Arzneimittel und Therapie

Altersbedingte Augenerkrankungen

VEGF-Inhibitoren senken Erblindungsrisiko

Von Petra Jungmayr | Aufgrund der demografischen Entwicklung werden altersbedingte Augenerkrankungen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zunehmen – vorneweg die altersbedingte Makuladegeneration. Welche neuen Behandlungsmöglichkeiten derzeit zur Verfügung stehen, erläuterte Gregor Märker, Lohr am Main, am 23. November 2013 beim diesjährigen Heidelberger Fortbildungskongress der LAK Baden-Württemberg.

Das Risiko, an einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD) zu erkranken, steigt ab dem 65. Lebensjahr deutlich an. Das Erkrankungsrisiko liegt bei den 70- bis 74-Jährigen bei rund 18% und beträgt bei den über 85-Jährigen bereits 47%. Weitere Risikofaktoren sind Rauchen, Vererbung, Arteriosklerose, eine erhöhte Lichtexposition sowie möglicherweise die Ernährung, so etwa eine Unterversorgung mit Vitaminen und Antioxidanzien. Die Pathogenese der Erkrankung ist nicht vollständig geklärt. Morphologische Veränderungen führen zu Stoffwechselstörungen und photochemischen Reaktionen im Bereich der retinalen Pigmentepithelzellen. In der Folge kommt es zu charakteristischen Ablagerungen von Stoffwechselprodukten unter der zentralen Netzhaut, sogenannten Drusen.

Man unterscheidet die Frühform, die immer trocken verläuft, und die Spätform. Diese wird wiederum in eine trockene und eine feuchte Form unterteilt. Die trockene Spätform entwickelt sich langsam und geht mit einem Zelluntergang einher („geographische Atrophie“). Die feuchte Form kann sich sehr rasch entwickeln und ist durch chorioidale Neovaskularisation mit Ödemen, Schwellungen und einer Gefäßneubildung unter der Netzhaut gekennzeichnet.

Trockene Makuladegeneration – wenig spezifische Therapieansätze

Zur Therapie der trockenen Makuladegeneration gibt es keine eindeutigen Behandlungsempfehlungen. Die Hoffnung, durch die Substitution bestimmter Mineralstoffe und Antioxidanzien einen klinischen Benefit zu erzielen, hat sich nur bedingt erfüllt. Ausgehend von der Hypothese, dass die durch UV-Strahlung erzeugten Radikale durch entsprechende Antioxidantien abgefangen werden können und so den Krankheitsverlauf verlangsamen, wurde die ARED-1-Studie (Age-Related Eye Disease Study) konzipiert. 3600 Probanden, die an einer trockenen Form der Makuladegeneration erkrankt waren, nahmen durchschnittlich etwas über sechs Jahre lang Vitamin C, Beta-Carotin, Vitamin E, Zink und Kupfer ein. Das Ergebnis war enttäuschend, da sich bei der Gesamtheit der Patienten kein günstiger Einfluss auf die Makuladegeneration zeigte. Bestimmte Untergruppen konnten von einer Substitution profitieren. In einer zweiten Studie, ARED-2, mit über 4000 Teilnehmern wurden Omega-3-Fettsäuren, Lutein und Zexanthin substituiert. Doch auch hier war das Ergebnis ernüchternd. Das Fazit von Märker: Derzeit steht ein wissenschaftlicher Nachweis für die Wirksamkeit der in den Studien ARED-1 und ARED-2 eingesetzten Wirkstoffe aus. Für Patienten, die sich einseitig ernähren, kann eine Substitution sinnvoll sein, im Vordergrund sollte aber eine gesunde, ausgewogene Ernährung stehen.

Wie macht sich die AMD bemerkbar?

  • Verschwommenes Sehen
  • Probleme beim Lesen und bei der Anpassung im Dunkeln
  • Gerade Linien werden als Wellenlinien wahrgenommen
  • Die Farben wirken blasser
  • Das Zentrum des Gesichtsfelds erscheint leer oder als grauer Fleck
  • Gesichter werden nicht mehr richtig erkannt

Feuchte Makuladegeneration – Fortschritte durch VEGF-Hemmer

Da bei der Pathogenese der feuchten Makuladegeneration der Wachstumsfaktor VEGF (vascular endothelial growth factor) eine entscheidende Rolle spielt, liegt es nahe, diesen zu blockieren oder abzufangen. Die derzeit in der Ophthalmologie am häufigsten eingesetzten VEGF-Inhibitoren sind Bevacizumab (Avastin®), Ranibizumab (Lucentis®) und Aflibercept (Eylea®), die in Form einer intravitrealen Injektion verabreicht werden. Der Vorgänger Pegaptanib (Macugen®) spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, da die neuen Wirkstoffe effektiver sind. Weltweit wird am häufigsten Bevacizumab eingesetzt. Seine Anwendung erfolgt als off-label, da für Avastin® keine Zulassung zur Anwendung am Auge vorliegt. Die Wirksamkeit von Bevacizumab und Ranibizumab sind vergleichbar, was unter anderem in der amerikanischen CATT-Studie (Comparison of Age-related macular degeneration Treatments Trials) gezeigt wurde. Aflibercept ist ein rekombinantes Fusionsprotein und hemmt VEGF-A (vascular endothelial growth factor-A). Ferner bindet Aflibercept den Plazenta-Wachstumsfaktor (PIGF), welcher bei der retinalen Neovaskularisation synergistisch zu VEGF-A wirken kann. In den zulassungsrelevanten VIEW-Studien zeigte sich für verschiedene Dosierungsschemata die Gleichwertigkeit von Aflibercept und Ranibizumab. Für die Anwendung von Aflibercept spricht eine geringere Injektionsrate mit dementsprechend vermindertem Blutungs- und Infektionsrisiko. Allerdings liegen die Kosten einer Aflibercept-Therapie weit über denjenigen der kostengünstigen Bevacizumab-Gabe. Die Kosten für die Behandlung mit Ranibizumab und Aflibercept sind in etwa vergleichbar.

Obwohl die drei neuen Angiogenesehemmer erst seit kurzer Zeit eingesetzt werden, lässt sich schon jetzt ein Rückgang der Erblindungsraten feststellen. 

Amsler-Gitter zur Früherkennung einer AMD

Der Amsler-Gitter-Test ist die einfachste Methode zur Früherkennung einer möglichen AMD.

Ein Auge abdecken und mit dem anderen den Punkt in der Mitte fixieren (normaler Leseabstand, 30-40 cm). Anschließend das andere Auge testen. Falls einer der folgenden Effekte auftritt, sollte der Augenarzt aufgesucht werden:

  • der Punkt in der Mitte ist nicht zu sehen
  • „Löcher“ oder graue Schleier
  • dunkle oder verschwommene Stellen
  • unterschiedlich große Kästchen
  • verbogene oder verzerrte Linien.

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