Gesundheitspolitik

Gefährliches Angebot

Dass die Koalitionsvereinbarung, Pick up von Arzneimitteln in Drogeriemärkten und anderen Verkaufsstellen zu verbieten, bis jetzt noch nicht umgesetzt wurde, scheint wenigstens ein bisschen ein schlechtes Gewissen bei dem einen oder anderen Regierungspolitiker hervorzurufen. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass sich unlängst sogar Bundesinnenminister Friedrich mit einem Vorschlag zu Wort meldete, das politische Versprechen zu erfüllen. Für ein Verbot – nach seiner Auffassung verfassungsrechtlich nicht haltbar – sehe er zwar nach wie vor keine Chance, ließ er in einem Brief an den CSU-Gesundheitspolitiker Singhammer wissen, aber vielleicht könne man ja über einen Umweg durch weniger einschneidende Regelungen Pick up zumindest eindämmen. Sein Vorschlag: "Sollten bei der Arzneimittelabgabe über Pick-up-Stellen Sicherheitsdefizite zu befürchten stehen, könnte diesen über eine Verschärfung der Lagerungs-, Versand- oder Abholungsregelungen begegnet werden", so sein Ansatzpunkt.

Klingt zunächst verlockend. Klar gibt es bei Pick up Sicherheitsdefizite und andere Probleme. Aber kann es Sinn machen, diesen Vertriebsweg zu etablieren und zu zementieren, indem man versucht, ihn sicherer zu machen? Kann es helfen, Lagerung, Versand und Abholung durch Auflagen zu verschärfen? Mit Sicherheit nicht. Eines der Hauptprobleme wäre damit nicht beseitigt, nämlich: Im Bewusstsein der Verbraucher würde noch stärker verankert, Arzneimittel können auch über Drogerie- und Supermärkte bezogen werden. Solche Verkaufsstellen avancieren dann zur vielzitierten "Apotheke light". Genau das darf nicht passieren. Wir brauchen in Deutschland keine Arzneimittelabgabestellen außerhalb von Apotheken. Selbst wenn Lagerung und Abholung durch Auflagen verschärft würden, eine Beratung könnte dort niemals erfolgen. Überhaupt, wie passt Pick up und die neue Apothekenbetriebsordnung zusammen, die doch gerade die Anforderungen an eine Beratung für die Apotheke erhöht?

Friedrichs Sirenenklängen nachzugeben, wäre töricht. Man braucht nur ein wenig weiter zu denken: Liebend gern würde so mancher Discounter selbst verschärfte Bedingungen erfüllen, um dann den zweiten Schritt in Richtung Apotheke light zu tun und zu fordern: alle OTCs in den Drogeriemarkt. Schon heute schielen Discounter und der Lebensmitteleinzelhandel auf dieses Sortiment. Also, Finger weg von Friedrichs Vorschlag.


Peter Ditzel



AZ 2012, Nr. 24, S. 1

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.