Impfen

Den Impfstatus prüfen!

Grundimmunisierung früh beginnen und zeitgerecht abschließen

Von My Hanh Nguyen | Aufgrund der doch häufig unvollständigen Grundimmunisierung bzw. vergessenen Auffrischimpfungen weisen viele Erwachsene erhebliche Impflücken auf. Dabei verlaufen zahlreiche Infektionskrankheiten wie Windpocken und Masern gerade bei Erwachsenen weitaus gravierender als bei Kindern. Um Risiken und Spätfolgen einer Infektionskrankheit zu verhindern und den Aufbau einer Herdenimmunität zu fördern, empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) allen Altersgruppen ihren Impfstatus zu prüfen und wenn nötig die fehlenden Immunisierungen unter Einhaltung der entsprechenden Empfehlungen für das jeweilige Alter unmittelbar nachzuholen. Jetzt hat die STIKO ihre Impfempfehlungen aktualisiert. Neu aufgenommen wurde die Impfung gegen Rotaviren für kleine Kinder.

Die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (RKI) weist immer wieder auf die Bedeutung der Impfungen hin: „Impfungen gehören zu den wirksamsten und wichtigsten präventiven medizinischen Maßnahmen. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich; bleibende unerwünschte gravierende Arzneimittelwirkungen (UAW) werden nur in sehr seltenen Fällen beobachtet. Unmittelbares Ziel einer Impfung ist es, den Geimpften vor einer bestimmten Krankheit zu schützen. Bei einer bevölkerungsweit hohen Akzeptanz und einer konsequenten, von allen Akteuren getragenen Impfpolitik können hohe Impfquoten erreicht werden. Dadurch ist es möglich, einzelne Krankheitserreger regional zu eliminieren und schließlich weltweit auszurotten.“ [1]

Ein Muss: Grundimmunisierung

Die Grundimmunisierung dient zum Aufbau eines Impfschutzes. Dazu werden im Impfkalender Angaben zum empfohlenen Impfalter, den Impfterminen sowie zeitlichen Mindestabständen zwischen zwei Impfungen gemacht. Für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden Impfungen zum Schutz vor Tetanus (T), Diphtherie (D/d), Pertussis (aP/ap), Haemophilus influenzae Typ b (Hib), Poliomyelitis (IPV), Hepatitis B (HB), Pneumokokken, Meningokokken C, Masern, Mumps, Röteln (MMR), Varizellen sowie gegen humane Papillomviren (HPV) und Influenza empfohlen. Neu sind in die aktuellen Empfehlungen die Schluckimpfung mit einem oralen Lebendimpfstoff gegen Rotaviren (RV) für Kinder ab dem Alter von sechs Wochen hinzugekommen (siehe Kasten). In den aktuellen Empfehlungen hat die STIKO bei der Hepatitis-B-Impfung die Dauer des Impfschutzes mithilfe einer systematischen Literaturübersicht über die weltweit verfügbaren Daten bewertet. Sie kommt zu dem Schluss, dass nach einer in der Kindheit oder im Erwachsenenalter erfolgreich durchgeführten Grundimmunisierung gegen Hepatitis B im Allgemeinen keine Auffrischimpfung notwendig ist.

Was ist neu?

  • Rotavirus-Impfung

In den neuen Impfkalender wurde die Empfehlung für eine Rotavirus-Schutzimpfung bei Säuglingen aufgenommen. Es ist eine Schluckimpfung mit einem oralen Lebendimpfstoff. Je nach verwendetem Impfstoff werden ab dem Alter von sechs Wochen zwei (Rotarix®) bzw. drei Dosen (RotaTeq®) in einem Mindestabstand von vier Wochen verabreicht. Die Impfserie sollte je nach Impfstoff bis zur vollendeten 24. oder 32. Lebenswoche beendet sein.

  • Hepatitis-B-Impfung

Die Dauer des Impfschutzes bei der Hepatitis-B-Impfung wurde neu bewertet. Nach einer in der Kindheit oder im Erwachsenenalter erfolgreich durchgeführten Grundimmunisierung ist keine Auffrischimpfung notwendig. Wie bisher wird die Kontrolle des Impferfolgs empfohlen; dabei wird untersucht, ob im Blut eine bestimmte Konzentration von Antikörpern erreicht wird.

  • Influenza-Impfung

Um die Akzeptanz bei Eltern und Kindern zu erhöhen, empfiehlt die STIKO bei der Influenza-Impfung bei Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren, sofern keine Kontraindikation besteht, bevorzugt einen attenuierten Influenza-Lebendimpfstoff zu verwenden, der in die Nase gesprüht wird (Fluenz®). Die Influenza-Impfung wird jetzt nicht nur Personen empfohlen, die eine ungeimpfte Risikoperson betreuen, sondern auch Personen, die eine geimpfte Risikoperson betreuen.

[Quelle: Mitteilung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut/Stand: August 2013 Epidemiologisches Bulletin 34/2013 S. 313–344. www.rki.de]

In der Regel müssen gegebenenfalls in bestimmten Abständen Auffrischimpfungen durchgeführt werden, um diesen Impfschutz ein Leben lang aufrechtzuerhalten, müssen. Diese erhöhen den gesunkenen Antikörpertiter auf ein erforderliches Niveau.

Neben Auffrischimpfungen sollten, wenn indiziert, noch weitere Schutzimpfungen durchgeführt werden (Indikationsimpfung). Dabei ist es die Aufgabe des Apothekers und des Arztes, die Patienten über notwendige Impfungen zu informieren. Der impfende Arzt muss zudem eine Anamnese und Impfanamnese erheben, in der die aktuellen Befindlichkeiten erfragt werden, um akute Erkrankungen sowie mögliche Kontraindikationen auszuschließen. Nach der Impfung sollte der Arzt die Impfung im Impfausweis dokumentieren bzw. eine Impfbescheinigung ausstellen. Um einen lang andauernden Impfschutz zu erreichen, muss bei der Grundimmunisierung der empfohlene Mindestabstand (in der Regel sechs Monate) zwischen vorletzter und letzter Impfung eingehalten werden. Dabei sind alle erhaltenen Impfungen gültig, das heißt es gibt keine zu großen Impfabstände. So muss bei einer Grundimmunisierung, die für Jahre unterbrochen wurde, oder eine nicht rechtzeitig durchgeführte Auffrischimpfung (z.B. gegen Diphtherie, Tetanus, Poliomyelitis) die Impfserie nicht neu begonnen werden.

Indikationsimpfungen werden in besonderen epidemiologischen Situationen oder bei erhöhtem Infektionsrisiko empfohlen. Durch sie soll eine Immunität gegen weitere Infektionskrankheiten erreicht werden, gegen die nicht bereits in der Grundimmunisierung ein Schutz aufgebaut wurde. Zu den Indikationsimpfungen gehören Reiseimpfungen, die zum individuellen Schutz empfohlen werden oder basierend auf internationalen Gesundheitsvorschriften erforderlich sind (z.B. Gelbfieber-Impfung).

Impfschutz für Erwachsene

In den vergangenen Jahren wurde der Impfschutz von Erwachsenen oft vernachlässigt. Dabei sollten nicht nur Kinder, sondern Menschen jeden Alters einen ausreichenden Impfschutz erhalten. Dies ist nur möglich durch eine vollständige Grundimmunisierung, die darauf folgenden, gegebenenfalls notwendigen Auffrischimpfungen und die individuell erforderlichen Indikationsimpfungen. Erwachsene sollten im Leben mindestens dreimal gegen Diphtherie, Tetanus und Poliomyelitis geimpft worden sein. Um einen ausreichenden Impfschutz zu erhalten, müssen Impfungen gegen Wundstarrkrampf und Diphtherie alle zehn Jahre aufgefrischt werden. Gegen die Kinderlähmung ist üblicherweise eine einmalige Auffrischung ausreichend. Weiterhin empfiehlt die STIKO bei der nächsten Diphtherie- und Tetanus-Auffrischung als Kombinationsimpfstoff gleichzeitig auch gegen Keuchhusten zu immunisieren [3]. Bei den Masern wird eine einmalige Impfung für alle nach 1970 geborenen Personen ≥ 18 Jahre mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit, vorzugsweise mit einem MMR-Impfstoff empfohlen. Jungen Frauen wird als Standardimpfung eine Impfung gegen das humane Papillomvirus (HPV) empfohlen.

Impfschutz für Senioren

Senioren besitzen häufig keinen Schutz mehr gegen Diphtherie und Tetanus, da die Fristen für die notwendigen Auffrischimpfungen überschritten sind. Es wird auch hier empfohlen, in einer Dreifachimpfung gleichzeitig gegen Pertussis zu impfen. Zudem sollte mindestens eine Auffrischung gegen Kinderlähmung erfolgen. Da im Alter die Immunabwehr abnimmt, wird Personen ab 60 Jahren eine Impfung gegen Pneumokokken und Influenza empfohlen [4]. Die Influenza stellt besonders für immungeschwächte Personen eine Gefahr dar. Die Grippeviren besiedeln die Lunge und zerstören das Lungengewebe, sodass Bakterien in tiefere Gewebeschichten der Lunge eindringen, sich vermehren und eine Lungenentzündung verursachen können.

Pneumokokken können neben Hirnhaut-, Nebenhöhlen- und Mittelohrentzündungen auch insbesondere bei Personen ab 60 Jahren zu Lungenentzündungen führen. Lungenentzündungen verlaufen besonders bei älteren Personen häufig lebensbedrohlich, was nochmals die Wichtigkeit der Impfung unterstreicht.

Interview: Wie sieht die Impflage in Deutschland aus?

Foto: privat
Miriam Wiese-Posselt

Die Diskussion um eine Impfpflicht macht immer wieder Schlagzeilen. Doch wie sieht es mit der Impfbereitschaft in Deutschland aus? Darüber sprachen wir mit Dr. med. Miriam Wiese-Posselt, die am Robert Koch-Institut (RKI) im Fachgebiet „Impfprävention“ u.a. für die Geschäftsstelle der Ständigen Impfkommission tätig ist.

DAZ: Wie gefährlich ist es, sich nicht impfen zu lassen?

Wiese-Posselt: Es können schwerste Infektionskrankheiten, die in der Vor-Impfära häufig zu bleibenden Schäden oder auch zum Tode geführt haben, durch Impfungen verhindert und teilweise ausgerottet werden. Die Impfung hat daher einen großen Beitrag zur Gesundheit der Bevölkerung geleistet und man sollte sich immer wieder ins Bewusstsein rufen, wie wertvoll die Impfprävention ist. Vor allem wenn man berücksichtigt, dass wir sehr moderne, nebenwirkungsarme Impfstoffe zur Verfügung haben. Impfstoffe können Nebenwirkungen haben. Aber in Anbetracht der möglichen Folgen einer Infektion fällt das Nutzen-Risiko-Verhältnis meiner Meinung nach ganz klar zugunsten der Impfung aus.

DAZ: Wie schätzen Sie die Impflage in Deutschland ein?

Wiese-Posselt: Es gibt einerseits erfreuliche Aspekte in der Impfintervention in Deutschland, andererseits auch Bereiche, in denen wir noch Handlungsbedarf sehen. Positiv sind z.B. die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen. Diese zeigen eine im Vergleich zum letzten Jahr deutlich verbesserte Impfquote der Kinder. So haben bereits vor Schulantritt über 95% der Kinder die erste und 92% die zweite Masernimpfung erhalten. Weniger zufrieden sind wir mit der Impfquote bei Erwachsenen. Die in den letzten Monaten und Wochen vermehrt aufgetretenen Maserninfektionen haben gezeigt, dass insbesondere junge Erwachsene keinen ausreichenden Impfschutz besitzen. Zudem sehen wir ein Problem bei den Auffrischimpfungen gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis, da diese von vielen Erwachsenen nicht regelmäßig wahrgenommen werden. Besonders bei älteren Personen finden wir häufig keinen ausreichenden Schutz gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten. Auch bei der Influenza-Impfung sind wir nicht ganz zufrieden. So sollten junge Erwachsene sich gegen Influenza impfen lassen, wenn sie einer Risikogruppe angehören. Erfreulicher ist die Lage bei Personen über 60, die höhere Impfquoten aufweisen als junge Erwachsene mit erhöhtem Erkrankungsrisiko.

DAZ: Besonders der Pertussis-Status ist in Westdeutschland sehr schlecht. Gibt es eine Erklärung dafür, dass der Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten vor allem in Krankenhäusern so wenig verwendet wird? Sind dort schlechte Erfahrungen gemacht worden?

Wiese-Posselt: Pertussis wurde lange in Westdeutschland nicht empfohlen. In der DDR war die Pertussis-Impfung Pflicht. Nach der Wende hatte man schnell festgestellt, dass auch in Westdeutschland gegen Pertussis geimpft werden sollte. Es wurden dann primär Kinder geimpft. Erwachsene hingegen nicht, da viele diese Erkrankung durchgemacht hatten und man der Meinung war, der Schutz würde ausreichen. Aber es hat sich gezeigt, dass weder nach der Pertussis-Impfung noch nach einer durchgemachten Erkrankung ein lang anhaltender Schutz besteht: nach fünf bis zehn Jahren ist der Schutz deutlich reduziert. Es wurden daher Auffrischimpfungen primär für Kinder und Jugendliche eingeführt. Seit 2009 sollen auch alle Erwachsenen sich bei der nächstfälligen Tetanus- und Diphtherie-Impfung gleichzeitig gegen Keuchhusten impfen lassen. Da diese Impfempfehlung erst seit einigen Jahren existiert, können wir noch nicht sagen, wie gut die Pertussis-Impfung angenommen wird. Seit 2009 oder in den Jahren zuvor sind etwa ein Drittel der Erwachsenen gegen Pertussis geimpft. Das ist natürlich nicht befriedigend. Es gibt vor allem Schwierigkeiten in den Notfallambulanzen hinsichtlich der Abrechnung des Kombinationsimpfstoffes gegen Tetanus, Diphtherie und Pertussis. Bei berufsbedingten Unfällen besteht das Problem, dass Unfallversicherungen nur die Tetanusimpfung zahlen möchten und nicht die teurere Dreifachkombination. In den 90er Jahren wurde der azelluläre Pertussis-Impfstoff eingeführt. Diese neue Vakzine hat ein geringeres Nebenwirkungsspektrum als der anfänglich verwendete zelluläre Impfstoff. Die geringe Pertussis-Impfquote insbesondere in den Krankenhäusern liegt somit nicht am Impfstoff selbst sondern ist viel mehr ein Problem der Abrechnung.

DAZ: 2011 wurden ca. 1700 Verdachtsmeldungen über Komplikationen bei Impfungen gemeldet, gibt es dazu aktuelle Zahlen aus 2012?

Wiese-Posselt: Diese Zahlen beschreiben Verdachtsfälle, die von Ärzten und neuerdings auch direkt von Patienten an das Paul-Ehrlich-Institut gemeldet worden sind. Das PEI begutachtet u.a. die Impfstoffsicherheit und es versucht herauszufinden, wie viele der Verdachtsmeldungen im kausalen Zusammenhang mit der Impfung stehen. Im Rahmen der Pharmakovigilanzprüfung stellt sich dann meistens heraus, dass die Mehrzahl dieser Verdachtsmeldungen zwar im zeitlichen, aber nicht im kausalen Zusammenhang mit der Impfung stehen. Die Verdachtsmeldungen der letzten Jahre liegen im Allgemeinen in einem Bereich von 1500 bis 1800 Fälle. Die Daten für 2012 liegen noch nicht vor, sie werden vom Paul-Ehrlich-Institut veröffentlicht.

DAZ: Würde das RKI es begrüßen, wenn Apotheker, wie in anderen Ländern schon möglich, auch Impfen dürften?

Wiese-Posselt: Dies ist eine Frage der Berufspolitik und ich kann sie nicht beurteilen. Meiner Ansicht nach wäre es sinnvoll, eine gute Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern zu schaffen. Zum Beispiel könnte der Apotheker den Kunden auf eine Impfung hinweisen. Dann die Lieferung des Impfstoffes und den Termin der Impfung mit dem Arzt abklären, um so den Weg zur Impfung für den Patienten möglichst einfach und bequem zu gestalten. Dies könnte die Impfbereitschaft der Bevölkerung steigern. Wichtig ist, dass die Apotheker sich stets fort- und weiterbilden, sodass sie gut über die auf dem Markt befindlichen Impfstoffe informiert sind, um Fragen der Patienten zuverlässig beantworten zu können.

DAZ:  Frau Dr. Wiese-Posselt, herzlichen Dank für das Gespräch!

Impfschutz für Frauen mit Kinderwunsch

Ein umfangreicher Impfschutz während der Schwangerschaft dient der Gesundheit von Mutter und Kind. Andererseits ist zu beachten, dass viele Impfungen während der Gravidität kontraindiziert sind. Das gilt vor allem für Impfungen mit Lebendimpfstoffen. Daher sollte der Impfschutz vor einer Schwangerschaft rechtzeitig geprüft werden [9]. Frauen im gebärfähigen Alter wird folgender Impfschutz empfohlen:

  • Grundimmunisierung gegen Diphtherie und Tetanus, danach alle zehn Jahre Auffrischimpfungen,
  • eine Pertussis-Impfung mit der nächsten fälligen Diphtherie und Tetanus-Impfung,
  • Grundimmunisierung gegen Polio und mindestens eine Auffrischimpfung,
  • ein ausreichender Schutz gegen Masern, Mumps und Röteln sollte vorliegen, wobei die Rötel-Impfungen in jedem Fall zweimal erfolgt sein sollte,
  • noch nicht gegen Windpocken immunisierte Frauen erhalten zwei Impfungen im Mindestabstand von vier Wochen (optimal sechs Wochen).

Impfungen in der Schwangerschaft

Lebendimpfstoffe z.B. zur Immunisierung gegen Varizellen oder Masern-Mumps-Röteln sind ab drei Monate vor und während der gesamten Schwangerschaft kontraindiziert. Totimpfstoffe wie z.B. gegen Diphtherie, Tetanus, Influenza, Hepatitis A und B sowie Pertussis sind vor und während einer Schwangerschaft geeignet. Es ist jedoch darauf zu achten, im ersten Trimenon nur dringend notwendige Impfungen durchzuführen, damit die in der Frühschwangerschaft häufig auftretenden Spontanaborte nicht fälschlicherweise auf die Impfung zurückgeführt werden können, was die Patientinnen psychisch noch stärker belasten würde. Schwangere sollten den saisonalen Influenza-Impfstoff bevorzugt ab dem zweiten Trimenon erhalten. Nur bei einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung durch Grunderkrankungen wie Diabetes oder Asthma wird eine Impfung gegen Influenza ab dem ersten Drittel der Schwangerschaft empfohlen [10, 11].

Welche Impfung für den Urlaub und wer trägt die Kosten?

Die STIKO gibt nur generelle länderunspezifische Reiseempfehlungen. Das Reiseland und die Art der Reise sind aber entscheidend zur Festlegung der notwendigen Impfungen. Über die individuell erforderlichen Impfungen informieren reisemedizinische Beratungsstellen wie Tropeninstitute, Gesundheitsämter oder spezialisierte Arztpraxen. Auch das Auswärtige Amt gibt Auskunft über aktuelle gesundheitliche Gefährdungen in den Reiseländern. Reisende sollten sich mindestens sechs Wochen vor der Reise beraten lassen, damit die für das Reiseziel erforderlichen Impfungen durchgeführt werden können und genügend Zeit bleibt, um einen Impfschutz aufzubauen. Je nach Impfung kann dies Tage bis Wochen dauern. Viele Fernreiseziele befinden sich in tropischen Regionen, die durch ihre klimatischen Gegebenheiten optimale Bedingungen für Erreger gefährlicher Infektionskrankheiten bieten. Damit keine lebensgefährlichen Krankheiten verbreitet und Reisende geschützt werden, sind Reiseimpfungen wie die Gelbfieberimpfung in gewissen Ländern gesetzlich vorgeschrieben. Reisende in Asien, Afrika oder Lateinamerika sollten generell gegen Hepatitis A und auch gegen Polio, Typhus sowie Tollwut geimpft sein. Eine Immunisierung gegen Hepatitis B ist bei einem längeren Aufenthalt sinnvoll. Gegen die durch Mücken übertragene Japanische Enzephalitis sollte bei Reisen in ländliche Gebiete Süd- und Süd-Ost-Asiens geimpft werden. Auch eine Schluckimpfung gegen Cholera bei Reisen nach Afrika und Süd-Asien kann sinnvoll sein. Im tropischen Afrika, südlich der Sahara, ist das Risiko einer Meningokokken-Infektion besonders hoch. Impfungen sind auch bei näheren Reisezielen häufig empfehlenswert. Bei Urlauben in Deutschland (z.B. Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg), Österreich, Schweiz oder Osteuropa, die mit naturnahen Unternehmungen wie Wandern verbunden sind, ist eine FSME-Schutzimpfung angebracht. Da in Ost- und Südosteuropa die Gefahr einer Infektion mit Tollwut besteht, sollte man sich vorher impfen lassen und streunende Tiere meiden.

Der Schutzimpfungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses entsprechend werden Reiseimpfungen meistens nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet, da sie keine Standardimpfungen sind. Viele Krankenkassen übernehmen aber freiwillig die Kosten für empfohlene Reiseschutzimpfungen.

Impfstatus von Erwachsenen in Deutschland

In Deutschland besteht keine Impfpflicht. Die STIKO spricht lediglich Impfempfehlungen aus. Nach den jüngsten Masernerkrankungen wird eine Impfpflicht aktuell vermehrt diskutiert und ist vom Bundesgesundheitsminister nicht mehr ausgeschlossen worden. Die Entscheidung sich impfen zu lassen beruht auf der individuellen Abwägung von Nutzen und Risiko jeder Einzelperson [12, 13, 14]. Impfungen schützen aber nicht nur die Gesundheit des Einzelnen, sondern bringen darüber hinaus der gesamten Bevölkerung gesundheitlichen Nutzen. Man spricht von der Herdenimmunität, die erst durch hohe Impfquoten aufgebaut werden kann. Durch diesen kollektiven Schutz können Personen, bei denen eine Impfung kontraindiziert wäre, weil sie möglicherweise zu jung sind oder an einer Grunderkrankung leiden, vor einer Infektion geschützt werden. Impfquoten werden in Deutschland nicht über ein Register erfasst. Im Mai dieses Jahres publizierte das RKI die Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Ziel dieser Studie war die Durchimpfungsrate für die von der STIKO empfohlenen Standardimpfungen und ausgewählter Indikationsimpfungen zu erfassen und die Unterschiede des Impfstatus nach Alter, Geschlecht und Sozialstatus in der deutschen Bevölkerung darzulegen. Die Impfdaten wurden aus Auswertungen von Impfpässen und Befragungsdaten generiert. Geringere Impfraten wurden bei Erwachsenen mit niedrigem sozioökonomischem Status, bei älteren Menschen und in Westdeutschland lebenden Personen gefunden. Des Weiteren zeigte die Studie einen besseren Impfstatus gegen Tetanus und Diphtherie als noch vor zehn Jahren. Dennoch sind 43% der Bevölkerung nicht gegen Diphtherie immunisiert worden und 29% haben in den letzten zehn Jahren keine Tetanusimpfung erhalten. In Westdeutschland sind lediglich 12% der Frauen und 10% der Männer in den letzten zehn Jahren gegen Pertussis geimpft worden, in den neuen Bundesländern liegt die Impfrate doppelt so hoch. Seit 2009 besteht eine Empfehlung bei der nächsten Tetanusimpfung zeitgleich auch gegen Pertussis zu impfen, daher wird in den kommenden Jahren ein Anstieg der Impfrate erwartet. Die STIKO empfiehlt, Menschen mit chronischen Erkrankungen, beruflicher Exposition zu Grippeviren und Personen über 60 Jahren mit saisonal angepasstem Impfstoff impfen zu lassen. Die Ergebnisse der DEGS1 zeigten bei älteren Personen eine im Vergleich zu jüngeren Menschen erhöhte Durchimpfung gegen Influenza, jedoch liegt selbst die Lebenszeitprävalenz der Personen über 60 Jahre weit unter der von der WHO empfohlenen jährlichen Impfrate von 75%.

Lokale Impfreaktionen

Im Rahmen der ärztlichen Eingriffe haben Impfungen einen Sonderstatus, da sie zum einen an gesunden Personen durchgeführt werden und zum anderen zu den häufigsten präventiven medizinischen Maßnahmen gehören. Zudem treten viele Krankheiten durch erfolgreiche Impfprogramme nicht oder nur noch selten auf, sodass die Erkrankung und ihre Folgen in Vergessenheit geraten. Als Konsequenz rücken die Nebenwirkungen der Impfungen in den Vordergrund, die dann häufig überbewertet werden. Innerhalb der ersten 72 Stunden nach einer Impfung können Lokalreaktionen wie Rötung, Schwellung und Schmerz an der Injektionsstelle oder Allgemeinreaktionen wie z.B. Fieber, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen oder allgemeines Unwohlsein auftreten. Schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach Impfungen sind äußerst selten. Sie basieren häufig auf individuellen gesundheitlichen Gegebenheiten des Patienten (z.B. Immundefizienz) und treten mit einer Häufigkeit von einer Komplikation in mehreren 100.000 verabreichten Impfungen sehr selten auf [2, 15, 16]. Qualitätskontrollen in der Herstellung sowie im Zulassungs- und Freigabeverfahren durch nationale und internationale Institutionen mindern das Impfrisiko. So treten Impfkomplikationen aufgrund fehlerhafter Herstellung weitestgehend nicht mehr auf. 

Quelle

 [1] Epidemiologisches Bulletin 34/2013. Stand: August 2013. Robert Koch-Institut www.rki.de

 [2] Schutzimpfungen – 20 Einwände und Antworten des Robert Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts. Stand: Mai 2007. Robert Koch-Institut www.rki.de

 [3] Impfschutz für Erwachsene. Stand: August 2012. Deutsches Grünes Kreuz www.dgk.de

 [4] Impfschutz für Senioren. Stand: April 2013. Deutsches Grünes Kreuz www.dgk.de

 [5] Impfschutz für Berufstätige. Stand: April 2013. Deutsches www.dgk.de

 [6] Impfschutz für Reisende. Stand: April 2012. Deutsches Grünes Kreuz www.dgk.de

 [7] Reiseimpfung. Stand: April 2012. Robert Koch-Institut www.rki.de

 [8] Info-Flyer Reiseimpfungen. Centrum für Reisemedizin www.crm.de

 [9] Impfschutz für Frauen mit Kinderwunsch. Stand: April 2013. Deutsches Grünes Kreuz www.dgk.de

[10] Impfschutz für Schwangere. Stand: April 2013. Deutsches Grünes Kreuz www.dgk.de

[11] Kann in der Schwangerschaft und Stillzeit geimpft werden? Stand: November 2012. Robert Koch- Institut www.rki.de

[12] Poethko-Müller C, Schmitz R. Impfstatus von Erwachsenen in Deutschland Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1).Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2013; 56: 845-857.

[13] Brewer NT, Chapman GB, Gibbons FX et al. Meta-analysis of the relationship between risk perception and health behavior: the example of vaccination. Health Psychol 2007; 26: 136-145.

[14] Brown KF, Kroll JS, Hudson MJ et al. Factors underlying parental decisions about combination childhood vaccinations including MMR: a systematic review. Vaccine 2010; 28: 4235-4248.

[15] Heininger U. Risiken von Infektionskrankheiten und der Nutzen von Impfungen. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2004; 47: 1129-1135.

[16] Dittmann S. Risiko des Impfens und das noch größere Risiko, nicht geimpft zu sein. Bundesgesundheitsblatt -Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 2002; 45: 316-322.

[17] SurvStat@RKI. Stand: 5. August 2013. Robert Koch-Institut www3.rki.de/SurvStat

 

Autorin

My Hanh Nguyen Von 2005 bis 2009 Studium der Pharmazie an der FU Berlin. 2010 sechsmonatiges Praktikum an der University of Florida, USA. Die Approbation erfolgte 2011. Seit 2011 Doktorandin an der Charité Berlin in Kooperation mit der Freien Universität Berlin bei Prof. Dr. Matthias Taupitz und Prof. Dr. Rainer Müller.

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