Management

Kundenkommunikation der Apotheke

Mit Limbic Sales-Fragen die Kundenwelt betreten

Das ist die große Herausforderung, vor der jeder Apotheker und auch seine Mitarbeiter stehen: "Wie gelingt es mir, die Vorstellungswelt meines Kunden zu betreten?" Ein Erfolgsrezept dabei: die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt richtig stellen. Wobei "richtig" heißt: Die Fragen des Apothekers müssen in das emotionale Zentrum des Kunden vorstoßen und ihn bei seiner emotionalen Wurzel packen.

Eine Kundin betritt die Apotheke und steuert auf den Frei- und Sichtwahlbereich zu. Der Apotheker berät die Kundin, deren Interesse ist scheinbar geweckt – sie sucht nach einem Vit aminpräparat. Vielen Apothekern unterläuft nun der Fehler, übereilt und überhastet in die Präsentation und das Verkaufsgespräch einzusteigen. Sie lassen sich von der ersten Interessensbekundung der Kundin dazu verleiten, bereits jetzt alle möglichen Vit aminpräparate vorzustellen und deren Vorteile anzupreisen. Hinzu kommt: Da die Kundin elegant gekleidet ist, werden vor allem die entsprechenden Produkte im hochpreisigen Bereich präsentiert. Was aber, wenn die Kundin einen viel bescheideneren Wunsch hat oder das Präparat für ihre Tochter besorgen will, die nicht so viel Geld dafür investieren möchte?

Erst Fragen stellen – dann präsentieren und verkaufen

Der Fehler ist: Der Apotheker stellt Produkte vor, ohne genug über die Kundin zu wissen. So lässt er sich etwa von ihrem Erscheinungsbild blenden. Klar ist: So kann er nicht auf ihre Werte, Erwartungen und Wünsche eingehen. Darum ist es von großer Bedeutung, vor der Angebotspräsentation im Frei- und Sichtwahlbereich die richtigen Fragen zu stellen.

Das gilt insbesondere dann, wenn der Apotheker und sein Team den Kunden auf der emotionalen Ebene ansprechen wollen, ihn also nicht allein auf der rein sachlichen Ebene überzeugen möchten. Denn die meisten Kaufentscheidungen – so die Hirnforschung – sind emotionale Entscheidungen.

Die Konsequenz: Wenn der Apotheker und sein Team emotional verkaufen wollen, müssen sie erfragen, was ihre Kunden bewegt. Erst wenn sie das wissen, können sie ihr Angebot mit der "richtigen" Emotion im bevorzugten Emotionssystem des Kunden präsentieren, überzeugend argumentieren und mögliche Einwände wirkungsvoll behandeln.

Mit zielführender Fragenkombination das Herz des Kunden ansprechen

Wahrscheinlich haben sich die meisten Apotheker schon einmal mit den verschiedenen Frageformen beschäftigt, mit offenen und geschlossenen Fragen, mit Alternativ- und Suggestivfragen, mit hypothetischen Fragen und Gegenfragen und, und, und …Darum geht es jetzt nicht.

Vielmehr will der Apotheker den Motiven und Werten eines Kunden auf die Spur kommen. Helmut Seßler beschreibt in seinem Buch "Limbic Sales: Spitzenverkäufe durch Emotionen", wie man mit der folgenden Fragenkombination in die Vorstellungs- und Wertewelt eines Kunden eintauchen kann:

  • Zunächst stellt der Apotheker Zielfragen, dann

  • Verständnisfragen und schließlich

  • Wertefragen.

Mit der Fragenkombination gelingt es häufig, das vorherrschende Emotionssystem des Kunden einzuschätzen. Doch wie genau funktioniert das?

Beginnen wir mit den Zielfragen. Mit ihnen lernt der Apotheker die Vorstellungen, Wünsche und Ziele des Kunden kennen – bleiben wir bei dem Beispiel der oben erwähnten Kundin:

  • "Was erwarten Sie von dem Vit aminpräparat?"

  • "Was ist Ihnen besonders wichtig dabei?"

  • "Worauf möchten Sie nicht verzichten?"

Mit Verständnisfragen Details klären

Wenn die Antworten auf die Zielfragen noch eher unspezifisch, ungenau und unklar sind, helfen die Verständnisfragen, die Vorstellungen der Kundin präziser einzuschätzen. In unserem Beispiel erfährt der Apotheker, dass sie "ihre Leistungsfähigkeit" erhöhen möchte. Was heißt das? Will sie ihre Joggingleistungen verbessern? Gar an einem Halbmarathon teilnehmen?

Indem der Apotheker nachfragt, erfährt er, dass die Wünsche der Kundin weitaus bescheidener sind. Sie ist am Arbeitsplatz bereits nach einfachen Tätigkeiten relativ schnell erschöpft und müde – das Vitaminpräparat soll sie dabei unterstützen, berufliche Alltagssituationen besser zu bewältigen und den Anforderungen im Beruf gerecht zu werden.

Das Beispiel zeigt: Wäre der Apotheker nach der Beantwortung seiner Zielfrage seinem ersten spontanen Gedanken gefolgt, hätte er die Präparate unter der Prämisse präsentiert, sie sollten der Kundin helfen, den nächsten Jogginglauf oder gar Halbmarathon zu bewältigen.

Das heißt: Verständnisfragen liefern ein genaueres Bild:

  • "Was genau bedeutet es für Sie, leistungsfähiger zu sein?"

  • "Können Sie eine konkrete Situation nennen, in der Sie Ihre Leistungsfähigkeit erhöhen wollen?"

Mit der Wertefrage endgültig in das Emotionssystem eintauchen

Der große Vorteil der Verständnisfragen: Die Kundenantworten liefern dem Apotheker erste Details aus der Emotionswelt des Kunden. Jetzt geht es darum, noch tiefer in das Emotionssystem einzudringen – und zwar mit der Wertefrage. Wertefragen führen den Kunden dazu, seine Beweggründe und Motive zu nennen, die bei ihm eine Kaufentscheidung auslösen könnten:

  • "Was ist an XY für Sie wichtig?"

  • "Worauf legen Sie Wert?"

  • "Wozu möchten Sie das, was bringt Ihnen das?"

Der Kundin in unserem Beispiel geht es natürlich auch um ihre Gesundheit. Aber: Der Apotheker erfährt im Gespräch mithilfe der Wertefrage, dass sich die Kundin wegen ihrer Kurzatmigkeit in beruflichen Alltagssituationen zuweilen den Spott ihrer Kollegen gefallen lassen muss. Nun kann er argumentieren, dass das Vitaminpräparat der Kundin auch hilft, jene Spötteleien zu beenden.

Hinzu kommt: Vielleicht veranlassen die Kundenäußerungen den Apotheker, den medizinischen Aspekt zu thematisieren und der Kundin zu empfehlen, einen Arzt zu konsultieren. Wie dem auch sei: Durch die Fragenkombination kann er ihr eine sehr nutzen orientierte Auskunft geben – und zwar nicht allein bezüglich ihres Wunsches nach einem Vitaminpräparat.

Differenzierte Vorgehensweise

Die Fragenkombination unterstützt den Apotheker dabei, das Kundengespräch zu emotionalisieren. Denn so erfährt er, warum ein Kunde ein Produkt im Frei- und Sichtwahlbereich erstehen möchte, und kann gezielt darauf eingehen:

  • Kunde 1 legt größten Wert auf den gesundheitlichen Aspekt.

  • Kunde 2 möchte ein Produkt aus Imagegründen erstehen: Mit dem teuren Kosmetikmittel will er etwa seine Jugendlichkeit unter Beweis stellen.

  • Kunde 3 hofft, dass ihn ein Prä parat dabei unterstützt, wieder mehr Spaß und Freude am Leben zu haben.

Wenn es dem Apotheker und seinen Mitarbeitern mit der Fragenkombination gelingt, einen emotionalen Zugang zum Kunden zu finden, kann es durchaus vorkommen, dass der Kunde zugänglicher wird, weil er merkt, dass man sich auf seine Vorstellungswelt einlässt. Er lächelt und strahlt, nickt bestätigend mit dem Kopf, er wendet sich dem Apotheker zu und "schwingt" sich mit ihm auf einer Wellenlänge ein. Erst jetzt hat der Apotheker eine vertrauensvolle Beziehung hergestellt, erst jetzt sollte er mit seiner Präsentation beginnen und ins Verkaufsgespräch einsteigen.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2012, Nr. 3, S. 6

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