Pro und Kontra

Möglichkeiten und Grenzen aufzeigen

Warum die LAK Baden-Württemberg Weiterbildung in Sachen Homöopathie anbietet

STUTTGART (cae) | Deutschland ist das Ursprungsland der Homöopathie. Hier hat sie sich trotz vieler Anfeindungen durch die Schulmedizin behauptet und in verschiedenen Schulen weiterentwickelt. Durch das Arzneimittelgesetz von 1976 wurde die Homöopathie als „besondere Therapierichtung“ anerkannt. Nur konsequent ist es daher, dass Apothekerkammern, die als Berufsorganisationen auch vom Staat delegierte Aufgaben übernommen haben, die Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder auf dem Gebiet der Homöopathie organisieren. Trotzdem ist dieses Engagement der Kammern bei manchen Mitgliedern nicht unumstritten. Wir fragten Patrick Schäfer, der bei Landesapothekerkammer Baden-Württemberg für die Aus-, Fort- und Weiterbildung zuständig ist, nach welchen Kriterien er das Angebot der Kammer im Bereich Homöopathie zusammenstellt.
Foto: LAK BW
Patrick Schäfer, Leiter der Aus-, Fort- und Weiterbildung bei der LAK Baden-Württemberg.

DAZ: Herr Schäfer, wie sieht denn die Ausbildung von angehenden Apothekerinnen und Apothekern im Bereich der besonderen Therapierichtungen aus?

Schäfer: Die Ausbildung unseres Berufsnachwuchses ist in der Approbationsordnung geregelt. Im naturwissenschaftlichen Studium der Pharmazie spielen die Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen kaum eine Rolle. An einzelnen Studienorten gibt es hierzu eine Vorlesung oder die Herstellung beispielsweise homöopathischer Arzneimittel wird im Rahmen der pharmazeutischen Technologie thematisiert. Daher ist es sinnvoll, denjenigen Berufsangehörigen, die sich Kenntnisse auf diesem Gebiet aneignen wollen, eine spezielle Fort- und Weiterbildung anzubieten. Und das tun sowohl Ärzte- als auch Apothekerkammern.

DAZ: Und wie sieht es in der Praxis aus?

Schäfer: Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen sind fester Bestandteil des Sortiments der öffentlichen Apotheken. Homöopathische Ärzte verordnen diese Arzneimittel oder Patienten verlangen in der Apotheke eine naturheilkundliche Alternative. Diese Präparate haben ungeachtet der Frage der Evidenz ihre Berechtigung und im Arzneimittelgesetz ihre rechtliche Grundlage. Gerade in Süddeutschland ist das Interesse der Patienten an homöopathischen Arzneimitteln groß. Auch diese Patienten haben ein Anrecht auf eine kompetente Beratung.

DAZ: Spiegelt sich dies auch in den Weiterbildungsordnungen der Kammern wider?

Schäfer: Bereits seit 2004 ist die ­Weiterbildung im Bereich „Naturheilverfahren und Homöopathie“ fester Bestandteil der Musterweiterbildungsordnung der Bundesapothekerkammer. Alle Kammern haben Weiter­bildungen zu diesem Themenkomplex in ihre Weiterbildungsordnungen aufgenommen und bieten diese regel­mäßig an.

DAZ: Nun gibt es ja noch andere interessante Bereiche der Weiterbildung, ich nenne nur „Geriatrische Pharmazie“ oder „Prävention und Gesundheitsförderung“. Trotzdem steht ­„Homöopathie und Naturheilverfahren“ bei den meisten Kammern an der Spitze. Wollen Sie das kommentieren?

Schäfer: Das ist in der Tat richtig. Bei uns in Baden-Württemberg ist die Weiterbildung „Homöopathie und Naturheilkunde“ die meistbesuchte Weiterbildung. Mittlerweile haben wir bundesweit über 2100 in diesem Bereich weitergebildete Apothekerinnen und Apotheker. Dies liegt aber sicher nicht an Werbung durch die Kammer. Hier behandeln wir alle Weiterbildungsbereiche gleich. Ich denke, es kommen zwei Aspekte zusammen. Zum einen das persönliche Interesse vieler Apothekerinnen und Apotheker. Zum anderen spüren die Apotheken das Interesse der Patienten. Ich glaube, die wenigsten würden sich weiterbilden, wenn ihr Wissen nicht durch die Patienten nachgefragt würde. Inzwischen hat die Weiterbildung auch einen so guten Ruf, dass die Absolventen sie ihren Kollegen weiterempfehlen. Und das wirkt besser als jede Werbung durch die Kammer.

DAZ: Wie sehen Sie das Verhältnis der Fort- und Weiterbildung zur Homöopathie zum sonstigen Fort- und Weiterbildungsangebot der Kammer?

Schäfer: Wir legen Wert auf ein sehr weites Spektrum unserer Fortbildungsveranstaltungen. Der Anteil der Fortbildungen zur Homöopathie ist eher gering. Es fällt aber auf, dass homöopathische Veranstaltungen immer schnell ausgebucht sind. Unser Angebot stößt demnach bei unseren Mitgliedern auf eine entsprechende Nachfrage. Auf unseren großen Fortbildungskongressen in Heidelberg und Villingen-Schwenningen spielt die Homöopathie keine Rolle. Dafür bieten wir interessierten Kolleginnen und Kollegen mit den „Bregenzer Grenz­gesprächen“ einen Kongress an, bei denen die besonderen Therapierichtungen im Mittelpunkt stehen.

DAZ: Worauf achten Sie bei der Konzeption dieser Fort- und Weiter­bildungen?

Schäfer: Uns ist es wichtig, dass wir in unseren Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der besonderen Therapierichtungen aufzeigen. Unsere Teilnehmer können dann nach eigenem Ermessen und in ihrer heilberuflichen Verantwortung im Einzelfall entscheiden, ob sie dem Patienten die Anwendung dieser Arzneimittel empfehlen oder ggf. auch davon abraten. Gut beraten kann man meines Erachtens nur dann, wenn man die Grundprinzipien der besonderen Therapierichtungen kennt.

DAZ: Einige Kammern bieten auch für PTA eine Weiterbildung in Homöopathie an? Was halten Sie davon?

Schäfer: Das ist eine sinnvolle Sache. Wir stellen immer wieder fest, dass gerade PTA großes Interesse an Fort- und Weiterbildungen in diesem Bereich haben. Hier könnte das Angebot sicher noch ausgebaut werden.

DAZ: Herr Schäfer, vielen Dank für das Gespräch! |


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