Arzneimittel und Therapie

Epilepsie: Levetiracetam als Monotherapie zugelassen

Das Antiepileptikum Levetiracetam (Keppra®) war bisher zuge–lassen zur Zusatztherapie fokaler epileptischer Anfälle. Nun haben die europäischen Zulassungsbehörden die Indikation auf neu diagnostizierte fokale Epilepsie bei Patienten ab 16 Jahren erweitert, wie die UCB GmbH mitteilte. Levetiracetam scheint auch als Monotherapie nach Diagnosestellung mindestens ebenso wirksam zu sein wie Carbamazepin, so die Ergebnisse einer randomisierten Doppelblindstudie.

In der Studie wurden 576 Patienten im Alter von mindestens 16 Jahren mit kürzlich diagnostizierter Epilepsie, die im zurückliegenden Jahr mindestens zwei fokale, das heißt von einem eng umschriebenen Hirngebiet ausgehende Anfälle, oder generalisierte tonisch-klonische Anfälle gehabt hatten, in eine Carbamazepin- und eine Levetir–acetam-Gruppe randomisiert. Die Dosierungen der Medikamente wurden über drei Wochen zunächst auf die erste Stufe von 1000 mg/d Levetir–acetam bzw. 400 mg/d Carbamazepin retard auftitriert. Diese Dosierung wurde über die gesamte sechsmonatige Evaluationsperiode beibehalten, sofern der Patient während dieser Zeit anfallsfrei blieb. Bei einem weiteren Anfall wurde die Dosis erhöht.

Primärer Endpunkt war der Anteil der Patienten, die mit einer dieser Dosierungen noch am Ende der sechsmonatigen Evaluationsperiode anfallsfrei waren. Diese Patienten wurden dann mit der gleichen Dosierung als Erhaltungstherapie ein weiteres halbes Jahr beobachtet.

Weniger Krampfanfälle Rund 60% der Patienten blieben bereits in der ersten Dosisstufe über ein halbes Jahr anfallsfrei, und durch Erhöhung der Dosierung konnte der Anteil letztlich in beiden Gruppen auf 73% gesteigert werden: Damit erfüllt Levetiracetam das Kriterium der Nicht-Unterlegenheit gegenüber Carbamazepin.

Auch nach der zusätzlichen sechs–monatigen Erhaltungstherapie mit der Enddosis der Evaluationsperiode waren die Ergebnisse unter beiden Medikamenten vergleichbar: In der Carbamazepin-Gruppe waren noch 58% der Patienten anfallsfrei, unter Levetiracetam 57%.

Nebenwirkungen: Somnolenz und Benommenheit Bezüglich der Nebenwirkungen kristallisierten sich charakteris–tische Profile für beiden Arzneistoffe heraus: Unter Carbamazepin kam es häufiger zu Rückenschmerzen, depressiver Verstimmung, Kopfschmerzen und einer Gewichtszunahme, Levetiracetam war etwas häufiger mit Schlafstörungen und Übelkeit assoziiert. Etwa 80% der Patienten berichteten während der einjährigen Behandlung über mindestens eine Nebenwirkung, nur bei etwa 10% der Levetiracetam und bei 15% der Carbamazepin-Patienten kam es zu schwereren unerwünschten Erscheinungen. 16% der Patienten in der Levetiracetam und 23% derer in der Carbamazepin-Gruppe brachen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab oder mussten deswegen die Dosis reduzieren.

Epileptische Anfälle bei Gehirntumoren reduziert Ungefähr jeder dritte bis vierte Tumorpatient mit Hirnmetastasen entwickelt als Folge epileptische Anfälle, die behandelt werden müssen. Aufgrund der meist gleichzeitigen Behandlung mit Chemotherapien stellen konventionelle Antiepileptika, die in der Regel Enzyminduktoren sind, häufig keine optimale Wahl dar. Für Levetiracetam sind bisher keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen bekannt. Eine retrospektive Analyse von 35 Patienten mit Hirnmetastasen zeigte, dass Levetiracetam auch bei diesen Patienten wirksam ist: Von sechs Patienten, die Levetiracetam erhielten, wurden fünf anfallsfrei. ck

Wirkmechanismus noch ungeklärt

Levetiracetam (Keppra®) ist ein Pyrrolidon-Derivat und chemisch nicht mit bekannten Antiepileptika verwandt. Es zeigt antiepileptogene und antikonvulsive Eigenschaften. Der genaue Mechanismus ist noch unbekannt, vermutlich entfaltet der Wirkstoff seine Wirkung über eine stereoselektive Bindung an eine Plasmamembran: Es wird ein Calciumstrom-abhängiger, selektiver, Rezeptorvermittelter Mechanismus an neuronalen Membranen des Zentralnervensystems vermutet. In-vitro- und In-vivo-Experimente deuten darauf hin, dass Levetiracetam grundlegende Zellfunktionen und die normale Neurotransmission nicht verändert.

Nicht-Unterlegenheit

Die vorliegende Studie hatte das Ziel, den Nachweis der Nicht-Unterlegenheit zu erbringen. Dazu wurde Levetiracetam gegen eine Vergleichsmedikation getestet, die in der Vergangenheit bereits bewiesen hat, dass sie Placebo, aber auch anderen Medikamenten überlegen ist. Im Falle der Monotherapie epileptischer Anfälle diente Carbamazepin als Standard und wurde deshalb als Medikation in der Kontrollgruppe eingesetzt, und zwar in einer Retard-Galenik, weil diese sich in kontrollierten Studien unretadiertem Carbamazepin überlegen gezeigt hatte. Als Bedingung für Non–Inferiority, also für die Nicht-Unterlegenheit, durfte der Anteil anfallsfreier Patienten nach sechs Monaten Therapie (primärer Endpunkt) unter Levetiracetam höchstens 15% unter dem für Carbamazepin liegen.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.