Amyotrophe Lateralsklerose

Interleukin-beta-Blocker mildert Entzündung

Berlin - 07.07.2010, 10:54 Uhr


Wissenschaftler vom Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie haben Interleukin beta als Botenstoff identifiziert, der an der Entstehung der amyotrophen Lateralsklerose

Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine Erkrankung der Motoneuronen. Nervenzellen, die für die Bewegung verantwortlich sind, werden nach und nach irreversibel geschädigt. An der Auslösung sind sowohl erbliche als auch umweltbedingte Faktoren beteiligt. Auch Entzündungsprozesse im Gehirn lassen möglicherweise Neuronen absterben.

Die Forscher interessierten sich vor allem für die Frage, wie Entzündungsprozesse bei Infektionskrankheiten gestartet werden. Dabei fanden sie heraus, dass das Enzym Superoxid-Dismutase 1 (SOD1) Entzündungsprozesse reguliert, indem es die Aktivität eines anderen Enzyms, Caspase-1, kontrolliert. Dieses Enzym wiederum spaltet Interleukin 1 beta und aktiviert es, wodurch die Entzündung in Gang gesetzt wird.

Mutationen im SOD1-Gen sind ein Auslöser für die erblich bedingte Form der ALS. ALS-Patienten haben sowohl eine Entzündung als auch ein erhöhtes Level für aktivierte Caspase-1. Die Caspase-1 könnte bei amyotropher Lateralsklerose eine ähnliche Rolle wie bei Infektionskrankheiten spielen, vermuten die Forscher. Sie konnten nachweisen, dass es bei ALS zu einer Anhäufung von fehlgefalteten SOD1-Enzymen in Neuronen kommt. Die Zelle interpretiert dies als Gefahr und aktiviert daraufhin die Caspase-1, welche Interleukin 1 beta spaltet und eine Entzündung auslöst. Diese Entzündung zerstört nach und nach die Motoneurone.

Wurden Mäuse mit mutiertem SOD1-Gen mit einem Protein behandelt, das Interleukin 1 beta blockiert, verlief die Entzündungsreaktion abgemildert, und auch die Symptome waren schwächer. Insgesamt hatten die Mäuse eine längere Lebenserwartung. Zusammen mit der ALS-Ambulanz der Charité Universitätsmedizin Berlin arbeitet die Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie nun an einer klinischen Studie, die zeigen soll, ob eine Therapie von ALS-Patienten mit einem Interleukin 1 beta-Antagonisten möglich ist.

Literatur: Meissner, F., et al.: Proc. Natl. Acad. Sci. 2010, Online-Vorabveröffentlichung am 28. Juni 2010, doi:10.1073/pnas.1002396107.


Dr. Bettina Hellwig