Amyotrophe Lateralsklerose

Gendefekt identifiziert

Würzburg - 11.10.2011, 08:54 Uhr


Einem Team von Wissenschaftlern ist es jetzt gelungen, einen Gendefekt als Auslöser einer Form der amyotrophen Lateralsklerose zu identifizieren. An der Suche beteiligt waren auch Forscher der Uni Würzburg.

Die amyotrophe Lateralsklerose, oder auch als ALS oder in den USA Lou Gehrig´s Disease, ist eine schwere Erkrankung des Nervensystems, die innerhalb kurzer Zeit zum Tod führt. Von 100.000 Menschen erkranken pro Jahr etwa ein bis drei neu. Die meisten Erkrankungen treten zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr auf; bekannte Patienten sind der Astrophysiker Stephen Hawking oder der im Mai 2007 verstorbene Maler Jörg Immendorff.

Sie beginnt mit harmlosen Anzeichen: Stolpern oder Problemen beim Halten von Stiften und Besteck. Dann treten Lähmungen auf, die zunehmend immer mehr Muskelgruppen befallen. Die Betroffenen verlieren nach und nach die Kontrolle über ihre Arme und Beine, können nur schwer oder gar nicht mehr schlucken und sprechen und sterben in der Regel an den Folgen einer Atemlähmung. Der Grund: Nach und nach sterben die Zellen des motorischen Nervensystems ab. Die Auslöser des massenhaften Zelltodes sind bislang noch weitestgehend unverstanden; eine wirksame Therapie existiert ebenfalls nicht.

Bei einer bestimmten Form der ALS ist nicht nur das motorische Nervensystem betroffen; zusätzlich leiden die Betroffenen an einer Demenz, weil bei ihnen auch Nervenzellen im Frontalhirn absterben. Für diese Form der Erkrankung könnte eine Mutation auf dem menschlichen Chromosom 9 verantwortlich sein – am definitiven Beweis hat es jedoch bislang gefehlt.

Jetzt ist es Wissenschaftlern gelungen, einen entsprechenden Gendefekt aufzuspüren. Dazu haben sie das Erbmaterial von mehr als 4000 Patienten und 8000 Kontrollproben untersucht. Fündig wurden sie vor allem bei Patienten aus Europa. Dort tritt dieser Gendefekt bei mehr als 20 Prozent aller Fälle auf, bei familiär gehäuft vorkommenden Fällen sogar bei fast der Hälfte aller Patienten. Auch Nachkommen europäischer Familien in den USA tragen diesen Gendefekt häufig. Bei etwa jedem dritten Patienten mit einer genetisch bedingten ALS-Variante stießen die Forscher auf eine charakteristische Störung an einer bestimmten Stelle des C9ORF72-Gens. Zusammen mit einer weiteren, schon bekannten Genmutation lassen sich jetzt beinahe 90 Prozent aller familiär gehäuft auftretenden ASL-Fälle auf genetische Ursachen zurückführen.

Literatur: Renton, A. E., et al.: Neuron 2011, Online-Publikation doi: 10.1016/j.neuron.2011.09.010.


Dr. Bettina Hellwig