Prisma

Fehlender Kitt macht die Haut extrem empfindlich

Selbst sanfte Berührungen sind für Patienten, die an der "Schmetterlingskrankheit" leiden, der genetisch bedingten Hautkrankheit Epidermolysis Bullosa, äußerst schmerzhaft. Jetzt haben Forscher vom Max-Delbrück-Centrum (MDC) in Berlin-Buch die Ursachen dafür entdeckt.

Kleinste Berührungen fühlen sich an wie Nadelstiche, der Körper ist von Blasen übersät, die Haut an vielen Stellen entzündet. Patienten mit Epidermolysis Bullosa – auch Schmetterlingskrankheit genannt, weil die Haut der Betroffenen so empfindlich ist, wie die Flügel von Schmetterlingen – haben große Schmerzen und kaum eine Chance, ein normales Leben zu führen. Durch einen genetischen Defekt löst sich bei den Patienten die Epidermis von der darunterliegenden Dermis ab, und es bilden sich Blasen. Den Betroffenen fehlt das Strukturmolekül Laminin-332, das normalerweise wie eine Art Zellkitt die beiden Hautschichten miteinander verbindet. Nach neuesten Ergebnissen der MDC-Forscher übernimmt Laminin-332 bei Gesunden noch weitere wichtige Funktionen: In Versuchen mit Zellkulturen stellten die Forscher fest, dass ein Berührungsreiz bei Nervenzellen, die nicht von Laminin-332 umgeben sind, Ionenströme auslöst. Bei Nervenzellen mit Laminin-332 traten wesentlich weniger Ionenströme auf. Laminin-332 setzt offenbar den Zugmechanismus zur Öffnung der Ionenkanäle größtenteils außer Kraft und hemmt so die Reizweiterleitung. Weil Patienten mit Epidermolysis Bullosa Laminin-332 fehlt, ist bei ihnen die Reizweiterleitung ungebremst. Ihre sensorischen Nervenzellen werden um ein Vielfaches stärker erregt, was dazu führt, dass sie wesentlich empfindlicher auf mechanische Reize reagieren, so die Forscher.

Im Hautgewebe von Patienten mit Epidermolysis Bullosa fanden die MDC-Forscher zudem ein weitaus verzweigteres Netz von Nervenzellen als in der Haut gesunder Menschen. Aus Versuchen mit Zellkulturen ist bekannt, dass Laminin-332 das Verzweigen von Nervenzellen hemmt. Ohne Laminin-332 sei diese Hemmung nicht gegeben, meinten die Forscher. Vermutlich trage auch dieser Effekt zu der verstärkten Wahrnehmung von Berührungsreizen bei.

hel


Quelle: Chiang, L.-Y. et al.: Nature Neurosci. , Online-Vorabpublikation, DOI:10.1038/nn.2873



DAZ 2011, Nr. 28, S. 8

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