Arzneimittel und Therapie

Colchicin-Tropfen nur in Nummer klein

BfArM plant Begrenzung der Packungsgröße auf 30 ml

rr | Fälle von Überdosierungen bei der Anwendung von Colchicin-Tropfen im akuten Gichtanfall haben das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu veranlasst, ein Stufenplanverfahren einzuleiten. Auch SGLT2-Inhibitoren und Fluorchinolone stehen momentan auf dem Prüfstand.

Colchicin ist in Deutschland ausschließlich zur Behandlung des akuten Gichtanfalls zugelassen, wird off label aber beispielsweise auch bei familiärem Mittelmeerfieber eingesetzt. In flüssiger Darreichungsform ist Colchicin derzeit als Präparat Colchysat Bürger® in den Packungsgrößen 30 ml und 100 ml verfügbar. Zu beachten ist die enge therapeutische Breite: Eine Gesamtdosis von 12 mg pro Gichtanfall darf nicht überschritten werden, das entspricht 24 ml der Tropfen. In letzter Zeit häuften sich Meldungen über Medikationsfehler durch Überdosierung, teilweise mit tödlichem Ausgang. Da die 100-ml-Flasche genügend Colchicin für mehrere letale Intoxikationen enthält, forderte die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) eine Begrenzung der Abgabemenge. Nach den Plänen des BfArM soll diese nun künftig bei 30 ml liegen. Zudem sollen Hinweise zur korrekten Anwendung des Senkrechttropfers in die neue Packungs­beilage aufgenommen werden.

Bei einer Colchicin-Vergiftung treten innerhalb der ersten 24 Stunden gas­trointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Koliken und Diarrhö auf. Ein bis sieben Tage nach der Einnahme kommt es zu Multiorganver­sagen. In schweren Fällen tritt nach etwa zwei bis drei Tagen Tod durch Atemlähmung oder Herzversagen ein. Ein Antidot gibt es nicht, die Behandlung erfolgt rein symptomatisch. Das Giftinformationszen­trum Erfurt verzeichnet seit 2005 zudem einen Anstieg der Vergiftungsfälle mit der Colchicin-haltigen Pflanze Colchicum autumnale (Herbstzeitlose), mit Peaks im April und September.

Weitere Sorgenkinder

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) warnt unter Anwendung von SGLT2-Inhibitoren vor dem Risiko von Amputationen der unteren Extremitäten (vorwiegend der Zehen). Im Verdacht steht insbesondere Canagliflozin: Für diesen Arzneistoff liegen konkrete Hinweise aus zwei klinischen Prüfungen (CANVAS und CANVAS-R) vor. Das Risiko könnte aber auch für andere Arzneimittel derselben Klasse bestehen. Der zugrundeliegende Mechanismus ist noch unklar.

Wegen Berichten von lang anhaltenden Nebenwirkungen unter systemischer und inhalativer Anwendung von Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone und Chinolone wurde ein Risikobewertungsverfahren auf europäischer Ebene gestartet. Der PRAC wird die verfügbaren Daten neu bewerten und entscheiden, ob weitere Maßnahmen zur Risikominimierung oder Änderungen in der Anwendung dieser Arzneimittel notwendig sind. Die Nebenwirkungen betreffen insbesondere den Bewegungsapparat und das Nervensystem. Topische Anwendungen stehen nicht im Verdacht. |

Quelle

BfArM-Meldungen vom 9. und 10. Februar 2017, verfügbar unter www.bfarm.de

Trend of Colchicine exposures reported to the Poisons Information Centre Erfurt

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