Prisma

Ich sehe was, was Du nicht siehst

"Ich sehe was, was Du nicht siehst" - das könnte daran liegen, aus welcher Kultur man stammt. So neigen z. B. Amerikaner dazu, auf Bildern vornehmlich die hervorstechenden und auffälligen Objekte wahrzunehmen, wohingegen Chinesen dem Hintergrundgeschehen mehr Aufmerksamkeit widmen.

Das ist das Ergebnis einer an der Universität von Michigan durchgeführten Studie. Bereits in den letzten zehn Jahren konnten kulturell bedingte Unterschiede bezüglich der Wahrnehmung und des Erinnerungsvermögens beobachtet werden. Im Hinblick auf das Betrachten und Bewerten von Bildern haben amerikanische Forscher um Hannah-Faye Chua nun herausgefunden, dass ihre eigenen Landsleute auf andere Weise Sinnenseindrücke sammeln als Menschen aus dem fernen Osten. Bei ihrer Untersuchung führten sie chinesischen und US-amerikanischen Probanden jeweils für einige Sekunden Bilder vor und nahmen gleichzeitig die Augenbewegungen auf. Die Bilder waren durch ein auffallendes Objekt im Vordergrund sowie einen komplexen Hintergrund gekennzeichnet, etwa einen Tiger vor einer Waldszene. Die Amerikaner fixierten das vordergründige Objekt weitaus schneller und intensiver als die Chinesen. Diese hingegen richteten ihre Aufmerksamkeit mehr auf den Hintergrund. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die unterschiedliche Art und Weise der Bildbetrachtung auf grundlegende kulturelle Unterschiede zurückzuführen ist.

So bewegen sich Asiaten im täglichen Leben innerhalb komplexer gesellschaftlicher Netzwerke mit fixierten Rollenverteilungen - in der Folge sind sie gewohnt, ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf die Beziehungen und Zusammenhängen unter- sowie zueinander zu richten. In den USA sozialisierte Menschen legen dagegen mehr Wert auf ihre Unabhängigkeit und bilden in weitaus geringerem Maß soziale Netzwerke aus. Auf Grund dessen fixieren sie eher die auffallenden Objekte im Vordergrund eines Bildes. ng

Quelle: PNAS, Online-Vorabpublikation, DOI: 10.1073/pnas.0506162102

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