Wir müssen Pick ups den Boden entziehen

Politiker würdigen Apotheker und wollen ihre Kompetenzen künftig besser einsetzen

Düsseldorf (ks). Die Vertreter der Politik hatten zur Eröffnung des Apothekertages und drei Tage vor der Bundestagswahl viele freundliche Worte für die Apotheker übrig. Unisono begrüßten sie das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Fremdbesitzverbot. Ebenso einig zeigten sie sich darin, dass die zu beobachtenden Auswüchse bei den Bestell- und Abholstellen von Versandapotheken nicht akzeptabel sind. Auseinander gingen die Meinungen jedoch darin, wie diesem Problem zu begegnen ist.

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betonte, er habe sich stets für die inhabergeführte und mittelständische Apotheke eingesetzt. Von Apothekenketten in Hand von Kapitalgesellschaften hält er dagegen nichts: "Warum sollten wir ändern, was gut funktioniert?" Zugleich bedauerte er, dass der Arzneimittelversandhandel hierzulande noch immer erlaubt ist. Er hatte bereits Anfang 2007 eine Bundesratsinitiative gestartet, mit dem der Rx-Versand verboten werden sollte – diese blieb jedoch erfolglos. Nun will Laumann zumindest dafür sorgen, dass Pick-up-Stellen "rechtlich der Boden entzogen wird". "Patient, Arzneimittel und vertrauliche Beratung in der Apotheke gehören für mich zusammen", betonte er. Denn was nutze ein aufwendig hergestelltes Arzneimittel, wenn der Patient es nicht richtig einnehme? Die Arzneimitteltherapie könne vielmehr nur effizient und wirksam sein, wenn eine individuelle Beratung stattfinde. Und diese könne an einer Tankstelle oder in einer Drogerie nicht geleistet werden. In diesem Sinne appellierte Laumann an die Apotheken, die Qualität ihrer Arbeit zu verbessern: "Wer eine Apotheke betritt, sollte spüren, dass er bei einem Heilberufler und nicht bei einem Einzelhändler ist."

"Kästen" beraten nicht

Der Gesundheits-Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder verteidigte dagegen den Versandhandel. Er betonte, dass es seit seiner Einführung "keine Massenschließungen" von Apotheken gegeben habe. Auch der Anteil des Versandes am Gesamtmarkt liege noch immer bei nicht viel mehr als einem Prozent. Dennoch sei der Versand eine "Ergänzung, die für manche Patienten, etwa chronisch Kranke, notwendig ist". Zugleich machte aber auch Schröder deutlich, dass den Auswüchsen bei Bestell- und Abholstellen begegnet werden müsse. Konzepte wie Apotank seien "nicht akzeptabel". Mit der 15. AMG-Novelle habe man den nötigen Ordnungsrahmen noch nicht auf den Weg bringen können. "In der nächsten Legislaturperiode müssen wir jedoch einen rechtlichen Rahmen schaffen, damit bestimmte Absatzwege nicht mehr zur Verfügung stehen", betonte Schröder. Die SPD-Abgeordnete Dr. Marlies Volkmer sieht das Pick-up-Problem schärfer. Sie sieht die Politik, in der Verantwortung, für einen rechtlichen Rahmen zu sorgen, der die hohe Qualität der Arzneimittelversorgung aufrecht erhält oder verbessert. Und zu einer Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit führe es sicher nicht, wenn Rezeptbriefkästen weiterhin zulässig sind, betonte sie: "Kästen beraten nicht. Und auch im Drogeriemarkt findet keine Beratung statt." Die SPD-Politikerin versicherte, sich nach der Wahl für eine Lösung dieser wichtigen Frage einzusetzen. Darüber hinaus sprach sie sich für eine stärkere Einbeziehung von Apotheken in Integrierte Versorgungsverträge aus: "Würden Apotheken zum festen Bestandteil der Integrierten Versorgung, könnte ihre Kompetenz am besten genutzt werden."

Rabattverträge: Bestandsaufnahme nötig

Auch der CSU-Politiker Wolfgang Zöller hält Pick-up-Stellen für nicht akzeptable Auswüchse, denen durch gesetzliches Handeln begegnet werden müsse. Mit dem Koalitionspartner SPD sei dies aber nicht gelungen. Der Vorschlag des BMG, Qualitätskriterien für Pick-up-Stellen in Gewerbebetrieben festzuschreiben, hätte die Probleme nicht gelöst, betonte Zöller. Auf diese Weise hätte man lediglich eine "Apotheke light" und damit eine Parallelstruktur etabliert. Zöller äußerte sich überdies kritisch zu den Rabattverträgen der Krankenkassen: Ursprüngliches gesetzgeberisches Ziel sei es gewesen, Rabatte für hochpreisige Arzneimittel zu generieren, die keiner anderen Regelung zugänglich sind. Doch die Kassen konzentrierten sich auf Generika und setzten dabei ausschließlich auf die Preiskomponente. "Das ist keine Zukunftslösung", so der Unionspolitiker. Mit Recht werde auch die mangelnde Transparenz und der Umsetzungsaufwand der Rabattverträge bemängelt. Auch dass es Compliance-Probleme gebe, sei klar. "Im Moment bestimmt die Krankenkasse, welches Arzneimittel jemand bekommt – das kann nicht der richtige Weg sein", meint Zöller. Daher sei es notwendig, zum Jahresende eine Bestandsaufnahme zu machen und genau zu schauen, ob Einsparungen und Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. "Nach dieser Analyse werden wir sicherlich deutlich nachbessern müssen", prognostiziert Zöller.

Vorsicht vor "Hecken-Schützen"

Der FDP-Politiker Daniel Bahr teilt Zöllers Auffassung, was die vom BMG vorgeschlagenen Qualitätskriterien für Rezeptsammelstellen betrifft: "Wir wollen nicht ein bisschen Apotheke. Wenn Apotheke, dann richtig Apotheke!" Daher will er für ein Pick-up-Verbot weiterkämpfen. Im letzten Jahr habe seine Fraktion bereits einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet, der aber keine Mehrheit im Parlament fand. Bahr zufolge hieß es damals sowohl in der Union als auch in der SPD, man würde dem Antrag gerne zustimmen – dies gehe jedoch "mit Rücksicht auf den Koalitionspartner" nicht. Nun hofft Bahr auf eine neue Koalition, mit der den Pick-up-Stellen einvernehmlich ein Ende gesetzt werden kann und betonte, Wettbewerb könne nur unter fairen Bedingungen funktionieren. Abholstellen leisteten bei Weitem nicht, was Apotheken leisten. Sollte es nach der Wahl für eine schwarz-gelbe Koalition reichen, so wird die Hoffnung bei den Apothekern groß sein, dass das Ministerium der FDP zugeschlagen wird. Jedenfalls, so Bahr, sollte man aufpassen, dass keine "Hecken-Schützen" lauern.

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