Ernährung aktuell

Der Glykämische Index – eine Begriffsbestimmung

Die – im Vergleich zu Atkins – moderneren Low-Carb-Diätformen basieren mehrheitlich auf dem sogenannten Glykämischen Index (GI) von Lebensmitteln. Dieses Konzept berücksichtigt die unterschiedliche blutzuckersteigernde Wirkung verschiedener Kohlenhydrate und verbietet sie nicht pauschal. Ausschlaggebend ist vielmehr, die Insulinausschüttung zu begrenzen. Vertreter der Glyx-Theorie sind der Ansicht, dass eine Ernährung mit geringer Blutzuckerwirksamkeit das Abnehmen erleichtert und generell vor der Entstehung von Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt. In dieser Folge unserer Diät-Serie wollen wir zunächst das Prinzip Glyx erklären. Einzelne Diätformen dazu wie die Southbeach-Diät, die LOGI-Methode oder die Ernährungsform nach Montignac werden in der nächsten Folge vorgestellt.

Der glykämische Index misst den Einfluss eines Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel und das Hormon Insulin. Unterschiedliche Nahrungsmittel mit gleicher Kohlenhydratmenge führen zu unterschiedlich schnellen und hohen Blutzuckeranstiegen. Lebensmittel mit einem geringen GI bewirken nur einen langsamen und insgesamt geringen Anstieg der Blutzuckerkurve. Dies hat den Vorteil, dass der Körper weniger Insulin produziert. Denn Insulin sorgt zwar einerseits dafür, dass der Blutzucker in den Körperzellen verwertet wird, es führt aber gleichzeitig dazu, dass Körperfett gebildet und nicht abgebaut wird.

Wie bestimmt man

den Glykämischen Index?

Der glykämische Index eines Nahrungsmittels wird bestimmt, indem mindestens zehn gesunde Personen eine Portion des zu untersuchenden Lebensmittels mit exakt 50 g Kohlenhydraten – das sind zum Beispiel 250 g Reis oder 350 g Kartoffeln – erhalten und ihr Blutzuckerspiegel über die nächsten zwei Stunden gemessen wird. Für jede Person wird dann die Fläche unter der Blutzuckerkurve während dieser zwei Stunden berechnet. Zu einem anderen Zeitpunkt wird diese Messung bei der gleichen Person mit Referenzlebensmitteln durchgeführt. Dann wird der Quotient der beiden Messungen gebildet. Abschließend wird aus den mindestens zehn Einzelergebnissen ein durchschnittlicher GI für das getestete Nahrungsmittel ermittelt.

Als Messlatte bzw. Referenz dient meist die blutzuckersteigernde Wirkung von Glucose, sie hat den GI-Wert 100. Manche Indizes beziehen sich auch auf Weißbrot als Referenzwert, was die mitunter etwas unterschiedlichen GI-Angaben für das gleiche Nahrungsmittel erklärt. Ein GI von 50 bedeutet demnach, dass der Blutzuckeranstieg durch dieses Nahrungsmittel flächenmäßig nur die Hälfte des Anstiegs durch Glucose ausmacht, ein GI von 80 besagt, dass der Blutzuckeranstieg 80 Prozent des Anstiegs nach der Aufnahme von Glucose beträgt.

Viele Faktoren

bestimmen den GI Lebensmittel mit einem hohen Stärke- beziehungsweise Zuckergehalt wie Weißbrot, weißer Reis, Kartoffeln, Süßigkeiten und Limonaden führen zu einem schnellen und starken Anstieg des Blutglucosespiegels und haben deshalb einen hohen GI. Einen niedrigen GI haben Lebensmittel mit einem niedrigen Kohlenhydratgehalt wie die meisten Gemüsearten, Milchprodukte, Käse, Fisch, Fleisch und Eier.

Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte haben trotz ihres hohen Stärkegehalts einen relativ niedrigen GI, da verschiedene Inhaltsstoffe wie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe die Freisetzung der Kohlenhydrate aus den Lebensmitteln verzögern. Auch die technologische Aufbereitung und der Verarbeitungsgrad haben einen Einfluss: Vollkornbrot hat beispielsweise einen niedrigeren GI als Baguette, kernige Haferflocken sind günstiger als Cornflakes und Pellkartoffeln vorteilhafter als Kartoffelpüree.

Bei komplexen Lebensmitteln entscheidet die Nährstoffzusammensetzung im weiteren bzw. die Magenentleerungsgeschwindigkeit im engeren Sinn über den GI. Nimmt man Kohlenhydrate zusammen mit Ballaststoffen (z.B. Vollkornprodukte), Eiweiß (z.B. gezuckerte Milch) oder Fett (z.B. Schokolade) auf, dann fällt die Blutzuckerantwort langsamer aus, als wenn man isolierte Kohlenhydrate zu sich nimmt, weil sich der Magen langsamer entleert.

Für Nahrungsmittelkombinationen wie Brot mit Butter und Marmelade, komplette Mahlzeiten mit unterschiedlichen Nährstoffen oder z.B. Fertiggerichte muss der GI somit ebenfalls für den Einzelfall experimentell bestimmt werden, eine Berechnung über Tabellenwerke ist nicht möglich.

Niedrig – mittel – hoch

Für die Anwendung des Glyx-Konzeptes in der Ernährungspraxis wird eine Einteilung der Lebensmittel in verschiedene Gruppen vorgeschlagen, wobei die Grenzen meistens folgendermaßen gesetzt sind:

  • Hoher Glykämischer Index: GI zwischen 70 und 100
  • Mittlerer Glykämischer Index: GI zwischen 55 und 70
  • Niedriger Glykämischer Index: GI unter 55

Im Rahmen des Konzeptes sollen bevorzugt Lebensmittel mit einem niedrigen Glykämischen Index verzehrt, Lebensmittel mit einem hohen GI dagegen vermieden werden. Neben dem GI wird auch die Glykämische Last zur Bewertung der Lebensmittel herangezogen.

Was versteht man

unter der Glykämischen Last?

Die Glykämische Last (GL) bringt zum Ausdruck, welchen Einfluss eine übliche Portion eines Lebensmittels auf den Blutzuckerspiegel hat. Da sich der Glykämische Index immer auf die Menge eines Lebensmittels bezieht, die 50 Gramm Kohlenhydrate enthält, ist der GI allein noch nicht sehr aussagekräftig. Bei Möhren entsprechen 50 Gramm Kohlenhydrate beispielsweise einer Portion von 670 Gramm. Das ist eine Menge, die man normalerweise nicht zu sich nimmt. Um dies zu berücksichtigen, wurde der Begriff Glykämische Last (GL) eingeführt.

Zur Berechnung der GL wird der GI mit der Kohlenhydratmenge einer Portion multipliziert. Eine verzehrsübliche Portion von 100 Gramm rohen Möhren hat beispielsweise nur eine GL von 5,3. So ist der GL immer abhängig von der Portionsgröße, eine doppelt so große Portion Möhren hätte dementsprechend eine GL von 10,6. Als niedrig gilt eine GL, wenn sie unter zehn liegt. Von einer hohen GL spricht man bei Werten über 20.

Der Tabelle sind GI- und GL-Werten von Lebensmitteln, die in Deutschland häufig verzehrt werden, zu entnehmen. Die Zahlen geben jedoch nur eine grobe Orientierung, denn die Daten wurden mit australischen und amerikanischen Lebensmitteln erhoben. Bei der Bewertung der GL sollte immer die angegebene Portionsgröße beachtet werden.

Fazit

Die methodische Bestimmung des GI von einzelnen Nahrungsmitteln ist mit einer Reihe von Problemen verbunden, die immer wieder in Fachkreisen zur Kritik am Glyx-Prinzip führen:

  • So unterliegt der Glykämische Index individuellen Schwankungen von Mensch zu Mensch.
  • Die GI-Werte werden in Studien unter Standardbestimmungen ermittelt, sie gelten allerdings nur für das einzelne Nahrungsmittel und nur in der getesteten Form (roh, gekocht o.ä.). Da die Bestimmung des GI auf Studien an Testpersonen beruht, schwanken die Messwerte auf Grund individueller Einflüsse, zum Beispiel wie lange der Magen für seine Entleerung benötigt, zudem sehr stark.
  • Außerdem variiert die Zusammensetzung von Nahrungsmitteln naturgemäß sehr stark, u.a. durch den Reifegrad bei pflanzlichen Produkten.
  • Die meisten Werte beziehen sich auf Messungen aus den USA und Australien. Für Deutschland gibt es bisher noch keine verlässliche Datenquelle. Die Werte aus anderen Ländern sind aber nicht ohne weiteres übertragbar.
  • Auch ist zu berücksichtigen, dass die Messung des GI zwar mit einzelnen Lebensmitteln erfolgt, dass diese Lebensmittel im Alltag in der Regel aber nicht einzeln verzehrt werden. Bei zusammengesetzten Mahlzeiten, zum Beispiel Kartoffeln mit Soße, können andere Inhaltsstoffe, wie das Fett in der Soße, die Aufnahme der Kohlenhydrate verzögern und so den GI reduzieren. Die vorliegenden Angaben des GI können deshalb immer nur Näherungswerte sein.

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