Medizinprodukte

Mobil mit Elastomer-Pumpen

Ein erklärungsbedürftiges Medizinprodukt für die kontinuierliche Infusionstherapie

TEST3 Um Arzneistoffe über mehrere Stunden oder Tage mit einer vorgegebenen gleichmäßigen oder variablen Abgaberate dem Organismus zuzuführen, wurden Arzneimittelpumpen entwickelt, die mittlerweile z. B. aus der Schmerz- und Antibiotikatherapie oder der Onkologie nicht mehr wegzudenken sind. Die Befüllung der Pumpensysteme spielt mehr und mehr auch eine Rolle in Apotheken, die Reinräume für die aseptische Herstellung steriler Zubereitungen vorhalten. Für Verwirrung kann eine sogenannte Laufzeitverlängerung sorgen, wenn die Pumpe länger läuft als die durch das Füllvolumen und den Durchflussbegrenzer vorgegebene Zeit. |  Von Christian Beck

Mobile Arzneimittelpumpen ermöglichen seit den späten 1970er-Jahren [1, 2] die ambulante Therapie bei einer ganzen Reihe von Erkrankungen:

  • Schmerztherapie (auch im Palliativbereich) mit z. B. Opioid- und Non-Opioid-Analgetika (z. B. Hydromorphon, Piritramid, Metamizol), Lokalanästhetika (z. B. Ropivacain), Neuroleptika (z. B. Haloperidol), Antiemetika (z. B. Metoclopramid)
  • Onkologie mit z. B. Antimetaboliten (5-FU – teilweise in Kombination mit Natriumfolinat), Proliferationshemmung über Transkriptionsfaktoren (Trabectedin)
  • Mukovizidose-Therapie durch Antibiotika (z. B. Ciproflox­acin, Tobramycin, Ceftazidim) zur Prävention von akuter und chronischer bakterieller Besiedlung des Bronchialsystems (meist vierteljährlich bis halbjährlich).

Die Applikation der Arzneistofflösung mit der Pumpe erfolgt meist subkutan oder intravenös, es ist aber auch eine intraperitoneale, orale oder rektale Arzneimittelverabreichung möglich.

Es werden drei Arten von Infusions-Pumpen unterschieden:

  • mechanische Pumpen wie z. B. Spiralschlauch-Infusoren, Baxter/PCA-System, Vygon
  • peristaltische oder elektromechanische Pumpen wie z. B. Ambix® activ (Fresenius Kabi Deutschland), CADD-Legacy® (Smiths Medical), Infusomat® (B. Braun), Alaris®(Carefusion)
  • Elastomer-Pumpen wie z. B. Homepump® (Fresenius Kabi Deutschland), Easypump® II (B. Braun), Surefuser®(Nipro/medac), Folfusor® (Baxter), Autofuser®, Walkmed®, Crono® (OMT GmbH & Co. KG)

Elektromechanische Pumpen zeichnen sich durch genaue Dosisraten, jederzeitige Beeinflussung der gewählten Parameter, Möglichkeit einer Bolusgabe (Schmerzpumpe) und verschiedene Bedienungsmodi (Arzt-, Pflege- und Patientenmodus) mit verschiedenen Berechtigungen aus. Dem gegenüber stehen die relativ hohen Preise der Pumpeneinheit und die Abhängigkeit von elektrischer Energie (Akku/Batterie).

Elastomer-Pumpen oder elastomere Infusionssysteme ermöglichen eine kontinuierliche Infusionstherapie ohne stationären Aufenthalt. Die Laufzeit und die Flussrate muss im Vorfeld festgelegt werden und kann nachträglich nicht beeinflusst werden. Vorrangig werden diese Pumpen in der zytostatischen Chemotherapie, Schmerz-/Palliativtherapie und Antibiotikatherapie eingesetzt. Weitere Vorteile gegenüber elektronischen Pumpen sind: stromunabhängig, geringe Störungsneigung (in Bezug auf allgemeine Funktion), billig im Vergleich zu elektronischen Pumpen (kurz- bis mittelfristige Anwendung) – bei langfristiger Anwendung schwindet dieser Kostenvorteil, da sich die teureren elektromechanischen Pumpensysteme dann amortisieren.

Fotos: Smith Medical Deutschland GmbH, www.medicalexpo.de

Tragbare Infusions-Pumpe wie CADD® Solis (links) und CADD® Legacy benötigen eine Energiezufuhr mit Batterie oder Akku. Sie ermöglichen mit einer intuitiven Bedienung den Patienten eine hohe Flexibilität. Innerhalb eines eigens erstellten Dosislimits sind Änderungen der Therapie einfach möglich. Über das Display sind die wichtigsten Informationen wie verbleibende Infusionszeit, Ladezustand des Akkus oder auch die Restmenge im Infusionsbeutel abrufbar.

„Hergestellt“ beziehungsweise individuell befüllt werden mobile Arzneimittelpumpen in Krankenhausapotheken, Krankenhausversorgenden Apotheken gemäß § 34 ApBetrO und sogenannten „Compounding Centern“ welche rechtlich Herstellungsbetriebe nach § 13 AMG sind. Die Aufgaben des Apothekers liegen hier in mehreren Bereichen:

  • Plausibilitätskontrolle der eingegangenen Anforderung/des eingegangenen Rezeptes. Dies kann eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit sein, da beispielsweise Palliativ­stationen oftmals Dreifach und sogar Vierfachkombinationen bestellen. Hier geht es dann nicht nur um die eingesetzten Dosen sondern auch um Stabilität, Kompatibilität und solche Dinge wie Lichtschutz.

Ein Beispiel: Metamizol-Natrium wird häufig im Palliativbereich eingesetzt – teilweise als Fünf- oder sogar Sieben-Tage-Pumpe. Da sich die Pumpe im Verfügbarkeitsbereich des Patienten befindet, kann der Lichtschutz nicht garantiert werden. Die Infusionslösung wird gelb. Teilweise wird dann noch die Kombination mit Dimenhydrinat und Morphin gewünscht. Dimenhydrinat besitzt nur eingeschränkte Kompatibilität zu anderen Lösungsbestandteilen, Morphin reagiert mit Metamizol-Na zu einem ebenfalls analgetisch wirksamen Produkt [3]. Zu Metamizol-Na (auch Dipyron) finden sich wenige Stabilitätsdaten in der Literatur, da die meisten Daten im englischsprachigen Raum generiert werden und dort Metamizol-Na nur wenig verwendet wird.

  • Nach der Plausibilitätskontrolle muss dann die Eingabe in das jeweilige „Herstellungsprogramm“ (Zenzy®, Cato®, Cypro®, Steribase®) kontrolliert werden und der Herstellungsplan genehmigt/freigegeben werden.
  • Abschließend muss die hergestellte Pumpe noch vor Abgabe geprüft werden auf: Unversehrtheit/Dichtigkeit, Ausfällungen, partikuläre Verunreinigungen, bei neuen „Kompositionen“ auf z. B. auffällige farbliche Veränderungen. Auf dem Etikett müssen neben den üblichen Angaben einer Rezeptur unbedingt die Lagerbedingungen und die Haltbarkeit/Verwendungsfrist geprüft werden.

Die Laufzeit beeinflussende Faktoren

In der Sterilproduktion unserer Apotheke wurden von den anwendenden Krankenhäusern und Praxen in letzter Zeit einige „Laufzeitverlängerungen“ gemeldet – das heißt, die Pumpe lief länger als die durch das Füllvolumen und den Durchflussbegrenzer vorgegebene Zeit. Einige der Patienten waren durch diese Laufzeitverlängerungen verunsichert und fragten in den Praxen und Stationen nach – diese dann bei uns. Um die Compliance der Elastomer-Pumpen bei Patienten und Heilberuflern zu erhalten, haben wir diesbezüglich recherchiert. Folgende Faktoren beeinflussen die Laufzeit der Elastomer-Pumpe zum Teil ganz erheblich – exemplarisch besprochen am Beispiel der Baxter Folfusor®-Pumpe [4]. Individuelle Abweichungen sind zusätzlich je nach Pumpenart und Hersteller möglich [5, 6]:

Elastomere Infusionssysteme wie der Surefuser™ funktionieren stromunabhängig. Der Ballon wird individuell mit der Infusionslösung befüllt, Laufzeit und die Flussrate können nachträglich nicht beeinflusst werden. Es stehen zum Beispiel Volumina von 50, 100 und 250 ml zur Verfügung, die über einen Zeitraum von 0,5 bis 167 Stunden eine konstante Infusion ermöglichen.

Grundsätzliche Abweichung der Flussrate

Baxter bietet folgende Pumpentypen an: SV (small volume: Maximalvolumen 105 bis 130 ml), LV (large volume: Maximalvolumen 275 bis 300 ml) und XLV (extra large volume: Maximalvolumen 550 ml). Für diese Pumpen wird eine Abweichung von ± 10% angegeben. In praxi bedeutet das bei einer SV4-Pumpe (Flussrate: 4 ml) bei 96 ml Befüllung eine Laufdauer von 24 Stunden ± ca. 2,5 Stunden und für eine SV2,5 (Flussrate: 2,5 ml) bei 120 ml Befüllung eine Laufdauer von 48 Stunden ± ca. 4,75 Stunden!

Wahl des Fließmittels

Baxter „eicht“ seine Pumpen mit Glucose 5%. Diese Lösung hat eine etwas höhere Viskosität als NaCl 0,9%. In einigen Fällen ist der Einsatz von NaCl 0,9% aber notwendig (Kompatibilität, Diabetes, etc.). Baxter gibt deshalb eine beschleunigte Laufzeit von ca. + 10% an.

Viskositätsänderung durch Wirkstoffe

Höhere Konzentrationen von Wirkstoffen können ebenfalls die Viskosität der Lösung verändern. Dies könnte z. B. den „NaCl-Zuschlag“ von ca. 10% egalisieren oder bei Verwendung von Glucose 5% als Trägerlösung die Fließgeschwindigkeit erniedrigen und damit die Laufzeit verlängern.

Unterfüllung der Pumpe

Eine Unterfüllung (< 81%) des angegebenen Normvolumens (abhängig vom Pumpentyp) führt laut Baxter zu einer Erhöhung der Laufgeschwindigkeit.

Möglichkeiten, Langzeitzugänge für Pumpen zu legen. Es sind periphere und zentrale Venenzugänge möglich. Ein zentraler Venen-Katheter kann über die Vena jugularis interna, die V. jugularis externa, die V. subclavia, die V. brachiocephalica oder die V. femoralis gelegt werden. Als Venen der Wahl gelten die V. jugularis und die V. subclavia. Die Benutzung der V. femoralis ist aufgrund der erhöhten Thrombose- und Infektionsgefahr zu vermeiden. Je nach Lage der Katheter kann es zu Abweichungen der Laufgeschwindigkeit der Elastomer-Pumpen kommen. [www.clevelandclinicmeded.com]

Position der Pumpe zur Konnektionsstelle

Im Idealfall befindet sich das Pumpen-Ballonreservoir auf der gleichen Höhe wie die Konnektionsstelle. Bei einem zentralen Venen-Katheter (ZVK) wird dies schwierig, da die bevorzugten Lagepunkte an der Halsschlagader (Vena jugularis interna) und unterhalb des Schlüsselbeines (Vena subclavia) liegen. Die ungefähren Abweichungen der Laufgeschwindigkeit liegen bei ca. 0,5% pro 2,5 cm (Beschleunigung bei höherer Lage und Verlangsamung bei niedrigerer Lage). Wenn die Pumpe nun in der Jackentasche etwa 40 cm unterhalb des zentralen Venen-Katheters an der V. subclavia liegt, summiert sich dies zu einer Verlangsamung von ca. 8%. Bei peripheren Venen-Kathetern (PVK) lässt sich eine annähernde Lagegleichheit zwischen Konnektionsstelle und Pumpe leichter bewerkstelligen.

Temperatur der Infusionslösung

Die Temperatur der Lösung (und indirekt auch die Umgebungstemperatur – das legendäre gut gelüftete Schlafzimmer im Winter) beeinflussen ebenfalls die Viskosität der Infusionslösung und damit auch die Laufdauer. Baxter eicht seine Pumpen bei 33,3 °C – dieser Wert wurde ermittelt beim Anbringen des Luer-Lock-Konnektors (der Pumpe) an einer zentralen Stelle (also am Rumpf oder einer anderen zentralen Position – wie bei einem Zentralvenen-Katheter üblich). Für das Anbringen an einer peripheren Position (PVK) gibt Baxter 31,1°C für das akkurateste Fließverhalten an. Deshalb wird der Luer-Lock-Anschluss der Pumpenleitung und der (temperaturabhängig arbeitende) Durchflussbegrenzer im Idealfall auf der Haut befestigt. Abweichungen von diesen Temperaturen schlagen pro 1 K Abweichung mit ca. 2,3% Laufzeitveränderung durch (< 2,3% bei Erniedrigung und > 2,3% je °C Temperaturer­höhung). Natürlich hat eine stark abweichende Temperatur (Hochsommer oder Skiurlaub im Januar) auch einen Einfluss auf die Elastizität des verwendeten Elastomer-Materials (Pumpenballon) und damit indirekt auf die Laufgeschwindigkeit.

Art und Größe des verwendeten Katheters

Ein Durchmesser von ≥ 22 Gauge wird von Baxter empfohlen, um eine akkurate und der Pumpe entsprechende Laufgeschwindigkeit zu erreichen. Kleinere Durchmesser und auch PICCs (Peripherally Inserted Central Catheter) führen in der Regel zu geringeren Laufgeschwindigkeiten [7]. Dies kann relevant für z. B. eine Zytostatika-Therapie sein (z. B. FOLFOX-Regime) wenn die Pumpe wesentlich zu früh durch einen Pflegedienst entfernt wird und beispielsweise lediglich 70% der 5-FU-Dosis infundiert wurden.

Fazit

Die beschriebenen Laufzeitänderungen, also Verlängerungen oder Verkürzungen können sich theoretisch auch gegenseitig aufheben oder sogar addieren. Mit Abweichungen von der theoretischen Laufzeit muss deshalb immer gerechnet werden. Im Rahmen der Compliance und Therapiesicherheit ist eine Information/Unterrichtung der Patienten und der beteiligten Heilberufler geboten.

Sollte es auf exakte Flussraten und/oder die Möglichkeit einer Bolusgabe wie z. B. bei Schmerzpumpen (PCA) ankommen, sind elektromechanische Pumpen die bessere Wahl. |

Literatur

[1] Parsons JA et al. A miniature syringe pump for continuous administration of drugs and hormones: The Mill Hill infuser. Lancet 1977;1:77-78

[2] Bojsen J et al. A portable infusion pump, programmable with 16 rates. Biotelem Patient Monit 1978;5(3):123-133

[3] Poster Nr. 46, 36. Wissenschaftlicher Kongress der ADKA, Berlin 13. Mai 2011

[4] Baxter Elastomeric Pumps „Clinician Guide“, Health Technology Safety Research Team, online abgerufen am 12. Februar 2016

[5] LeRiger M, Bhalla T,David M, Bettesworth J, Tobias JD. Comparision of flow rate accuracy and consistency between the on-Q, baxter, and ambu pain infusion devices. World J Anesthesiol 2014;3(1):119-123

[6] Thiveaud D, Demazières V, Lafont J. Comparision of the performance of four elastomeric devices. Europ J Hospit Pharm 2005;2:54-56

[7] Collins K. Chemotherapy infusion times: a comparision of infusors with Hickman catheters and PICCs. Cancer Nursing Practice 2003/2004;2(10):31-34

Autor

Dr. Christian Beck

1995: Pharmaziestudium an der Goethe-Universität, Frankfurt/Main

2006: Dr. phil nat. in Pharmazeutischer Biologie an der Universität Frankfurt/Main

2007 - 2009: Krankenhausapotheker, Leiter der Qualitätskontrolle und Qualified Person in der Uniklinik, Frankfurt/Main

2009 - 2012: Auditor und Qualified Person bei Fresenius Kabi Deutschland in den Abteilungen „Produkt- und Komponentenentwicklung“ und „Third Party Manufacturing“

2012 - 2013: Qualified Person § 14 AMG & Leiter der Herstellung bei Aukamm Pharma GmbH & Co. KG, Wiesbaden

seit 2013 Apotheker in der Aukamm-Apotheke Steril­produktion, Wiesbaden

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