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Gestaltungsempfehlungen

Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Teil 4

Um besser mit Stress oder psychischer Belastung in der Arbeitswelt umgehen zu können, sollten nicht nur die Kompetenzen der Mitarbeiter gestärkt werden. Auch die Rahmenbedingungen gilt es, gesundheitsförderlich zu gestalten.

Paradoxerweise gibt es gerade in der Gesundheitsbranche einen großen Handlungsbedarf bezüglich der Gestaltung einer gesundheitsförderlichen Arbeitswelt. Ein Grund dafür könnte sein, dass viele Studien den Gesundheits- und Pflegesektor unter die Lupe nehmen und dabei einen großen Bedarf aufdecken. Die Kenntnis der kritischen Faktoren ist dabei ein erster Schritt auf dem Weg zur Verbesserung.

Umgang mit Unterbrechungen

Eine rücksichtsvolle Sicht auf die Arbeit der Kollegen kann zur gegenseitigen Entlastung und zu besserem Management von Unterbrechungen beitragen. Klare und faire Absprachen im Team fördern störungsfreie Zeit- und Arbeitsräume. Aufgaben, die hohe Konzentration erfordern und bei denen Fehler mit erheblichen Konsequenzen verbunden sind – wie die Abgabe von Arzneimitteln oder die Herstellung von Rezepturen –, müssen weitgehend unterbrechungsfrei gestaltet werden. Demgegenüber können Unterbrechungen bei monotonen Tätigkeiten durchaus zur Leistungsverbesserung beitragen.

Arbeitszeit partizipativ gestalten

Abgesehen von Situationen wie der längeren Erkrankung eines Mitarbeiters, sollte die Organisation grundsätzlich so gestaltet sein, dass eine Planbarkeit und Verlässlichkeit der Arbeitszeiten gegeben ist. Eine ausreichende Personalstärke ist hierfür eine der wichtigsten Voraussetzungen.

Bei der Festlegung der Arbeitszeiten sollten Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter in Einklang mit betrieblichen Erfordernissen gebracht werden. Dies kann zum Beispiel durch ein Jahresarbeitszeitkonto nach Bundesrahmentarifvertrag geschehen (§ 4 BRTV). Ist die Flexibilität aufseiten des Angestellten gering, sollten dagegen die konkreten Arbeitszeiten zu Beginn des Arbeitsverhältnisses abgesprochen und in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden. ADEXA-Mitglieder können sich dazu durch die Rechtsabteilung beraten lassen.

Im Laufe der Zeit können sich sowohl arbeitsbezogene Wünsche als auch der Bedarf im Betrieb ändern. Dies kann im Rahmen von regelmäßigen Mitarbeitergesprächen angesprochen werden. Auch bei der Urlaubsplanung sind nach § 11 Abs. 6 BRTV die Wünsche der Angestellten zu berücksichtigen.

Aufgabenbereiche

Nach § 3 ApBetrO darf das Personal nur entsprechend seiner Ausbildung und seinen Kenntnissen eingesetzt werden. Eine beliebige Ausweitung der Aufgabenbereiche ist nicht nur aus rechtlicher Perspektive kritisch, sondern kann den Mitarbeiter auch überfordern. Nur wenn die erforderlichen (Fach-)Kenntnisse bereits vorhanden sind bzw. durch Fort- oder Weiterbildung im Vorfeld geschaffen werden, kann eine Erweiterung von Tätigkeits- und Handlungsspielräumen gesundheitsförderlich sein. Ein Beispiel aus der Apothekenpraxis: Eine PTA, die als zusätzliche Aufgabe die Überprüfung der Rezepturplausibilität übernehmen muss, wird diesen Auftrag als psychische Belastung empfinden. Denn sie verfügt weder über die Qualifikation noch über die notwendige Befugnis nach § 7 ApBetrO.

Handlungskompetenzen stärken

Wenn in Unternehmen betriebliche Gestaltungsmaßnahmen entwickelt werden, sind im optimalen Fall neben Führungskräften und Beschäftigten auch Fachkräfte aus dem Bereich der Arbeitssicherheit und des (psychischen) Gesundheitsschutzes beteiligt. In Kleinbetrieben wie Apotheken gehören solche Fachkräfte jedoch in der Regel nicht zum Personal. Dann kann eine innerbetriebliche Schulung durch externe Experten erfolgen, um die Handlungskompetenzen von Leitung und Team auf diesem Gebiet zu stärken. Der anschließende Prozess einer gesundheitsgerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen sowie die Überprüfung der Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit können auch ohne externe Expertise erfolgen. |

Tatiana Dikta B. sc. Psychologie, Fachkraft für betriebliches Gesundheitsmanagement/Stressmanagement, PTA

Literatur

Rothe I, Adolph L, Beermann B, Schütte M, Windel A, Grewer A, Lenhardt U, Michel J, Thomson B, Formazin M. Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Wissenschaftliche Standortbestimmung. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2017

Rigotti T. Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Störungen und Unterbrechungen. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2016

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