Arzneimittel und Therapie

Geringeres Risiko für primären Hyperparathyreoidismus

Frauen profitieren von Calciumzufuhr

Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie mit Daten der Nurses’ Health Study I wurde seit Beginn im Jahr 1986 bis 2008 bei insgesamt 277 Frauen ein primärer Hyperparathyreoidismus diagnostiziert. Da im Rahmen dieser Kohortenstudie auch regelmäßig alle vier Jahre semiquantitativ die Aufnahme von Calcium über Nahrung und Supplemente erfasst wird, sind die Forscher um Julie Paik in Boston der Frage nachgegangen, ob die Calciumzufuhr einen Einfluss auf die Entstehung eines primären Hyperparathyreoidismus hat.

Ein primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT) entsteht durch eine Erkrankung der Nebenschilddrüse. Dabei wird das Parathormon, das den Calciumspiegel konstant hält, im Überschuss gebildet. Die von der Nebenschilddrüse abgegebene Menge Parathormon wird über den Calciumspiegel reguliert: Bei Mangel wird vermehrt Parathormon freigesetzt; ist Calcium ausreichend vorhanden, wird die Sekretion gehemmt. Frauen, die regelmäßig über 500 mg Calcium täglich aufnahmen, hatten ein geringeres Risiko, an pHPT zu erkranken. Foto: Cramer-Gesundheits-Consult

Dafür wurden die insgesamt über 58.000 Teilnehmerinnen an dieser Studie in fünf Untergruppen je nach durchschnittlicher Aufnahme an Calcium sowohl über die Nahrung als auch als Supplement aufgeteilt. Es zeigte sich, dass eine erhöhte Calciumzufuhr mit einem geringeren Auftreten von primärem Hyperparathyreoidismus assoziiert ist. Dabei wurden Alter, Körpergewicht, Art der Ernährung und weitere Faktoren bei der Auswertung berücksichtigt.

Hyperparathyreoidismus tritt vor allem bei Frauen in der Menopause auf. Das Parathormon, das für einen konstanten Calciumspiegel im Blut sorgt, wird bei dieser Erkrankung im Überschuss gebildet. Die Folge sind wegen der dann verstärkten Mobilisierung von Calcium aus den Knochen Osteoporose und Nierensteine. Bei Frauen, die nach Auswertung der Studiendaten regelmäßig über 500 mg Calcium täglich aufnahmen, sank das Risiko der Überfunktion der Nebenschilddrüse um 44% im Vergleich zu der Gruppe der Frauen mit der durchschnittlich geringsten Calciumaufnahme. Kein Effekt konnte allerdings auf das Auftreten von Osteoporose und Nierensteinen beobachtet werden.

Ob die sehr eng gewählten Diagnosekriterien (Adenom-Resektion oder andauernd hohe Calciumspiegel im Blut, wenn der Parathormonspiegel nicht medikamentös gesenkt wurde) allerdings tatsächlich alle Frauen mit primärem Hyperparathyreoidismus in dem Studienkollektiv einschließen konnte, ist fraglich. Die geschätzte Inzidenz für postmenopausale Frauen liegt bei etwa 2%.

Nur Tendenz erkennbar

Deshalb schließt die Forschergruppe für ihre Studie einen Selektionsbias nicht aus. Die Daten sind zudem nur für weißhäutige Frauen aussagekräftig, da in den Gruppen die Anzahl von Frauen mit anderer Hautfarbe zu gering ist. Ein weiterer Schwachpunkt der Studie ist, dass die Calciumaufnahme lediglich im Rahmen der Selbstauskunft der Teilnehmerinnen erfasst wurde. Um valide Ergebnisse zum Einfluss des Calciums auf das Entstehen eines primären Hyperparathyreoidismus zu erhalten, wäre eine Interventionsstudie notwendig. Außerdem könnten auch weitere Lifestyle- und Umweltfaktoren einen Einfluss haben. So tranken die Frauen mit der hohen Calciumaufnahme weniger Alkohol, und auch der Nichtraucheranteil war höher, was auf ein insgesamt gesundheitsbewussteres Verhalten hinweisen könnte.


Quelle

Paik, J. M, Curhan, G. C., Taylor, E. N.: Calcium intake and risk of primary hyperparathyroidism in women: prospective cohort study. BMJ (2012) 345: e6390 doi: 10.1136/bmj.e6390 (Published 18 October 2012).


Apothekerin Dr. Constanze Schäfer, MHA



DAZ 2012, Nr. 46, S. 42

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