Apothekenhonorierung

Viele Fragen rund ums Geld

Nicht nur das Honorargutachten sorgte für Diskussionsstoff

tmb | Seit Einführung des Kombimodells für die Preisbildung von Rx-Fertigarzneimitteln im Jahr 2004 stellt sich die Frage nach der Anpassung des Festzuschlags. Sie wurde auch 2018 nicht beantwortet. Doch die Honorierung war aus zwei aktuellen Gründen im Jahr 2018 ein großes Thema für die Apotheker. Erstens wurden sie im Dezember 2017 durch das 2HM-Gutachten herausgefordert, das Einnahmereduzierungen für die Apotheken in Höhe von etwa einer Milliarde Euro jährlich vorsah. Zweitens schwand im Laufe des Jahres die Aussicht auf ein Rx-Versandverbot. Daraufhin stellte sich zunehmend die Frage, ob stattdessen eine geeignete Reform der Honorierung eine angemessene Antwort auf das EuGH-Urteil von 2016 bieten könnte.

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Wer schultert den Investitionsstau beim Apothekenhonorar? Honorargutachten und schwindender Rückhalt bei der Forderung nach einem Rx-Versandverbot lassen Alternativen nötig werden.

2HM-Gutachten: 1 Milliarde Euro weniger

Um die offenen Fragen zur Apothekenhonorierung beantworten zu können, hatte das Bundeswirtschaftsministe­rium im Frühjahr 2016 den Auftrag für ein Gutachten an die in Apothekenkreisen bis dahin unbekannte Agentur 2HM erteilt. Ab November 2017 kursierten Vorabversionen des Gutachtens. Demnach sollten die Apotheken jährlich etwa eine Milliarde Euro weniger Geld erhalten. Im Dezember 2017 erschien in der DAZ eine erste Analyse des Gutachtens, in der die wichtigsten Irrtümer und Fehl­einschätzungen aufgedeckt wurden („Das Honorargutachten“, DAZ 50/2017, S. 11). Zunächst sollten die jährlichen Einbußen einer Durchschnittsapotheke 45.000 Euro betragen. Am 21. Dezember wurde das Gutachten dann mit der Forderung nach Kürzungen von 40.000 Euro pro Durchschnittapotheke veröffentlicht („Honorargutachten veröffentlicht“, DAZ 1, S. 11).

Diskussion in der DAZ

Die ABDA reagierte öffentlich fast nicht auf das Gutachten. Später rechtfertigten die Berufspolitiker dies mit der taktischen Maßgabe, sie wollten keine Diskussion auf der Grundlage eines solchen Gutachtens führen, das von falschen Grundannahmen aus­gehe. Aufgrund dieser Haltung der ABDA fand ein großer Teil der Replik der Apotheker auf das Gutachten in der DAZ statt. Die Einbußen wurden für verschiedene Apothekentypen durchgerechnet („Welchen Apotheken drohen welche Einbußen“, DAZ 2, S. 24). In einer Gegenrechnung wurde gezeigt, dass allein mit anderen Annahmen für die Verrechnung des größten Teils der Kosten vollkommen andere Ergebnisse entstehen würden. Dann müssten die Apotheken sogar über eine Milliarde Euro mehr pro Jahr als bisher erhalten („Die Gegenrechnung“, DAZ 2, S. 28). Außerdem wurde der Unternehmerlohn zu niedrig angesetzt. Eine angemessene Entlohnung für das unternehmerische Risiko im Gutachten fehlte („Welcher Unternehmerlohn ist ‚angemessen‘?“, DAZ 3, S. 58). Für die Kalkulationen zu Zytostatikazubereitungen wurde gezeigt, dass die Arbeitsweise bei diesen besonderen Herstellungen offenbar grundlegend missverstanden wurde („Nasenspray finanziert Reinraumlabor?“, DAZ 8, S. 22). Als zentrales Problem erwies sich die mangelnde Berücksichtigung des Versorgungsauftrags („Was ist eigentlich der Versorgungsauftrag?“, DAZ 5, S. 66; „Was Apotheker bei der Rx-Abgabe leisten“, DAZ 10, S. 64). Das bei DAZ.online erschienene Gutachten „Ganzheitlicher Versorgungsauftrag als Maßstab der Arzneimittelpreisregulierung“ von Dr. Heinz-Uwe Dettling beschrieb den Versorgungsauftrag und war zugleich eine juristische Replik auf das 2HM-Gutachten. Uwe Hüsgen nahm außerdem Rechenfehler, falsche Bezugsgrößen und widersprüchliche Aussagen bei der Großhandelshonorierung ins Visier, die wiederum Folgewirkungen auf die Apothekenhonorierung haben („2HM-Gutachten fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen“, DAZ 23, S. 20). Neben der vielen Kritik kam auch die verantwortliche Gutachterin Ines an der Heiden in der DAZ zur Sprache und erläuterte ihre Vorgehensweise in einem Interview („Eine Gefährdung des Versorgungsauftrags in der Fläche besteht nicht“, DAZ 5, S. 19).

GKV-Spitzenverband und Monopolkommission

Trotz der vielen Schwachpunkte des 2HM-Gutachtens machte es der GKV-Spitzenverband im Juni zur Grundlage für ein Positionspapier zur „Neuordnung der Apothekenstrukturen und -vergütung“. Der GKV-Spitzenverband sprach sich dabei auch für den Versandhandel mit Rx-Arzneimitteln, Boni und Selektivverträge zwischen Krankenkassen und Versendern aus („GKV-Spitzenverband folgt den Empfehlungen der Honorargutachter“, DAZ 23, S. 13).

Am 3. Juli veröffentlichte die Monopolkommission ihr neues Hauptgutachten zum Wettbewerb und widmete ein umfangreiches Kapitel darin der Apothekenhonorierung („Schon wieder ein Gutachten“, DAZ 28, S. 56). Wie schon 2010 schlug die Monopolkommission erneut einen angeblich „sanften“ Preiswettbewerb vor. Dabei soll die Selbstbeteiligung bei GKV-Rezepten durch ein gedeckeltes apothekenindividuelles Serviceentgelt ersetzt werden. Die Monopolkommission kritisierte sowohl die bestehende Arzneimittelpreisverordnung mit ihrer pauschalen Honorierung als auch einige Vorgehensweisen des 2HM-Gutachtens. Außerdem votierte die Kommission für den Rx-Versand.

Leitplanken für ein neues Honorierungssystem

„98% der Befragten erklärten, es sei ihnen wichtig bzw. sehr wichtig, im Krankheitsfall eine Apotheke in erreichbarer Nähe zu wissen.“ 
Gesellschaft für Konsumforschung

Doch wie lange ist die flächendeckende Versorgung in dieser Form noch garantiert? Die abnehmende Zahl der Apotheken und die vielen Apotheken ohne angemessenen Gewinn offen­baren die dringende Notwendigkeit, das Honorierungssystem zu über­arbeiten. Die Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer, der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Uwe May und der Jurist Dr. Heinz-Uwe Dettling setzten sich kritisch mit den, im sogenannten Honorargutachten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vor­gesehenen Vorschlägen auseinander, die im Ergebnis auf eine Kürzung des Apothekenhonorars in Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro hinauslaufen.

Konstruktiv schauen sie interdiszi­plinär unter anderem auf folgende Fragen:

  • Brauchen wir einen Unterstützungsfonds für existenzgefährdete und für die flächendeckende Versorgung notwendige Apotheken?
  • Ist der GKV-Rabatt noch zeitgemäß? Wären Infrastruktur-Boni für Patienten und Krankenkassen bei Abgabe in der Apotheke vor Ort nicht besser?
  • Ist die Quersubventionierung der Beratung bei der Abgabe von OTC-Präparaten durch Zuschläge bei Rx-Präparaten sinnvoll?

Uwe May, Cosima Bauer, Heinz-Uwe Dettling
Honorierungssystem für Apotheken
Anforderungen aus volkswirtschaft­licher, gesundheitsökonomischer und juristischer Perspektive

124 S., kartoniert
Format 17,0 × 24,0 cm, 34,80 Euro
ISBN 978-3-7692-7315-1
Deutscher Apotheker Verlag 2018


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Konstruktive Vorschläge für die Honorierung

Ausgehend von den grundsätzlichen Überlegungen zum Versorgungsauftrag formulierte Dr. Thomas Müller-Bohn Vorschläge für die Apothekenhonorierung. Neben der Weiterentwicklung der bestehenden Honorarbestandteile ging es dabei auch um neue Honorarbestandteile, die die ländliche Versorgung langfristig sichern und die neuen Dienstleistungen finanzieren können („Der Weg zu einer konsens­fähigen Apotheken­honorierung“, DAZ 16, S. 58; „Zukunftsweisende Apothekenhonorierung – ein Vorschlag“, DAZ 17, S. 56). Später folgten weitere Überlegungen zur Zukunftsfähigkeit des Festzuschlags („Packungshonorar auf dem Prüfstand“, DAZ 39, S. 24). Unabhängig von einzelnen Honorarmodellen wies Dr. Frank Diener darauf hin, dass die Gewinnerzielungsabsicht auch für Heilberufler unverzichtbar ist und zum System gehört („Null geht nicht!“, DAZ 40, S. 23).

Die wichtigsten jüngeren DAZ-Beiträge zur Honorierung wurden im September in einem Buch zusammengefasst und von Herausgeber Dr. Thomas Müller-Bohn weiter erläutert. Ebenfalls im September erschien eine Studie zur Apothekenhonorierung von Prof. Dr. Uwe May, Cosima Bauer und Dr. Heinz-Uwe Dettling mit Unterstützung der Apothekergenossenschaft Noweda – ihr Titel: Honorierungssystem für Apotheken – Anforderungen aus volkswirtschaftlicher, gesundheitsökonomischer und juristischer Perspektive. Darin erklärten die Autoren die Zwecke der Preisregulierung bei Arzneimitteln und entwickelten neue Ideen für die Weiterentwicklung des Systems.

Festzuschlag des Großhandels

Für den pharmazeutischen Großhandel stand 2018 im Themenkreis Honorierung die Zukunft des Festzuschlags von 70 Cent pro Rx-Packung im Mittelpunkt. Dabei ging es sowohl um die Höhe als auch um die Rabattierbarkeit dieses Zuschlags. Der Großhändler Gehe forderte in einem White-Paper, diesen Zuschlag aufgrund der gestiegenen Kosten und neuer Anforderungen auf 96 Cent zu erhöhen. Der Phagro-Vorsitzende Dr. Thomas Trümper schloss sich dieser Position in einem DAZ.online-Interview an („Beim Großhandelshonorar gibt es Parallelen zur Parteienfinanzierung“, DAZ.online, 27.6.2018). Die Politik griff diesen Aspekt nicht auf, reagierte aber erstaunlich schnell auf eine Gerichtsentscheidung zu den Großhandelsrabatten. Im Oktober 2017 hatte der BGH entschieden, dass Rabatte und Skonti zwischen Großhandel und Apotheken frei ausgehandelt werden können. Verschiedene Politiker hatten daraufhin erklärt, der Gesetzgeber habe das Fixum als nicht rabattfähig festlegen wollen. Da­raufhin nahm das Gesundheitsministerium im Juli in den Referentenentwurf für das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) die Regelung auf, dass das 70-Cent-Fixum nicht rabattfähig sein soll. In einer späteren Fassung vom September, die dann zum Kabinettsentwurf wurde, wurde die Begründung nachgebessert und erweitert. Im Gesetzestext wurden Skonti nicht ausdrücklich erwähnt, aber die Begründung wurde weitgehend so verstanden, dass nur Rabatte begrenzt, Skonti davon aber nicht erfasst werden. Daraufhin wurde die neue Regelung überwiegend begrüßt. Allerdings meldeten sich im Herbst noch einzelne Kritiker zu Wort, die weiterhin Unklarheiten bei den Skonti sahen und neue Rechtsstreitigkeiten befürchteten. Im Dezember befand sich das TSVG noch im Gesetzgebungsverfahren.

In ihrem Gutachten stellen die Autoren Leitplanken auf, innerhalb derer sich die Diskussion über die Honorierung der Apotheken bewegen muss, um die niederschwellige zeit- und wohnortnahe Versorgung der gesamten Bevölkerung auch in Zukunft zu gewährleisten.

Streit um Zyto-Taxierung

Zu Jahresbeginn 2018 war auch die Preisbildung für Zytostatikazubereitungen umstritten. Denn die Verhandlungspartner, die aufgrund der veränderten Rechtslage von 2017 zu neuen Preisverhandlungen gezwungen worden waren, hatten sich nicht geeinigt und daher die Schiedsstelle angerufen. Doch der Schiedsspruch vom 19. Januar verstärkte den Ärger noch weiter. Denn es wurden sogar rückwirkend zum Anfang November 2017 Abschläge auf die Listeneinkaufspreise der Wirkstoffe festgelegt, die viele Zyto-Apotheker als am Markt nicht realisierbar einstuften. Offenbar waren solche Rabatte nur bei Abnahme großer Mengen zu erzielen. Die Hersteller weigerten sich hingegen, ihre Konditionen zu ändern. Daraufhin fürchteten Kritiker, die neue Regelung werde zu weiterer Konzentration bei den zytostatikaherstellenden Apotheken führen, so auch die Juristen Dr. Constanze Püschel und Dr. Ulrich Grau im DAZ-Interview („Der Schiedsspruch gefährdet die Oligopolisierung“, DAZ 14, S. 18). Vor diesem Hintergrund reichte der Deutsche Apothekerverband zunächst eine Klage gegen den Schiedsspruch ein, zog diese aber im Oktober zurück. Denn er hatte mit dem GKV-Spitzenverband einen Vergleich geschlossen. Damit entfiel die Rückwirkung des Schiedsspruchs, er sollte nun erst ab Februar 2018 gelten. Allerdings wurde eine neue Regelung vereinbart, die viele Zyto-Apotheker als ebenso problematisch einstuften. Für neue Wirkstoffe sollten künftig Rabatte vereinbart werden, die rückwirkend zur Markteinführung gelten sollen.

Hilfstaxe gekündigt

Außerdem mehrten sich unter den Apothekern im Jahr 2018 die Stimmen für die Kündigung der Hilfstaxe. Dabei ging es nicht nur um Zytostatika, sondern auch um das seit Jahren andauernde Problem mit den Anlagen 1 und 2 der Hilfstaxe. Die dort festgelegten Listeneinkaufspreise für die Wirk- und Hilfsstoffe klassischer Rezepturen sowie für Gefäße galten schon lange als überholt und nicht mehr marktgerecht. Denn sie wurden entgegen den Vorgaben der Hilfstaxe jahrelang nicht angepasst. Daraufhin kündigte der Deutsche Apothekerverband Ende Juni die Anlagen 1 und 2 der Hilfstaxe mit Wirkung zum 30. September 2018. Außerdem kündigte er die Abschläge für einige Zytostatika-Wirkstoffe außerordentlich. Daraufhin kamen Verhandlungen über neue Preise für die Ausgangsstoffe klassischer Rezepturarzneimittel in Gang. Im Dezember wurden daraufhin mit den Krankenkassen neue Preise für die Hilfstaxe vereinbart, die zum 1. Januar 2019 in Kraft treten sollen.

Argumente zur Zyto-Honorierung

Um die Debatte über eine angemessene Preisbildung für Zytostatika zu unterstützen, wurden der Aufwand und die Leistungen bei der Zytostatikazubereitung hinsichtlich ihrer ökonomischen Konsequenzen intensiver als zuvor untersucht. Der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA) ließ ein Refa-Gutachten erstellen und in der DAZ erschienen insbesondere die folgenden Beiträge dazu:

  • „Wer herstellt, wird bestraft“, DAZ 10, S. 60
  • „Rettet die Hilfstaxe – jetzt“, DAZ 27, S. 16
  • „Der Wert steriler Ad-hoc-Zubereitungen“, DAZ 34, S. 18
  • „Was die Herstellung kostet“, DAZ 35, S. 50
  • „Warum Sterilzubereitungen teuer sind“, DAZ 46, S. 50

Der Tenor aller Beiträge war, dass die eigentliche Herstellung mit dem bisherigen Tarif unterbezahlt ist. Außerdem wurde gezeigt, dass die Risiken im Umgang mit den teuren Ausgangsstoffen nur über einen zusätzlichen prozentualen Handlungsaufschlag finanziert werden können.

Vergütung in der Diskussion

Die Apothekenhonorierung ist zu einem Politikum geworden. Schon 2004 wurde die Vergütung weitgehend vom Preis der verschreibungspflichtigen Arzneimittel abgekoppelt, aber eine zuverlässige Methode zur Anpassung des Honorars an steigende Kosten fehlt noch immer. Seitdem 2016 die Preisbindung für ausländische Versandapotheken aufgehoben wurde, interessiert sich auch die Politik verstärkt für dieses Thema. Ein im Dezember 2017 veröffentlichtes Gutachten hat die Diskussion weiter angeheizt. Darin werden massive Kürzungen der Apothekenhonorierung empfohlen.

Thomas Müller-Bohn (Hrsg.)
Neue Wege zur Apotheken­honorierung
Kritik und Alternativen zum Honorargutachten

190 S., kartoniert
Format 17,0 × 24,0 cm
39,80 Euro
ISBN 978-3-7692-7248-2
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Neue Gesetzesinitiative

Im November nahm der Gesetzgeber das Thema – weitgehend unerwartet – erneut auf. Im Referentenentwurf für das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) sah das Bundesgesundheitsministerium 110 Euro pro Zubereitung als feste Herstellungspauschale vor. Dabei sollten die tatsächlichen Einkaufspreise durchgereicht werden. Über diese Preise sollten Krankenkassen und Hersteller Rabattverträge aushandeln. Die Apotheken sollten nicht mehr mit den Herstellern verhandeln. Damit sollten insbesondere nach den jüngsten Arzneimittelskandalen Anreize für den Einsatz von Arzneimitteln unklarer Herkunft entfallen. Die Betroffenen begrüßten zwar die Grundidee, kritisierten 110 Euro Pauschale aber als viel zu niedrig. Außerdem könnten Bruch, Verfall und andere wertabhängige Risiken nicht über eine Pauschale finanziert werden.

Neue Preisbildung für Impfstoffe

Auch die Impfstoffversorgung war 2018 ein wichtiges Thema und ein Aspekt dabei war die Honorierung. Hier greift die Arzneimittelpreisverordnung nicht und so sind die Impfstoffe ein mahnendes Beispiel, welches Durcheinander ohne Preisbindung droht. Das Gesundheitsministerium formulierte im ersten Referentenentwurf für das TSVG im Juli eine Reform der umstrittenen bisherigen Regelung. Die Krankenkassen sollten verpflichtet werden, den zweitgünstigsten Preis für einen Impfstoff zu ersetzen. Krankenkassen argumentierten dagegen, für einige Impfstoffe gebe es nur zwei Preisalternativen, aber für andere Impfstoffe befürchteten Apotheker eine unzureichende Versorgung. Da­raufhin formulierte das Ministerium im September einen ganz neuen Vorschlag, der dann zum Kabinettsentwurf wurde. Danach sollten die europäische Preis­referenzierung ausgeweitet und ein zusätzlicher gesetzlicher Rabatt eingeführt werden, den die Apotheken von den Herstellern einziehen sollen. Die Apotheken sollten pauschal einen Euro pro Impfdosis erhalten und nicht mehr mit den Herstellern verhandeln.

Honorarideen gegen das EuGH-Urteil zur Preisbindung

Schließlich bekam auch das herausragende berufspolitische Thema des Jahres 2018 zunehmend einen Honoraraspekt. Als Reaktion auf das EuGH-Urteil zur Auslandsgeltung der Preisbindung vom Oktober 2016 stand zunächst das Rx-Versandverbot im Mittelpunkt. Doch je länger die Apotheker darauf warteten und je schlechter die Aussichten dafür erschienen, umso mehr stellte sich die Frage, ob eine geeignete Honorierung als Ergänzung oder sogar Ersatz dienen könnte. Diese Vorstellung ging bereits in die Ideen ein, die seit Anfang des Jahres als Reaktion auf das 2HM-Gutachten formuliert wurden. Dabei ging es insbesondere um neue zusätzliche Strukturhonorare für die Bereitstellung der Apothekeninfrastruktur – mit Varianten für alle Apotheken oder für Apotheken mit besonderer Versorgungsfunktion. Im Gespräch waren auch die teilweise Umgestaltung des Festzuschlags pro Arzneimittel in einen Betrag pro Apotheke oder in Honorare für besondere Leistungen oder für Qualitätsmerkmale sowie die komplette Umgestaltung der Honorierung als Fonds mit versorgungsformabhängigen Festzuschlägen.

Die ABDA reagierte zunächst nicht öffentlich auf diese Diskussionen. Doch diese Haltung bröckelte seit dem Deutschen Apothekertag im Oktober, als statt des Rx-Versandverbots die Gleichpreisigkeit in den Mittelpunkt rückte. Insbesondere beim Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern am 10. November und bei der Kammer­versammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein am 28. November berichtete ABDA-Präsident Friedemann Schmidt über diesbezügliche Ideen der ABDA. Dabei erwähnte er eine mögliche Aufstockung des Nacht- und Notdienstfonds, die sozialrecht­liche Regulierung des Versandes und ein Strukturhonorar.

Am 11. Dezember stellte Gesundheitsminister Jens Spahn seine Pläne in der ABDA-Mitgliederversammlung vor. Dazu gehörten eine sozialrechtlich geregelte Deckelung der Boni auslän­discher Versender auf 2,50 Euro und mehrere Vorschläge für die Verbesserung der Apothekenhonorierung: die Verdopplung des Volumens des Nacht- und Notdienstfonds, eine Erhöhung der BtM-Gebühr im Umfang von 15 Millionen Euro und die Einführung eines neuen Festzuschlags von 32 Cent pro Rx-Arzneimittel. Damit sollten jährlich 240 Millionen Euro für honorierte pharmazeutische Dienstleistungen zur Verfügung stehen. So sollte erstmals eine Grundlage für die Honorierung zusätzlicher pharmazeutischer Beratungs- und Betreuungsleistungen geschaffen werden. Doch die Diskussion über diese Ideen geht weit über Fragen der Honorierung hinaus und betrifft den gesamten Umgang mit dem EuGH-Urteil von 2016 und letztlich die Zukunft der Apotheken. Denn zu diesem Zeitpunkt blieb offen, ob der vorgeschlagene Boni-Deckel als rechtssichere Grundlage für die Honorierung des Apothekenbetriebs geeignet ist. |

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