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Beratung

Gegen ein schlechtes Bauchgefühl

Pflanzliche Hilfe bei Magenbeschwerden

Krampfartig, stechend, dumpf – Magenbeschwerden können verschieden ausgeprägt sein. Wenn sie nicht länger als drei Tage dauern und keine schwerwiegenden Symptome wie beispielsweise Fieber oder Blut im Stuhl, Durchfall oder Erbrechen dazu kommen, können sie im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden. Betroffene fragen in der Apotheke häufig nach einem pflanzlichen oder einem homöopathischen bzw. anthroposophischen Mittel. Auch wenn für viele dieser Zubereitungen keine oder nur wenige Wirksamkeits­belege aus klinischen Studien vorliegen, können sie kurzfristig eingesetzt – gegebenenfalls auch begleitend zu synthetischen Wirkstoffen wie Protonenpumpeninhibitoren oder einer H.-pylori-Eradikationstherapie – akute Beschwerden lindern. | Von Claudia Bruhn

Oberbauchbeschwerden können viele verschiedene Ursachen haben. Sehr häufig treten sie im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme auf: nach einer sehr großen Essens­portion, bei zu hastigem Essen, ungewöhnlich hohem Alkohol- oder Kaffeekonsum. Auch Rauchen, zahlreiche Medikamente (NSAR, Corticosteroide, Bisphosphonate, Eisensalze) sowie psychische Faktoren zählen zu den Auslösern. Wenn Betroffene über stechende Schmerzen mit Sodbrennen, Brechreiz oder Völlegefühl klagen, kann die Magenschleimhaut geschädigt sein, das heißt eine Gastritis oder ein Ulcus ventriculi vorliegen. Ärztlicherseits sollte dann eine Besiedlung mit Helicobacter pylori abgeklärt werden. Magenschmerzen können jedoch auch von benachbarten Organen bzw. deren Dysfunktion herrühren, beispielsweise von der Wirbelsäule, der Bauchspeicheldrüse, dem Darm oder dem Herzen. So kündigt sich beispielsweise bei Frauen ein Herzinfarkt häufig nicht durch Schmerzen im Bereich des Brustbeins, die in die linke Schulter ausstrahlen, sondern durch Oberbauchbeschwerden an.

Phytopharmaka gegen Magenbeschwerden

Die Wirkung der meisten pflanzlichen Mono- oder Kombinationspräparate, die bei Magensymptomen wie krampfartigen Schmerzen, Völlegefühl, Übelkeit, Magendruck oder Appetitlosigkeit für die Selbstmedikation empfohlen werden können, beruht auf ihrem Gehalt an ätherischen Ölen und/oder Bitterstoffen. In einigen Zubereitungen zur Anwendung bei Magenbeschwerden tragen Alkaloide (z. B. im Schöllkraut, Stammpflanze Chelidonim majus L.), Flavonoide (z. B. in Mariendistelfrüchten, Silybum marianum L.), Gerbstoffe (z. B. im Gänsefingerkraut, Potentilla anserina L.), Saponine (z. B. im Süßholz, Glycyrrhiza glabra L.) oder Scharfstoffe (z. B. im Ingwer, Zingiber officinalis ROSCOE) zur Wirkung bei.

Phytopharmaka mit Bitterstoffen als Hauptwirkstoffe

Unter dem Begriff Bitterstoffe fasst man bitter schmeckende Substanzen zusammen, die unterschiedlichen Stoffklassen (z. B. Monoterpene, Sesquiterpenlactone) angehören und in verschiedenen Pflanzenfamilien (z. B. Gentianaceae, Asteracceae) zu finden sind. Bitterstoffdrogen sind in zahlreichen Teemischungen, Extrakte daraus in Fertigarzneimitteln enthalten (s. Tab.). Empfehlenswert sind beispielsweise Extrakte aus der Wurzel von Enzian (Gentiana lutea L.), dem Kraut von Echtem Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea RAFN), von Wermut (Artemisia absinthium L.), Löwenzahn (Taraxacum officinale WEB.) und Benediktenkraut (Centaurea benedictus L.) sowie der Bitteren Schleifenblume (Iberis amara L.). Bitterstoffe wirken vermutlich in allen Phasen der Magensaftsekretion. In der ersten, der kephalischen oder vagalen Phase, stimuliert der bittere Geschmack reflektorisch die Magensaftsekretion. Nachdem die Bitterstoffe in den Magen gelangt sind, fördern sie die Ausschüttung von Gastrin, das die Magenmotilität und die Sekretion von Magensaft anregt (gastrische Phase). Im Zwölffingerdarm wirken Bitterstoffe, indem sie die Galle- und Pankreas-­Sekretion steigern (intestinale Phase). Sie eignen sich daher insbesondere bei Appetitlosigkeit und sollten dann 30 Minuten vor einer Mahlzeit eingenommen werden. Die Wirkung von Bitterstoffen lässt sich durch Dosiserhöhung nicht beliebig steigern, im Gegenteil. In hohen Dosen wirken Bitterstoffe hemmend auf Appetit und Verdauungstätigkeit oder brechreizerregend. Bei Ulcera im Magen und Zwölffingerdarm sollten Extrakte mit Bitterstoffen nicht angewendet werden.

Was hilft Kindern mit Bauchschmerzen?

In den ersten Lebenswochen werden Bauchschmerzen häufig als Blähungen gedeutet, was jedoch nicht immer zutrifft. Auch eine traumatische Geburt, eine Kaiserschnittentbindung oder Störungen in der Mutter-Kind-Beziehung können Ursachen sein. Die Konsultation eines Osteopathen kann hilfreich sein. Bei „echten“ Blähungen kann den Babys eine Bauchmassage helfen. Dazu wird etwas Massageöl zwischen den Händen erwärmt und mit Zeige- und Mittelfinger im Uhrzeigersinn um den Bauchnabel gestrichen. Auch das Herumtragen in „Fliegerstellung“ kann helfen. Dabei liegt das Kind mit dem Bauch auf dem Unterarm der Pflegeperson. Ab der zwölften Lebenswoche können auch Kümmelzäpfchen versucht werden (z. B. Carum carvi Baby® Kümmelzäpfchen, Carum carvi comp Kümmelzäpfchen Wala®).

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Kleinkinder können Schmerzen oft noch nicht genau lokalisieren. Dies ist erst ab einem Alter von etwa sieben Jahren möglich. Sie fassen sich daher an den Bauch, wenn z. B. das Ohr weh tut. Bei Bauchschmerzen helfen Zuwendung der Eltern, Bettruhe, reichlich Trinken und Wärme (z. B. mit Kirschkernkissen, Körnerkissen oder Wärmflasche, nicht wärmer als 40 °C). Die optimale Temperatur ist erreicht, wenn man das wärmende Hilfsmittel eine halbe Minute ohne Schmerzen in der eigenen Hand halten kann. Verstärken sich die Schmerzen unter Wärme, kann das auf eine Blinddarmentzündung hindeuten! Auch viele Infektionskrankheiten beginnen mit Bauchschmerzen (z. B. Mumps, Scharlach).

Phytopharmaka mit ätherischen Ölen als Hauptwirkstoffe

Äußern sich die Magenbeschwerden hauptsächlich als Völlegefühl, Übelkeit oder Krämpfe, empfehlen sich Pflanzen­extrakte mit ätherischen Ölen. Diese lipophilen Stoffgemische enthalten häufig mehr als Hundert verschiedene chemische Verbindungen. Sie sind beispielsweise enthalten in den Früchten von Anis (Pimpinella anisum L.), Bitterem Fenchel (Foeniculum vulgare MILL.), Echtem Kümmel (Carum carvi L.) oder Wacholder (Juniperus Communis L.), in den Blättern von Melisse (Melissa officinalis L.) und Pfefferminze (Mentha piperita L.) sowie in den Blüten der Echten Kamille (Matricaria chamomilla L.) und dem Kraut der Schafgarbe (Alchemilla millefolium L.). Analog zu den Bitterstoffen wirken ätherische Öle bereits über die Geruchs- und Geschmackswahrnehmung im Magen sekretionsfördernd. Darüber hinaus stimulieren sie auf ihrem Weg durch den Verdauungstrakt die Sekretion von Magensäure und Verdauungsenzymen durch lokale Reizung der Magen- und Darmschleimhaut und wirken dadurch prokinetisch. Außerdem besitzen ätherische Öle, die in Stomachika enthalten sind, spasmolytische, antimikrobielle und antiphlogistische Wirkungen. Patienten mit bekannten Gallen-, Leber- und Nierenerkrankungen sollten Zubereitungen mit ätherischen Ölen nicht empfohlen werden. Auch bei einer Allergie gegen Doldenblütler müssen Fenchel-, Anis- und Kümmel-Zubereitungen gemieden werden. Bitterfenchel enthält das Phenylpropanderivat Estragol, mit dem in Tierstudien mit Mäusen Lebertumoren auftraten. Die Übertragbarkeit dieser Ergebnisse auf den Menschen ist unklar. Von einer Dauereinnahme von Tees oder Zubereitungen aus Anis und Fenchel wird dennoch abgeraten, das heißt, die Anwendung sollte zwei Wochen nicht überschreiten. Einige Pflanzen enthalten in Wurzeln und/oder Kraut sowohl ätherische Öle als auch Bitterstoffe. Dazu zählen Angelika- und Kalmuswurzel, Bitterorangenschale, Wermut- und Schafgarbenkraut (s. Tab.).

Tab.: Überblick über pflanzliche und homöopathische / anthroposophische Präparate und Teemischungen gegen Magenbeschwerden (Auswahl). Sie können empfohlen werden, wenn Kunden über leichte Oberbauchsymptome wie Aufstoßen, Magendruck, Sodbrennen, Völlegefühl, leichte Übelkeit und / oder krampfartige Beschwerden berichten. Flüssigen Zubereitungen sollte der Vorzug gegeben werden, Tees mit Bitterstoffen werden möglichst nicht gesüßt [Quelle: Lauer Fischer Taxe, Stand 30. Oktober 2017].
Präparate (Beispiele)
Wirkstoffe
flüssige und feste Zubereitungen – Monopräparate
Gastrovegetalin® 225 mg Weichkapseln/-Flüssigkeit, Me-Sabona® Hartkapseln
Melissenblätter-Trockenextrakt
Kamillan® supra Lösung
Kamillenblütenextrakt
Kamillosan® Konzentrat
Kamillenblütenextrakt, -öl
Zintona® Kapseln (nAp AM)
Ingwerwurzelstock-Pulver
feste Zubereitungen – Kombinationspräparate
Carmenthin® bei Verdauungsstörungen magensaftresistente Weichkapseln
Kümmelöl, Pfefferminzöl
Wala® Gentiana Magen Globuli velati
homöopathische Zubereitungen aus Brechnuss, Gelbem Enzian, Löwenzahn und Wermut
flüssige Zubereitungen – Kombinationspräparate
Abdomilon® N Sirup (nAp AM)
Extrakte aus Kalmuswurzelstock, Enzianwurzel, Melissenblättern, Angelikawurzel, Wermutkraut
Carvomin® Verdauungstropfen
Extrakte aus Angelikawurzel, Benediktenkraut und Pfefferminzblättern
Carminativum-Hetterich® Balance Tropfen (NEM)
Extrakt aus Kamillenblüten, Pfefferminzblättern, Fenchel, Kümmel, Pomeranzenschalen
Gasteo® Tropfen
Fluidextrakte aus Angelikawurzel, Benediktenkraut, Gänsefingerkraut, Kamillenblüten, Süßholz, Wermut
Gastrarctin® Tropfen
Extrakte aus Kamillenblüten und Pfefferminzblättern
Gastricholan®L Tropfen
Bitterer Fenchel-Tinktur, Kamillenblüten Tinktur, Pfefferminzblätter Tinktur
Magen-Darmtropfen N Cosmochema®
Gentiana lutea (homöop.), Chamomilla recutita (homöop.), Juniperus communis (homöop.), Artemisia absinthium (homöop.)
Iberogast® flüssig
Tinkturen aus Angelikawurzel, Bitterer Schleifenblume, Kamillenblüten, Kümmel, Mariendistelfrüchten, Melissenblättern, Pfefferminzblättern, Süßholzwurzel, Schöllkraut
Kamillan® flüssig (nAp AM)
Extrakt aus Kamillenblüten und Schafgarbenkraut
Weleda® Amara Tropfen Dilution
Homöopathische/anthroposophische Zubereitungen aus Gelbem Enzian, Löwenzahn, Meisterwurz, Salbei, Schafgarbe, Tausendgüldenkraut, Wacholder, Wegwarte, Wermut
Weleda® Balsamischer Melissengeist (nAp AM)
Destillat aus Angelikawurzel, Gewürznelken, Koriander, Melissenblättern, Muskatsamen, Zimtrinde, Citronenöl
Arzneitee-Mischungen (Auswahl)
H & S® Magentee Filterbeutel (nAp AM)
Schafgarbenkraut, Tausendgüldenkraut, Enzianwurzel, Wermutkraut, Anisfrüchte, Bittere Fenchelfrüchte
Heumann® Magentee Solu Vetan
Pfefferminzblätter-Trockenextrakt, Pfefferminzöl, Süßholzwurzel-Trockenextrakt
Sidroga® Magen-Darm-Beruhigungstee (nAp AM)
Kamillenblüten, Schafgarbenkraut, Pfefferminzblätter
Magentee I NRF 6.11
Enzianwurzel, Pomeranzenschale, Tausendgüldenkraut, Wermutkraut, Zimtrinde

NEM: Nahrungsergänzungsmittel, nAp AM: nicht apothekenpflichtiges Arzneimittel

Hilfe bei stressbedingten Beschwerden

Sind die Ursachen für die Magensymptome nicht im Verdauungstrakt, sondern in der Psyche des Patienten oder in seinem Lebens- und Arbeitsumfeld zu suchen (z. B. bei Nacht- und Schichtarbeit), kann die Empfehlung eines beruhigend und ausgleichend wirkenden Mittels sinnvoll sein. Infrage kommen Präparate mit Lavendelöl (z. B. Lasea®), Passionsblumen-Extrakt (z. B. Valverde® Passiflor Beruhigungsdragees), Baldrianwurzel-Extrakt (z. B. Baldriparan® stark), Hopfenzapfen-Extrakt (z. B. in Kytta® Sedativum) oder homöopathische bzw. anthroposophische Kombinationen, die Bestandteile mit Wirkung auf psychosomatische Beschwerden enthalten (z. B. Gastricumeel®). |

Quelle

Teuscher E, Melzig M, Lindequist U. Biogene Arzneimittel. 7. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2012

Lennecke K et al. Selbstmedikation. Leitlinien zur pharmazeutischen Betreuung 4. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, 2011

Neubeck M. Evidenzbasierte Selbstmedikation 2017/2018. Deutscher Apotheker Verlag 2016

Bühring U. Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde, 4. Aufl., Karl F. Haug Verlag Stuttgart 2014

Meyer E. Teerezepturen, 5. Ergänzungslieferung, Deutscher Apotheker Verlag 2015

Website der Kooperation Phytopharmaka, www.koop-phyto.org, letzter Zugriff am 26. Oktober 2017

Bornemann R, Gaber E (Hrsg.) Gastritis, Magen- und Zwölf­fingerdarmgeschwüre. Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 55, Robert Koch-Institut 2013

Autorin

Dr. Claudia Bruhn ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin. Sie schreibt seit 2001 regelmäßig Bei­träge für die DAZ.

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