Arzneimittel und Therapie

Protease-Inhibitor Boceprevir in den USA zugelassen

Erwartungsgemäß ist Boceprevir (Victrelis®) nach Abschluss erfolgreicher Studien von der amerikanischen Zulassungsbehörde FDA zur Behandlung der chronischen Hepatitis C jetzt zugelassen worden. Die Anwendung gilt für Patienten mit bestehender Leberfunktion und in Kombination mit der jetzigen Standardtherapie aus Peginterferon α und Ribavirin. In Europa hat der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA in seiner Sitzung vom 16. bis 19. Mai 2011 empfohlen, Boceprevir für die Behandlung von Patienten mit Hepatitis C zuzulassen.
Boceprevir Die FDA hat den ersten Protease-Inhibitor für eine Kombinationstherapie gegen Hepatitis C zugelassen. Boceprevir hemmt direkt die ­Replikation des Hepatitis-C-Virus in HCV-infizierten Zellen.

In Deutschland sind etwa 400.000 bis 500.000 Menschen mit dem Hepatitis C-Virus infiziert. Die häufig chronische Erkrankung kann zu schweren Leberschädigungen führen und ist einer der häufigsten Gründe für Lebertransplantationen. Der Therapieerfolg der derzeitigen Standardbehandlung mit Peginterferon alfa-2a und Ribavirin beträgt maximal 50% bei Trägern des Virusgenotyps 1. Eine Kombinationstherapie mit Protease-Inhibitoren ist hingegen bereits für die Behandlung von HIV-Infektionen erfolgreich etabliert worden. Die Virustatika unterbrechen den Vermehrungszyklus der Viren, indem sie die Bindungsstelle für das Enzym Protease an einem Vorläuferprotein besetzen. Daraufhin können keine funktionellen Virusbausteine mehr produziert werden.

Beschleunigte Zulassung nach erfolgreichen Studien

In zwei Phase-III-Studien war die Wirksamkeit und Sicherheit einer Dreifachkombination mit Boceprevir (Victrelis®), Peginterferon α und Ribavirin nachgewiesen worden. Unter dieser erfolgreichen Therapie konnten die Viren auch nach Therapieende über einen Zeitraum von mindestens 24 Wochen nicht mehr nachgewiesen werden. Daraufhin hatten sich Ende April 18 externe Gutachter der FDA ohne Gegenstimme für eine Zulassung von Boceprevir ausgesprochen. Die wichtigsten Nebenwirkungen einer Medikation mit dem Protease-Inhibitor sind Anämien, Störungen der Geschmacksempfindung, Kopfschmerzen und Übelkeit. In Anbetracht des künftigen Konkurrenzprodukts haben der Boceprevir-Hersteller Merck & Co. und Roche (Pegasys®; Peginterferon alfa-2a) daher bereits jetzt eine gemeinsame Vermarktungsstrategie ihrer Medikamente für die Kombinationstherapie angekündigt. Auch für Europa ist eine baldige Zulassung des Protease-Inhibitors zu erwarten.

Zulassung auch für Telaprevir

Die FDA hat auch einem zweiten oral applizierbaren Proteasehemmer zur Behandlung der Hepatitis C die Zulassung erteilt: Telaprevir (Incivek®) wird ebenso wie Boceprevir mit der derzeitigen Standardtherapie aus Peginterferon alfa plus Ribavirin kombiniert. Sicherheit und Wirksamkeit von Telaprevir sind nach Ansicht der FDA durch drei Phase-III-Studien mit etwa 2250 erwachsenen Patienten belegt. Bei nicht vorbehandelten Patienten erreichte die Dreifachkombination mit Telaprevir plus Peginterferon alfa plus Ribavirin eine sustained virologic response (SVR) von 79 Prozent (versus 46 Prozent unter Peginterferon alfa plus Ribavirin).

Bei Patienten mit einem schnellen Ansprechen konnte die Therapie von 48 auf 24 Monate verkürzt werden. Das könnte die Akzeptanz der Therapie verbessern, die ja im asymptomatischen Stadium einer chronischen Hepatitis C erfolgt. Unter der Therapie mit den drei Wirkstoffen wurden auch unerwünschter Wirkungen beobachtet. Am häufigsten traten Hautausschläge, Anämie, Übelkeit, Erbrechen, Fatigue, Kopfschmerzen, Diarrhö und Juckreiz auf. Gerade die Reaktionen an der Haut gingen mit Complianceproblemen einher.


Quelle

www.fda.gov: FDA approves Victrelis for Hepatitis C. Pressemitteilung vom 13. Mai 2011.

www.roche.com: Roche and Merck Establish Strategic Agreements in Fight Against Chronic Hepatitis C. Pressemitteilung, 17. Mai 2011.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 21, S. 40

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