sie häufig oder über einen längeren Zeitraum ausfallen.

Tipps für ein Gespräch nach einer Fehlzeit

  • Begrüßung/Freude zeigen, dass das Teammitglied wieder da ist
  • Sich nach dem Befinden des Gegenübers erkundigen und ob eventuell noch etwas Rücksichtnahme/Schonung nötig ist
  • Fragen, ob die Erkrankung/ der Arbeitsausfall etwas mit der Arbeit zu tun hatte
  • Informationen geben, was in der Abwesenheit im Betrieb passiert ist
  • Besprechen, welche Aufgaben im Team gerade anstehen und was Priorität hat
  • Fragen, ob und wie man den Mitarbeiter unter­stützen kann

Wenn ein Mitarbeiter immer wieder ausfällt

Ist ein Teammitglied häufig krank, fehlen dem Apothekenleiter besonders in stressigen Situationen manchmal die passenden Worte. Trotzdem sollte sich laut Matyssek möglichst kein Ärger an­stauen. Sie rät Führungskräften, ihren Unmut per Ich-Botschaft deutlich zu formulieren und die Situation des gesamten Teams zu erklären. Dadurch wird klar, dass in einem gut funktionierenden Apothekenteam wirklich jeder gebraucht wird, um den Betrieb am Laufen zu halten. Auch empfiehlt Matyssek Führungskräften, dass sich Mitarbeiter bei ihnen generell persönlich krankmelden. So sei der Kontakt hergestellt, eventuell aufkommende Fragen können direkt geklärt werden und neuer Ärger kann sich nicht so leicht anstauen. Wichtig ist es in diesen Fällen, Klartext zu reden und genau nachzufragen, ohne dabei die Krankmeldung anzuzweifeln. Die Fürsorge für alle Mitarbeiter und die Notwendigkeit zur Lösungsfindung sollten dabei immer im Vordergrund stehen. Um Fehlzeiten nachhaltig zu senken, müssen ihre Ursachen erkannt und angegangen werden. So beeinflussen auch das Verhalten von Führungskräften und die Atmosphäre am Arbeitsplatz die Anwesenheit der Beschäftigten.

Matyssek empfiehlt eine direkte Ansprache des Mitarbeiters auf die häufigen Fehlzeiten beispielsweise mit folgenden Formulierungen:

  • Ich freue mich, dass Sie wieder da sind! Wie geht es Ihnen denn? Wie Sie wissen, möchte ich mit Ihnen über Ihre Fehltage sprechen.
  • Mir ist aufgefallen: Bei Ihnen häufen sich die Fehlzeiten an Freitagen; in den letzten vier Wochen allein dreimal. Wie kommt es dazu?
  • Sie wissen, ich habe kein Anrecht auf Nennung der Diagnose, aber natürlich ist es ärgerlich für mich, wenn ich kurzfristig umplanen muss, weil wieder jemand ausfällt. Und für die anderen im Team ist es blöd, wenn die für Sie mit­arbeiten müssen.
  • Krank ist krank. Das ist klar. Aber so kann das nicht weiter­gehen. Mir ist wichtig, dass der Laden läuft, und natürlich auch, dass es Ihnen gut geht. Hat es etwas mit der Arbeit zu tun? Welche Lösungsvorschläge haben Sie?

Für das eigene Wohl sorgen

Gerade für häufig stark belastete Mitarbeiter im Gesundheitswesen ist es wichtig, auch für das eigene Wohl zu sorgen. Als Führungskraft sollte man hier mit gutem Beispiel vorangehen. Zudem sollte man darüber nachdenken, wie man seine Mitarbeiter zu einem gesundheitsbewussteren Verhalten animieren könnte. Mit der Möglichkeit zu regelmäßigen und wirklich störungsfreien Pausen, einem Zuschuss zur Mitgliedschaft in einem Sportstudio oder der Finanzierung eines Dienstfahrrads leisten Arbeitgeber beispielsweise einen sinnvollen Beitrag zur Mit­arbeitergesundheit. Denn sportlich aktive Mitarbeiter sind generell meist fitter als Beschäftigte, die keinen Sport treiben, und fehlen im Durchschnitt seltener am Arbeitsplatz. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass sportlich aktive Menschen sich im Krankheitsfall oft schneller erholen. Hinzu kommen positive Langzeiteffekte wie eine geringere Gefahr, an chronischen Erkrankungen zu leiden. Eine Unterstützung der sportlichen Aktivitäten ist insbesondere bei Arbeitnehmern wichtig, die viel im Sitzen arbeiten.

Bei Präventionsprogrammen wie z. B. einem Anti-Stress-Training oder einem Yoga-Workshop lernen Mitarbeiter, wie sie nach stressigen Zeiten bewusst abschalten können, um schnell und effektiv wieder Kraft zu tanken. Auch kann ein professioneller Coach das Team auf Herz und Nieren prüfen und ihm helfen, sich insbesondere bei möglichen Konflikten wieder besser zu verstehen, bevor diese zu einer Belastungsprobe für alle werden. Zusätzlich sollte der Apothekenleiter direkt fragen, was er tun kann, um Faktoren am Arbeitsplatz so zu gestalten, dass Fehlzeiten möglichst vermieden werden und die Gesundheit und das Wohlergehen aller gefördert wird. Vielleicht kann auch ein Mitarbeiter in Teilzeit seine wöchentliche Arbeitszeit vorübergehend erhöhen oder anders verteilen, um das restliche Team zu entlasten. Das wäre auch etwas, was ein dickes Lob verdient.

Fazit

Erhöhte Aufmerksamkeit, gegenseitige Wertschätzung und echtes Interesse am Wohlergehen des Teams wirken sich positiv auf Fehlzeiten aus. Menschen müssen merken, dass sie wichtig sind und ihre Leistung geschätzt wird, dann sind sie auch gern anwesend bei der Arbeit und bleiben langfristig motivierte Mitarbeiter. Denn Anerkennung kostet nicht viel, bedeutet aber in der heutigen Zeit umso mehr. |

Apothekerin Dr. Irina Treede, Heidelberg

Zum Weiterlesen

Umfassende Informationen zum Thema finden sich u. a. in den Büchern „Fehlzeiten im Griff. Das Handbuch für Führungskräfte“ und „Führung und Fehlzeiten. Zielorientiertes positives Fehlzeiten-Management in Theorie und Praxis“ von Anne Katrin Matyssek. Von der Psychologin und Psychotherapeutin wurde auch das Fehlzeiten-Programm „do care!®“ entwickelt (www.do-care.de).

 

Anne Katrin Matyssek
Fehlzeiten im Griff – Das Handbuch für Führungskräfte.
2020, 104 S., 170 × 220 mm, Kartoniert. 18,80 €
Books on Demand
ISBN 978-3-7519-7903-0

 

Anne Katrin Matyssek
Führung und Fehlzeiten – Ziel-orientiertes positives Fehlzeiten-Management in Theorie und Praxis.
mit 93 Grafiken, Fragebögen, Literatur- und Stichwort­verzeichnis
2022, 220 S., 170 × 15 mm, Kartoniert. tredition.
Softcover 39,80 €, ISBN 978-3-347-56285-1
Hardcover 49,80 €, ISBN 978-3-347-56288-2

 

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