Management

Mit Fragen scheitern oder gewinnen

Wie Sie bessere Gesprächsergebnisse erzielen können

Die Fragetechnik gilt als der Königsweg, um in die Vorstellungswelt von Kunden und ­Mitarbeitern einzutauchen. Aber manchmal führen Fragen auch direkt in den kommuni­kativen Untergang, etwa wenn sich der Gesprächspartner unter Druck gesetzt fühlt. Welche Fragen sollten besser vermieden werden? Und gibt es dann Alternativen? Von Michael Madel

Der Apothekenleiter ist erstaunt. Er hat den Mitarbeiter im Zielvereinbarungsgespräch gefragt: „Bestimmt sind Sie damit einverstanden, wenn wir vereinbaren, dass Sie diese Fortbildung besuchen?“ Eigentlich eine freundlich vorgetragene Frage, so meint der Apothekenleiter. Trotzdem zögert der Mitarbeiter und bittet sich Bedenkzeit aus. Dabei wollte der Apothekenleiter doch nur das „Jawort“ zu einem Fortbildungskurs zur Optimierung von Kundengesprächen einholen.

Druck durch Fragen

Vielleicht handelt es sich bei dem Apothekenmitarbeiter um einen sehr empfindlichen Vertreter seiner Zunft. Sein Zögern und seine Verunsicherung können damit zu tun haben, dass er sich durch die Frage des Chefs unter Druck gesetzt fühlt. Denn dabei handelt es sich um eine rhetorische Frage, auf die der Apothekenleiter gar keine Antwort erwartet. Er geht – anscheinend fälschlicherweise – davon aus, dass der Mitarbeiter damit einverstanden ist, eine Schulung zu besuchen. Es wäre wohl besser gewesen, zunächst einmal eine Bestätigungsfrage zu stellen, etwa so: „Sind wir uns einig darin, dass es richtig ist, dass Sie einen der Kurse besuchen?“ Um dann die Frage anzuschließen, welcher der Kurse aus der Perspektive des Mitarbeiters am besten geeignet ist.

Zweischneidige Schwerter

Sprache bestimmt die Wirklichkeit und lenkt unsere Wahrnehmung. Prinzipiell gilt, dass Fragen meistens zweischneidige Schwerter sind. Die offene Frage etwa, die eine ausführliche Antwort herausfordert, kann zwar wichtige Informationen liefern, verleitet den Gesprächspartner jedoch vielleicht dazu, ins Uferlose zu geraten und das Gespräch vom eigentlichen Ziel wegzulenken. Die geschlossene Frage gilt gemeinhin als kontraproduktiv, weil sie nur zu einem knappen Ja oder Nein führt, ohne dass der Fragende eine neue Information erhält. Allerdings: Wenn es dem Apothekenleiter darum geht, sich zu versichern, ob er sich mit dem Gesprächspartner noch auf derselben Wellenlänge befindet, kann eine geschlossene Frage durchaus zielführend sein: „Sind Sie damit einverstanden, dass wir jetzt über die Fortbildungen sprechen, die Sie im nächsten Jahr besuchen wollen?“

Fragen sollen nicht zum ­„Verhör“ werden.

Wiederum gibt es eine Einschränkung: Wenn die geschlossene ­Frage allzu oft hintereinander ­angewendet wird, fühlt sich der Gesprächspartner in eine Verhörsituation versetzt. Und das kann vor allem im Kundengespräch negative Folgen haben.

Foto: Peter Atkins – stock.adobe.com
Fragen wollen überlegt sein – sie können verunsichern oder ein Gespräch in die falsche Richtung lenken. Dass eine Frage richtig ankam, merkt man oft daran, dass man mit dem Kunden auf einer Wellenlänge ist.

Frage an Situation und ­Person anpassen

Welche Frage die richtige ist, lässt sich also gar nicht so leicht beantworten. Mitentscheidend ist wohl immer die Angemessenheit an die Situation. Des Weiteren kommt es darauf an, mit wem der Apothekenleiter spricht, mit welchem Mitarbeiter- oder Kundentypus er zu tun hat. Wenn er sich zum Beispiel im Beratungsgespräch mit einem Kunden befindet, der gerne die Gesprächsführung übernimmt, ist es richtig und sinnvoll, eine Alternativfrage zu stellen, damit der Kunde mit seiner Antwort den weiteren Verlauf der Beratung in eine bestimmte Richtung lenkt.

Alternativfragen: Vorsicht vor dem Entscheidungschaos.

Kommuniziert der Apothekenleiter hingegen mit einem Kunden, der sowieso unentschlossen ist, wird dieser durch die Alternativfrage möglicherweise noch mehr ins Entscheidungschaos gestürzt.

Nie manipulativ fragen

Bei manchen Fragearten ist die Gefahr relativ groß, vom Gesprächspartner als manipulativ empfunden zu werden. Dazu gehört gewiss die bereits erwähnte rhetorische Frage. Der Mitarbeiter in dem Eingangsbeispiel definiert die Frage nicht als den Versuch des Apothekenleiters, das bisher Gesagte zusammenzufassen, ­sondern als Scheinfrage, mit der der Chef das Gesprächsergebnis vorwegnehmen will.

Gegenfragen auf eine Frage sind keine Antwort.

Als gesprächshemmend wird jede Frage angesehen, die eine bestimmte Antwort suggeriert oder nahelegt. Wenn der Apothekenleiter die Motivation des Mitarbeiters erspüren will, indem er fragt: „Sie würden in Ausnahmefällen doch bestimmt mal mehr als acht Stunden arbeiten, oder?“ spürt dieser die Absicht und ist verstimmt. Zweckdienlicher ist es, die Frage wie folgt zu formulieren: „Können Sie sich Situationen vorstellen, in denen es notwendig ist, auch einmal mehr als acht Stunden zu arbeiten? Wie würden Sie reagieren?“

Zu den kontraproduktiven Fragen zählt die Gegenfrage. Der Mitarbeiter stellt eine Frage, erwartet eine Antwort – und wird mit einer Gegenfrage abgespeist, von der er meistens zu Recht vermutet, dass der Apothekenleiter ausweichen und sich vor einer Stellungnahme drücken will.

Fragen-Fehler vermeiden

Es gibt nicht nur „falsche“ Fragen, mit denen das Ziel, ein konstruktives Mitarbeiter- oder Kundengespräch zu führen, verfehlt wird, sondern überdies Fehler beim Einsatz der Fragetechniken. So mancher Frage, die als Angriff daherkommt, lässt sich die Schärfe nehmen, indem der Apothekenleiter ihren Hintergrund erläutert. Die Frage „Warum gelingt es Ihnen nicht, im Freiwahlbereich mehr Sonnencremes zu verkaufen?“ wirkt deutlich harmloser, wenn der Chef zuvor darstellt: „Ich möchte heute mit Ihnen herausfinden, wie wir im Freiwahlbereich mehr Sonnencremes verkaufen. Welche Möglichkeiten sehen Sie?“

Eine Frage soll keine „Drohung“ sein.

Wenn die Fragen zu kompliziert sind und an der sprachlichen Wirklichkeit des Gesprächspartners vorbeigehen, sind Verwirrung und Missverständnisse logische Konsequenzen. Und wer zu viele Inhalte in eine Frage hineinpackt, erntet allenfalls fragende Blicke: „Welche Erfolge versprechen Sie sich von der Weiterbildung, wie ist Ihre letzte Schulung abgelaufen und was halten Sie vom lebenslangen Lernen?“

Nicht nur bei geschlossenen Fragen, sondern auch bei „Warum“- und „Wieso“-Fragen entsteht vor allem im Kundengespräch rasch der Eindruck eines Verhörs. Sie sollten darum sparsam eingesetzt werden. In Kombination mit Floskeln wie „Jetzt sagen Sie mal: Warum haben Sie überhaupt ...?“ nehmen solche Fragen sogar einen fast schon bedrohlichen Unterton an – sie müssen strikt vermieden werden.

Gesprächsphase ist ­entscheidend

Wenn sich der Apothekenleiter im Kundengespräch eine Informationsbasis verschaffen will, ist er gut beraten, mit offenen sowie Präzisierungs- und Vertiefungsfragen zu agieren. Möchte er die Meinung des Gesprächspartners sondieren, arbeitet er am besten mit Alternativfragen. Dringt er hingegen auf eine Entscheidung, ist die geschlossene Frage angemessen. Das bedeutet: Für jede Gesprächsphase gibt es mehr oder weniger gut geeignete Fragen.

Entscheidend: Die richtige Frage zur richtigen Zeit an die richtige Person.

Die Komplexität rund um die Fragetechniken, das Risiko des Scheiterns durch falsches Fragen und die Aussicht, Gespräche mit Fragen entscheidend voranzubringen, zeigen: Es ist enorm wichtig, als Apothekenleiter Fragekompetenz aufzubauen, um Kundendialoge und Mitarbeitergespräche erfolgreich zu bestreiten und die richtigen Fragen im richtigen Moment zu stellen. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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