Arzneistoffporträt

Kürbissamen bei Störungen der Blasenfunktion

Neue Analysen zum kürbisspezifischen Δ7-Sterolmuster

Von Matthias Strobl, Brigitte Patz und Franz Bracher | Eine "Blasenschwäche" macht sich durch häufigen Harndrang mit gesteigerter Miktionsfrequenz bis hin zum unfreiwilligen Harnabgang (Harninkontinenz) bemerkbar. Generell nimmt die Blasenkapazität mit zunehmendem Alter ab, was bei Männern oft durch eine benigne Prostatahyperplasie (BPH) beschleunigt wird. Bei Frauen tritt die Blasenschwäche in Form einer Reizblase schon ab dem jungen Erwachsenenalter auf; meistens ist die Schwäche der Beckenbodenmuskulatur die Ursache für eine Belastungsinkontinenz. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen hat sich Kürbissamen in der Behandlung verschiedener Formen der Blasenschwäche bewährt. Die positiven praktischen Erfahrungen werden durch die Ergebnisse klinischer und pharmakologischer Studien untermauert. Wichtiges Qualitätsmerkmal für Kürbissamen und seine Zubereitungen ist das spezifische Phytosterolmuster.

 

100 Jahre Arzneikürbis

Der Kürbis (Cucurbita pepo) stammt aus Amerika, doch schon wenige Jahrzehnte nach Kolumbus war er in ganz Süd- und Mitteleuropa verbreitet. Seine Kerne (Samen) wurden bereits im Kräuterbuch des Hieronymus Bock (Ausgabe 1577) als Mittel gegen Nieren- und Blasenleiden, schmerzendes Wasserlassen und Harntröpfeln empfohlen. Der Steirische Ölkürbis oder Arzneikürbis (C. pepo convar. citrullinina var. styriaca, Abb. 1) ist eine rezessive Mutante, bei welcher die vier äußeren Zellschichten der Samenschale nicht verholzt und verdickt sind, was das typisch oliv- bis dunkelgrüne Aussehen der Kürbiskerne hervorruft. Er wird seit etwa 100 Jahren kultiviert und heute nach den Kriterien der Good Agriculturing Practice (GAP) angebaut. Das bedeutet u. a.: Verwendung von authentischem kontrolliertem Saatgut, biologisch integrierter Vertragsanbau sowie standardisierte Weiterverarbeitung. Das Anbaugebiet liegt im pannonischen Becken (Ungarn) – deshalb auch "Pannonica-Kürbis" – und ist klimatisch stabil, sodass von dieser Seite kaum Schwankungen des Inhaltsstoffspektrums drohen [1 – 3].

Kürbissamen ist zur Stärkung und Kräftigung der Blasenfunktion sowie zur Behandlung von Reizblase und Miktionsbeschwerden bei BPH indiziert. Für Kürbissamenöl und daraus isolierte Phytosterole wurden antiphlogistische, antimikrobielle, prostatotrope und urodynamische Effekte nachgewiesen. Neben den spezifischen Phytosterolen können auch unspezifische Inhaltsstoffe wie ungesättigte Fettsäuren, bestimmte Aminosäuren, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente an der therapeutischen Wirkung des Kürbissamens beteiligt sein.

Der Arzneikürbis und seine Verwandten

Familie: Cucurbitaceae

Gattungen: 
Bryonia – Zaunrübe 
Citrullus – Wassermelone 
Cucumis – Gurke und Zuckermelone 
Lagenaria – Flaschenkürbis, Kalebasse 
Cucurbita – Kürbis (s. u.)

Cucurbita-Arten: 
C. maxima – Riesenkürbis 
C. moschata – Moschuskürbis 
C. pepo – Gartenkürbis (s. u.)

Convarietäten: 
C. pepo convar. giromontiina – Gurkenkürbis, Zucchino 
C. pepo convar. citrullinina – Gemeiner Kürbis (s. u.)

Varietät: 
C. pepo convar. citrullinina var. styriaca – Steirischer Ölkürbis, Arzneikürbis

Kürbissamen bei Reizblase

Der Begriff Reizblase (Synonyme: Zystalgie, Neuralgia vesicae, instabile Blase, Detrusorinstabilität, abakterielle chronische Zystitis, Blasenneurose) steht für chronische Reizzustände der Harnblase mit häufigem Harndrang und gesteigerter Miktionsfrequenz. Der Blasenmuskel (Detrusor) reagiert auf psychosomatische Störungen, endokrine Schwankungen oder entzündliche Prozesse äußerst anfällig und kann dann schon bei geringer Blasenfüllung unwillkürlich kontrahieren. So kommt es zu einem kaum noch zu unterdrückenden Harndrang. Kälte und Stress können die Beschwerden zusätzlich verstärken.

Bereits in Erfahrungsberichten der 1960er-Jahre wurde die beruhigende und regulierende Wirkung des Ölkürbissamens auf die Blase ("Blasentonikum") beschrieben [4, 5]. Später wurde in einer offenen Studie die Wirkung von täglich 6 g Kürbissamen bei 101 Patienten mit Reizblase geprüft. Während der Behandlung besserten sich die Beschwerden und der Miktionsindex (Tagesharnmenge/Anzahl der Miktionen): Nach acht Behandlungswochen hatte sich die durchschnittliche Harnmenge pro Miktion um fast 60% erhöht. Zu häufiges und schmerzhaftes Wasserlassen waren spürbar zurückgegangen. Über 80% der Patienten gaben eine subjektive Besserung an [6].

Cucurbitaceen als Nutzpflanzen

Die große Familie der Cucurbitaceen ist weltweit verbreitet. Der Flaschenkürbis (Lagenaria siceraria) wurde bereits in prähistorischen Zeiten vom Menschen genutzt, z. B. als Musikinstrument oder Gefäß. Da seine Früchte monatelang im Meerwasser schwimmen können und die Samen danach noch keimfähig sind, breitete er sich ohne Zutun des Menschen über die Ozeane aus. Während Wassermelone (Citrullus vulgaris), Gurke und Zuckermelone (Cucumis sativus, Cucumis melo) alte Kulturpflanzen des Mittelmeerraums, Asiens und Afrikas sind, gilt Entsprechendes für die Kürbisse (Cucurbita) in Amerika. Nach der Entdeckung Amerikas breitete sich der Kürbis schnell in Süd- und Mitteleuropa aus und wurde ab Mitte des 16. Jahrhundert in den Kräuterbüchern erwähnt.

Tierpharmakologische Untersuchungen

Bei männlichen Kaninchen steigerte die Injektion einer Kürbissamenöl-Zubereitung reproduzierbar die Blasenkapazität. Dagegen waren die mit n-Butylalkohol oder Ether gewonnen Extrakte des Kürbissamens unwirksam [7]. Spezifische Inhaltsstoffe des Kürbissamenöls, die hier mitwirken, sind die sehr lipophilen Phytosterole (Abb. 4). Das isolierte Sterolglykosid 5α-Stigmasta-7,22-dien-3≠-yl-D-glucopyranosid wirkte bei männlichen Albinoratten stark diuretisch [8, 9]. Im Modell der passiven kutanen Anaphylaxie unterdrückten isolierte Sterole dosisabhängig die anaphylaktische Reaktion [8].

Die intramuskuläre Anwendung von Kürbissamenöl reduzierte die Entzündungsreaktion im Rattenpfotenödem. Da bei diesen Versuchstieren – im Gegensatz zu der mit Indometacin behandelten Vergleichsgruppe – die Konzentration der Lipidperoxide in der Leber nicht anstieg, nehmen die Autoren an, dass die Wirkung auf die Hemmung der Lipidperoxidation (z. B. durch die ungesättigten Fettsäuren, Tocopherole, Carotinoide oder Selen) zurückzuführen ist [10].

Prostatabeschwerden und BPH-Studien

Der Anteil der Männer mit histologisch nachweisbarer benigner Prostatahyperplasie (BPH) nimmt ab dem vierten Lebensjahrzehnt kontinuierlich zu. Die Inzidenz liegt nach dem 50. Lebensjahr bereits bei 50% und steigt auf nahezu 100% bei den über 80-Jährigen. Symptomatisch sind verschiedene Blasenentleerungsstörungen (s. Kasten), doch besteht keine Korrelation zwischen der Größe der Prostata und dem Schweregrad der Symptome [11, 12].

Symptome bei BPH

Irritativ: gesteigerter Harndrang, Pollakisurie, Nykturie Obstruktiv: verzögerter Miktionsbeginn, abgeschwächter Harnstrahl, Harnstottern, Restharngefühl

Seit Beginn der 90er-Jahre ist die Besserung der subjektiven Symptomatik das wichtigste Erfolgskriterium in klinischen BPH-Studien. Sie wird mit dem IPSS (Internationaler Prostata-Symptomenscore) gemessen, der anhand eines validierten Fragebogens ermittelt wird. Die Patienten schätzen auf einer Skala von 0 (niemals) bis 5 (fast immer) ab, wie häufig das jeweilige Symptom innerhalb der letzten vier Wochen aufgetreten ist. Die WHO ("International Consultation on BPH") und die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) fordern den IPSS als Hauptzielparameter in BPH-Studien.

Effekt von Kürbissamen bei BPH

Wegen des hohen Plazeboeffekts innerhalb der ersten Monate sollen BPH-Studien mindestens ein Jahr lang dauern. Für die meisten Phytotherapeutika wurden sie jedoch bisher nur über maximal sechs Monate durchgeführt [13]. Eine multizentrische Studie mit einem Dickextrakt aus Arzneikürbissamen1, an der 476 Männer mit BPH im Frühstadium teilnahmen, erfüllt die aktuell geforderten Kriterien einer BPH-Studie: Im Laufe von zwölf Monaten führte die zweimal tägliche Gabe von 500 mg Extrakt zu einer signifikant stärkeren Besserung des IPSS als im Plazeboarm. Zwar besserte sich der IPSS zunächst auch in der Plazebogruppe, jedoch nur innerhalb der ersten sechs Monate, sodass sich erst im zweiten Halbjahr die Wirksamkeit des Prüfpräparates herausstellte (Abb. 2) [14]. Dies unterstreicht einmal mehr die Forderung der Fachgesellschaften, plazebokontrollierte Studien bei BPH über mindestens ein Jahr durchzuführen.

Grafiken: Bühler
Abb. 2: Ergebnis einer zwölfmonatigen plazebokontrollierten Studie zur Wirksamkeit von Arzneikürbissamen-Dickextrakt bei Männern mit BPH im Frühstadium (n = 465), dargestellt als mittlere Differenzen des IPSS zu den Ausgangswerten. Die gemessene Symptomatik besserte sich zunächst sowohl in der Verumgruppe (n = 227) als auch in der Plazebogruppe (n = 238). Der langfristige 
Verlauf verdeutlicht die Überlegenheit des Verums [14].

Das Ergebnis dieser Studie wird durch die Daten einer Anwendungsbeobachtung an 2245 BPH-Patienten unterstützt: Nach dreimonatiger Behandlung mit demselben Kürbissamen-Dickextrakt hatte sich der IPSS durchschnittlich um etwa 40% gebessert [15]. Nach Einzelfallberichten aus der ärztlichen Praxis konnten bei vielen Patienten nach unterschiedlich langer Anwendungsdauer die Symptome Nykturie und Restharn merklich reduziert werden [16] (Abb. 3). Nach Berichten aus Ungarn und Jugoslawien wurden die Miktionsbeschwerden von Prostatapatienten auch durch mehrmonatige Anwendung von Kürbissamenöl reduziert [17, 18].

Abb. 3: Veränderung der Restharnmenge 
(Ausgangswerte: über 50 ml) von BPH-Patienten während der Behandlung mit Kürbissamen-Dickextrakt. Zusammenfassung 
von Einzelfallberichten aus der ärztlichen 
Praxis (n = 51) mit unterschiedlich langer 
Anwendungsdauer [16].

Trotz der subjektiven Besserung der Beschwerden beim Wasserlassen sollten ältere Männer zu regelmäßigen ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen ermutigt werden, da die Symptomatik allein keine Auskunft über das Fortschreiten der Prostatahyperplasie gibt. Gerade bei alten Patienten darf der richtige Zeitpunkt für eine eventuell erforderliche chirurgische Behandlung nicht verpasst werden [19].

Pharmakologische Untersuchungen

In vitro hemmte ein Gemisch der Kürbissterole dosisabhängig die Bindung von Dihydrotestosteron an menschliche Fibroblasten [20]. In einer humanpharmakologischen Untersuchung führte die hochdosierte Gabe der Kürbissterole (2 x 90 mg) kurzfristig zur Senkung des prostataspezifischen Antigens und der sauren Phosphatase sowie zu Veränderungen des Androgenspiegels [21].

Mit Fertigarzneimitteln werden im Vergleich hierzu deutlich weniger Sterole zugeführt. Klinische Effekte auf die Prostatagröße sind deshalb allenfalls langfristig zu erwarten und wurden für Phytopräparate bisher auch nicht nachgewiesen. Eine amerikanische Forschergruppe beobachtete allerdings atrophische Veränderungen des Prostataepithels bei BPH-Patienten nach sechsmonatiger Behandlung mit einer Kombination aus Kürbissamenölextrakt, Sabal- und Brennnesselextrakt, Vitamin A und Carotinoiden [22].

Kombination mit anderen Urologika

Je nach Indikationsstellung wird Kürbissamen mit anderen urologisch wirksamen Phytotherapeutika kombiniert, im Falle von Prostatabeschwerden z. B. mit Extrakten aus der Brennnesselwurzel (Urticae radix) oder der Sägepalmenfrucht (Sabal fructus). Während dreimonatiger Einnahme einer Kombination aus pulverisiertem Arzneikürbissamen, Kürbissamenöl und Sabalextrakt im Rahmen einer Anwendungsbeobachtung trat bei 85% der Patienten eine Besserung der typischen Prostatabeschwerden ein [23].

Bei der Reizblase sind Kombinationen mit Arzneidrogen sinnvoll, die durchspülend, antiphlogistisch und krampflösend wirken, wie z. B. Brennnesselwurzel oder Goldrutenkraut (Solidaginis herba). Aufgrund der oft psychovegetativen Ursachen sind außerdem Drogen wie Hopfenzapfen (Lupuli strobuli) und Gewürzsumachrinde (Rhois aromaticae cortex) indiziert, denen beruhigende und blasenregulierende Eigenschaften zugeschrieben werden [24].

Nach Erfahrungsberichten und Anwendungsbeobachtungen verbesserte die Gabe einer Kombination aus Arzneikürbissamenöl und Extrakten von Hopfenzapfen, Gewürzsumachrinde, Kava-Kava-Wurzelstock und Bärentraubenblättern die Beschwerden bei Cystitis, Reizblase und prostatischem Syndrom [25]. Kava-Kava ist allerdings nicht mehr verkehrsfähig, und Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium) werden nicht mehr bei Reizblase eingesetzt, da sie nur für bestimmte bakterielle Infektionen der ableitenden Harnwege indiziert sind und die Extrakte wegen ihres Arbutingehalts nur sehr kurzzeitig angewandt werden dürfen.

Abb. 4: Sterole werden aus dem Triterpen Squalen synthetisiert und besitzen ein Grundgerüst aus vier Ringen mit 17 C-Atomen und einer Doppelbindung (Δ7 oder Δ5). Die Kürbissterole gehören zu den Δ7-Sterolen, haben anguläre Methylgruppen an C-10 und C-13 und eine β-ständige Hydroxylgruppe an C-3. Sie unterscheiden sich voneinander durch die Struktur der Seitenkette (SC) an C-17. An C-3 können sie glykosidiert oder acyliert sein.

 

Phytosterole im Arzneikürbissamen

Als wichtige Substanzen aus dem Terpen-Stoffwechsel enthält Kürbissamen Phytosterole sowie deren biosynthetische Vorstufe, den Kohlenwasserstoff Squalen. Der Gesamtgehalt an Sterolen wird u.a. von der Varietät und den Anbaubedingungen beeinflusst; als durchschnittlicher Wert für den Samen des Arzneikürbis gilt 0,16% [26].

Eine Besonderheit des Kürbissamens ist der hohe Gehalt an Δ7-Sterolen, die zwischen den Atomen C-7 und C-8 eine Doppelbindung aufweisen. Δ7-Sterole kommen im Pflanzenreich üblicherweise allenfalls in Spuren vor, während Δ5-Sterole ubiquitär verbreitet sind. Das spezifische Phytosterolmuster ist daher ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Zubereitungen des Kürbissamens.

Im Rahmen einer kürzlich am Department Pharmazie der Universität München abgeschlossenen Doktorarbeit wurden die Sterole und ihre Glykoside aus dem Dickextrakt des Arzneikürbis isoliert und ihre chemischen Strukturen aufgeklärt. Demnach sind Sterole der Δ7-Reihe: Stigmasta-7,22-dien-3β-ol (Spinasterol), Poriferasta-7,25-dien-3β-ol, Poriferasta-7,22,25-trien-3β-ol, Stigmasta-7,24(241)-dien-3β-ol (Avenasterol) und, in Spuren, Stigmast-7-en-3β-ol (Schottenol). Die drei erstgenannten Verbindungen stellen ca. 85% des Gesamtgehalts an Δ7-Sterolen dar. In deutlich geringerem Ausmaß findet man Δ5-Sterole, hauptsächlich Poriferasta-5,25-dien-3β-ol (Clerosterol) und β-Sitosterol (Abb. 4) [27]. Neben den Sterolen in freier Form enthält der Kürbissamen auch einige Derivate, bei denen die Hydroxylgruppe an C-3 mit Fettsäuren substituiert ist (Sterolester) oder mit einem Zuckerrest verknüpft ist (Glykoside). So liegen vier der fünf oben genannten Δ7-Sterole auch in sehr geringen Mengen als Glucoside vor. Ein Glucosid von Avenasterol konnte nicht detektiert werden [27].

Analytik

Die Analytik des Fettsäure- und Sterolgehalts von Kürbissamen sowie dessen Extrakten oder Öl verläuft über eine alkalische Hydrolyse (Verseifung), wodurch Triglyceride und Sterolester gespalten werden. Nach Extraktion der Analyten mittels lipophiler Lösungsmittel oder durch Festphasenextraktion kann eine Trennung und anschließend eine Quantifizierung mittels chromatographischer Methoden (v. a. Gaschromatographie) durchgeführt werden. Auf diese Weise kann beispielsweise der Gehalt an Δ7-Sterolen in pharmazeutischen Formulierungen analysiert werden. Durch den Vergleich des chromatographischen Fingerprints der Sterolfraktionen aus Kürbissamenöl und anderen Pflanzenölen kann so auch auf mögliche Verunreinigungen mit anderen (billigeren) Ölen geprüft werden [28].

Zur Bestimmung der Sterolglykosiden in Kürbissamen-Zubereitungen wurden ausgefeilte Analysenmethoden, u. a. unter Einsatz von HPLC-MS/MS, entwickelt. Nach der Trennung des Glucosidgemischs erlauben spezifische Massenübergänge im Rahmen der zweidimensionalen Massenspektrometrie eine selektive, hochempfindliche Detektion der einzelnen Analyten.

Weitere Inhaltsstoffe des Kürbissamens

Der Gehalt an fettem Öl variiert zwischen 35 und 55%. Dieses besteht zu 75 bis 80% aus einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren mit bis zu 60% Linolsäure, bis zu 5% α-Linolensäure und etwa 0,3% Arachidonsäure [29]. Aufgrund des Gehalts an diesen essenziellen Fettsäuren, die als Vorstufen im Prostaglandinstoffwechsel involviert sind, zählt das Kürbissamenöl zu den physiologisch wertvollen Pflanzenölen.

Der Tocopherolgehalt des weichschaligen Kürbissamens liegt bei durchschnittlich 0,5 mg/g, wobei im Gegensatz zu vielen anderen pflanzlichen Ölen das γ-Tocopherol in fünf- bis zehnfach höherer Konzentration vorliegt als das α-Tocopherol. Außerdem sind α- und γ-Tocotrienol im Kürbissamenöl enthalten [30, 31]. Nach aktuellen Untersuchungen soll γ-Tocopherol an der präventiven Rolle des Vitamin E maßgeblich beteiligt sein und auch chronische Entzündungen positiv beeinflussen [32 – 34].

Arzneikürbissamen hat einen hohen Gehalt an wertvollen Aminosäuren wie Arginin, Glutamin- und Asparaginsäure sowie der selten vorkommenden γ-Aminobuttersäure [29, 35]. Diese sind als direkte oder indirekte zentralneurale Transmitter an der Steuerung der Blasenfunktion beteiligt [36 – 39]. Als weitere quantitativ bedeutsame Inhaltsstoffe sind Carotinoide mit dem Hauptbestandteil Lutein, Vitamin C, verschiedene B-Vitamine sowie Mineralstoffe und Spurenelemente, insbesondere Zink, Magnesium und Selen, zu nennen [29, 40].

Ätiologie der BPH multifaktoriell

Die prostatotropen Wirkungen des Kürbissamens (s. o.) beruhen möglicherweise auf der konformativen Ähnlichkeit der Δ7-Sterole mit dem Dihydrotestosteron. Obwohl unumstritten ist, dass das Dihydrotestosteron bei der Pathogenese der BPH eine Rolle spielt, weisen die zahlreichen Hypothesen zur Ätiologie der BPH auf ein multifaktorielles Geschehen hin. Nach aktuellen epidemiologischen Studien ist auch ein Zusammenhang mit den Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen weiterhin in der Diskussion [42]. Möglicherweise führen krankhafte Veränderungen des Gefäßsystems auch in der Prostata zu einer Mangelversorgung, wodurch die Expression von Wachstumsfaktoren und Androgenrezeptoren stimuliert wird [42, 43].

Unter diesen Aspekten sollten auch positive Wirkungen der antioxidativen Inhaltsstoffe des Kürbissamenöls in Betracht gezogen werden. So wurden in pharmakologischen Studien additive Effekte von Kürbissamenöl mit dem Lipidsenker Simvastatin und den Antihypertonika Felodipin und Captopril gefunden, die von den Autoren auf antioxidative Mechanismen zurückgeführt werden [44, 45].

Zusammenfassung

Kürbissamen-Zubereitungen wirken urodynamisch, diuretisch und antiphlogistisch und beeinflussen Störungen der Blasenfunktion positiv, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Da sie in der Langzeittherapie gut verträglich sind, ist ihr Einsatz bei Blasenfunktionsstörungen und zur Gesunderhaltung der Prostata sinnvoll. Durch standardisierte Anbau- und Verarbeitungsverfahren werden für den pannonischen Arzneikürbissamen klimatisch bedingte Schwankungen im Gehalt wesentlicher Inhaltsstoffe, insbesondere der spezifischen Kürbissterole, weitgehend vermieden. Neu entwickelte Analysenverfahren zur Bestimmung der Δ7-Sterole tragen außerdem zur Qualitätssicherung der Fertigarzneimittel bei.

Kürbisspezifische Sterole

Die therapeutischen Wirkungen des Kürbissamens sind vermutlich nicht auf einzelne Inhaltsstoffe zurückzuführen. Zweifelsohne spielen jedoch die kürbisspezifischen Sterole eine bedeutende Rolle. Während die Δ5-Sterole wie z. B. das β-Sitosterol im Pflanzenreich weit verbreitet sind und in allen herkömmlichen pflanzlichen Ölen den Hauptanteil der Sterolfraktion stellen, ist die Konzentration der selteneren Δ7-Sterole im Samen des Arzneikürbis besonders hoch.

1Dickextrakt aus Kürbissamen (15–25:1) der Zuchtsorte Cucurbita pepo L. convar. citrullinina I. GREB. var. styriaca I. GREB.

Literatur bei den Verfassern

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