Richtig argumentieren, aber wie geht‘s?

Im Beratungsgespräch muss die kunden- und nutzenorientierte Argumentation im Vordergrund stehen. Wie aber sollen die Argumente vorgetragen werden? Wenn es um Zusatzverkäufe im Frei- und Sichtwahlbereich geht, ist das argumentative und kommunikative Geschick des Apothekenteams gefragt.
Kundengespräche: Wie Sie strategisch vorgehen und Argumente wirkungsvoll darstellen

Allerdings argumentieren Chefs und Mitarbeiter(innen) zuweilen recht unstrukturiert:

  • Da wird ein Argument an das andere gereiht und der Kunde mit Argumenten gleichsam erschlagen, so dass er sich überfallen fühlt und den Eindruck nicht los wird, man wolle ihn überreden – und nicht überzeugen.
  • Das stärkste Argument wird gleich zu Beginn genannt – am Schluss des Gesprächs steht kein schlagkräftiges Argument mehr zur Verfügung.
  • Die nutzenorientierte Argumentation wird vernachlässigt. Statt durch Fragetechnik dem Bedarf des Kunden auf die Spur zu kommen, um die entsprechenden Argumente bezogen auf dessen Nutzenerwartung anzubringen, spult der Apotheker seine Argumentationsliste ab – in der Hoffnung, eines der Argumente werde schon verfangen.

Der Grund für das berühmt-berüchtigte "Aneinandervorbeireden" liegt darin, dass in den meisten Gesprächen unterschiedliche und subjektive Weltbilder und Einstellungen aufeinandertreffen. Jeder versucht, den anderen so zu überzeugen, dass dieser sein Handeln entsprechend den eigenen Zielen verändert. Aber: Diese Überzeugungsarbeit kann immer nur in der jeweiligen Realität und Wirklichkeit dessen stattfinden, der überzeugt werden soll – also in der Wirklichkeit des Kunden.

Darum sollte das Apothekenteam Gesprächsstrategien entwickeln, die helfen, sich in die Welt des Kunden zu versetzen und aus dessen Nutzenerwartung heraus zu argumentieren: Nehmen wir an, ein Kunde will ein vom Apotheker empfohlenes Produkt, etwa ein Vitaminpräparat, aus dem Freiwahlbereich nicht kaufen, weil es ihm zu teuer ist. Statt sich nun auf eine Preisdiskussion einzulassen – hier stünde er wohl auf verlorenem Posten –, weist der Apotheker ihn auf einen anderen Vorteil hin: Er weiß, dass der Kunde gerne joggt. Und so betont er, dass das Produkt ihn, den Kunden, auch dabei unterstützt, die Ausdauer zu verbessern. Natürlich muss der Apotheker diesen Nutzen nachweisen – wichtig in unserem Zusammenhang ist, dass er seine Argumente aus der Perspektive des Kunden ableitet.

Argumente den Gesprächsphasen zuordnen

Die eingangs erwähnten Fehler kommen zustande, weil die Argumente zwar wohlüberlegt sein mögen, aber nicht strategisch eingesetzt werden. Eine Lösung besteht darin, sich für jedes Argument Einsatzalternativen zu überlegen und sie den verschiedenen Phasen des Gesprächs zuzuordnen: Der Apotheker sammelt in der Vorbereitungsphase alle verfügbaren Argumente – so, wie er das wahrscheinlich bisher auch gemacht hat. Dann aber ordnet er sie den Gesprächsphasen zu, etwa der Begrüßungs-, Informations-, Bedarfsermittlungs- und Nutzenargumentationsphase.

Welche Argumente dies konkret sind, lässt sich nicht verallgemeinern, denn entscheidend sind der individuelle Verlauf des Kundenkontakts und die zur Diskussion stehenden Produkte. Indem der Apotheker Gesprächsphasen und Argumente kombiniert, verteilt er die Argumente auf die gesamte Dauer des Gesprächs und kann seine Trümpfe nach und nach ausspielen. Klug ist es, wenn er

  • bereits in der Eröffnungsphase ein starkes – wenn auch nicht das stärkste – Argument bringt, um das Interesse des Kunden an einem Produkt aus dem Frei- und Sichtwahlbereich zu wecken,
  • starke Argumente für die Einwandbehandlung in der Hinterhand behält,
  • ein Argument auswählt und zurückhält, um eine kritische Gesprächsphase zu überstehen, und
  • schwächere Argumente notfalls weglässt.

Dabei sollte der Apotheker die gewichtigeren Argumente, die die Kaufmotive des Kunden direkt ansprechen, deutlich ankündigen, um dessen Erwartungshaltung zu lenken. Wenn er ihn dann noch mit seinem Namen anspricht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, die Aufmerksamkeit des Kunden voll und ganz auf die Präsentation eines sehr schlagkräftigen Arguments zu konzentrieren: "Herr Müller, jetzt habe ich eine sehr wichtige Information zu Ihrer Gesundheitsprophylaxe für Sie, nämlich ..."

Argumente klassifizieren und wirkungsvoll vortragen

Zu einer weiteren Differenzierung gelangen Apotheker und Mitarbeiter, indem sie ihre Argumente strukturieren: Welche Argumente

  • sprechen eher "den Bauch" und die Gefühle des Kunden an?
  • sprechen eher seine Ratio an?
  • dienen dem Vertrauensaufbau?

Natürlich: Je besser das Apothekenteam den Kunden kennt, desto eher kann es entscheiden, durch welche Argumente er sich überzeugen lässt.

In eine ähnliche Richtung weist die Einteilung der Argumente nach Nutzenbereichen: Beschäftigt sich das Argument mit dem Qualitätsaspekt, dem Sparaspekt, dem Sicherheitsaspekt? Sinn dieser Klassifizierung: Stellt der Apotheker im Gesprächsverlauf beispielsweise fest, dass ein Kunde großen Wert auf den Aspekt "Qualität" legt, kann er die entsprechenden Argumente aus dem Argumentenkoffer ziehen. Das heißt: Während Apotheker und Mitarbeiter bisher vornehmlich "Sammler" von Argumenten waren, sind sie jetzt in der Lage, sie strategisch einzusetzen, und zwar bezogen auf Gesprächsverlauf und Kundentyp.

Zudem sollte der Apotheker seine Argumente sprachlich angemessen und wirkungsvoll darstellen. Ein Profi-Berater lässt bei der Argumentation verwirrende und überflüssige Details von vornherein weg und vermeidet Komplexität, indem er sich auf die wichtigsten Aussagen beschränkt. Kommt eine bildhafte und anschauliche Sprache hinzu, ist er in der Lage, die Argumente so zu präsentieren, dass der Kunde sie nachvollziehen kann. Fremdwörter und Fachsprache sind zu vermeiden – auch das Komplizierte lässt sich einfach sagen.

Die Klassifizierung der Argumente hilft dabei, den Umgang mit schwierigen Kunden zu verbessern. So kann der Apotheker seine Argumente dahingehend überprüfen, welche besonders geeignet sind, ein emotionales Gespräch doch noch zu versachlichen, etwa ein Reklamationsgespräch mit einem aufgebrachten Kunden. Es findet eine weitere Ausdifferenzierung der Argumente statt – nämlich die nach der Eignung, auch mit unzufriedenen Kunden partnerschaftlich zu kommunizieren..

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

Kundengespräche mit Erfolg führen

Richtig Kommunizieren ist ein schwieriges Unterfangen. Denn dabei läuft mehr ab als nur ein Austausch von Worten. Mimik und Gestik spielen eine wichtige Rolle. Wenn dann schon der Einstieg in ein Kundengespräch mit einem Missverständnis beginnt, kann es zur Herausforderung werden, es wieder in die richtige Bahn zu lenken. Wie wird nun die Begrüßung zur positiven Einstiegshilfe in ein erfolgreiches Kundengespräch?
Dafür und für das erfolgreiche Beratungsgespräch selbst gibt das Buch aus der CheckAp-Reihe jede Menge Tipps. Wie kann zum Beispiel das, was gesagt werden muss, patientengerecht weitergegeben werden? Beratungsgespräche werden dann erfolgreich, wenn beide Seiten eine "Informationsbrücke" aufbauen, auf der sie aufeinander "zugehen" können. Was kann diese Informationsbrücke jedoch ins Wanken bringen? Welche Angewohnheiten können den Erfolg eines Gesprächs vereiteln? Wie kann ich mich auf andere besser einlassen? Spannend lesen sich die Wirkungen der verbal und non-verbal gesendeten Nachrichten – was wurde gesagt, aber was davon kommt beim Empfänger wirklich an? Kann man das eigene Zuhören vielleicht noch verbessern und so den Kunden besser verstehen (und besser beraten)?
Eingegangen wird auch auf den Umgang mit "schwierigen" Kunden, egal ob sie alles besser wissen, schlecht gelaunt, vielleicht aggressiv sind oder schüchtern – alle wollen sie freundlich und kompetent bedient werden. Schließlich könnte es sein, dass sie zu Dauerkunden werden oder die Apotheke weiterempfehlen.
Dr. Kirsten Lennecke ist Referentin zahlreicher Vorträge und Seminare im Rahmen der Fortbildung für Apotheker und PTAs. Sie hat 1993 im Fach Pharmazeutische Chemie promoviert und ist seit 1992 Angestellte der Rosen-Apotheke, Sprockhövel. Ihre Tipps kommen also direkt aus der Apothekenpraxis.
CheckAp

Kundengespräch

Kirsten Lennecke

190 Seiten, 21 s/w Abb., 10 s/w Tabellen. Kartoniert

Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart, 2004. 15,- Euro

ISBN 978-3-7692-3416-9

Zu bestellen über:

Buchhandlung des Deutschen Apotheker Verlags Postfach 10 10 61, 70009 Stuttgart Tel. (07 11) 25 82-3 42 Fax (07 11) 25 82-2 90 oder: www.deutscher-apotheker-verlag.de

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