Aus Kammern und Verbänden

Symposium zu Ehren von Gerald Schröder: Facetten der Pharmaziegeschichte

Am 12. Juni 2004, wenige Tage nach dem 75. Geburtstag ihres langjährigen Vorsitzenden und Ehrenmitglieds Dr. Gerald Schröder, veranstaltete die Deutsche Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie (DGGP) ihm zu Ehren ein Symposium im Focke-Museum in Bremen.

Kunstwerke als Dank für Heilung

Dr. Karlheinz Bartels, Lohr, verband in seinem Vortrag "Ex voto et deo gratia morbo causa" einige Denkmale der Volksfrömmigkeit Frankens mit der Pharmaziegeschichte. Gerade in Franken war es üblich, zum Dank für überstandene Krankheiten Bildstöcke zu stiften. Auf ihnen wurden außer dem angerufenen Heiligen oft das Bett eines Kranken, das geheilte Organ oder auch eine Arzneiflasche dargestellt. Eher selten gibt die eingemeißelte Schrift Auskunft über den Grund, der zur Errichtung des Bildstockes geführt hatte.

Für die jeweiligen Krankheiten wurden bestimmte Heilige angerufen, so die hl. Ottilie bei Augenleiden oder der hl. Blasius bei Halsweh. Die 14 Nothelfer, denen in "Vierzehnheiligen" eine prachtvolle Wallfahrtskirche erbaut wurde, halfen sozusagen universell bei allen Krankheitsgeschehen. Einen besonderen Stellenwert hatten Bitt- und Dankesgaben wie z.B. Pestsäulen bei der Verschonung vor oder Befreiung von Seuchen. Groß ist die Zahl der den Pestheiligen Rochus oder Sebastian gestifteten Altäre; auch Passionsspiele und Pestprozessionen waren weit verbreitet und haben sich teilweise bis heute erhalten.

Schutz vor Seuchen

Dr. Klaus Meyer, Münster, sprach über die Geschichte der Quarantäne. Ein Hafen brachte nicht nur Handel und Reichtum in die Stadt, sondern war auch ein Einfallstor für Seuchen. Während der großen Pestepidemie von 1348 bis 1351 machte Venedig den Anfang mit der Isolierung einlaufender Schiffe, der Räucherung von Briefen und Schiffspapieren, dem Waschen und Stapeln "giftfangender" Waren und dem Nachweis, dass in den passierten Häfen keine Pest geherrscht hat. Heute noch existierende Einrichtungen wie das Passwesen, die Mitführung von Schiffspapieren oder die Quarantäne (quarantaine = 40 Tage) haben hier ihren Ursprung.

Die erfolgreichen Maßnahmen verbreiteten sich über ganz Europa, auch an die Weser. Zuständig waren dort die Anrainer Bremen und Oldenburg, die teils gemeinsam, teils auch separat, weil auf Eigenständigkeit bedacht, die Seuchenabwehr betrieben. Ausgelegte Schiffe in der Wesermündung, Zurücktreiben verdächtiger Handelsschiffe, Überwachung der Strände gegen antreibendes Gut waren Aufgaben für Lotsen und Deichwehren.

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts gelang es unter der Führung Preußens, die Quarantänemaßnahmen für die gesamte Nordseeküste zu koordinieren. Bremerhaven bot für eine zentrale Quarantäneanstalt mit Isolierbaracken, Räucherschuppen, Krankenhäusern usw. die besten Bedingungen. Nach ihrer Verlegung nach Bremen in die Rickmerstraße zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt die Quarantäneanstalt als vorbildlich.

NS-Pharmazie

Prof. Dr. Christoph Friedrich, Marburg, referierte über die Gleichschaltung des Apothekenwesens im Dritten Reich. Als Quelle nutzte er die pharmazeutische Standespresse, in deren Beiblättern die Erziehung zum NS-Apotheker abzulesen ist. Diese folgte vier Prinzipien:

  • An oberster Stelle stand das Rasseprinzip; das bedeutete "Entjudung" des Apothekenwesens und Verbot der Abgabe von Verhütungs- und Abtreibungsmitteln.
  • Der Berufsstand wurde nach dem Führerprinzip organisiert.
  • Das Prinzip der "Volksgemeinschaft" sollte die Klassengegensätze im Apothekenwesen überwinden, u.a. mit Schulungslagern, Leistungskämpfen der Betriebe und gemeinschaftstiftenden Veranstaltungen wie Eintopfessen.
  • Das Nationalprinzip interpretierte z. B. Sertürner zum "Streiter für deutsche Ehre" und Paracelsus als "Kämpfer gegen die Juden".

All dies hatte in den Schaufenstern, bei Apothekertagen und in der Ausbildung des beruflichen Nachwuchses ihren Niederschlag zu finden. Friedrich schloss mit der Mahnung, die historische Aufarbeitung der NS-Zeit nicht zu vernachlässigen.

Aus der Braunschweiger Schule

In seiner Laudatio zeichnete Dr. Wigand Bohlmann, Braunschweig, ein Bild des Wissenschaftlers und Menschen Gerald Schröder aus den ersten Jahren seiner akademischen Laufbahn. Als Schröder in den 50er-Jahren seine pharmaziegeschichtliche Dissertation vorbereitete, betrat er sozusagen Neuland. Es galt, das Odium einer leicht zu erwerbenden, nur theoretischen Arbeit zu überwinden. Hauptarbeitsgebiet seines Doktorvaters Wolfgang Schneider in Braunschweig war es, den Arzneischatz historisch aufzuarbeiten. Er verband die historische Forschung mit exakter naturwissenschaftlich-experimenteller Arbeit. Schröder war einer der ersten Absolventen dieser Braunschweiger Schule. In späteren Jahren wandte sich Schröder der Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte zu. Sein Buch "NS-Pharmazie" gilt noch heute als Standardwerk.

Siehe auch die Laudatio in DAZ Nr. 23, Seite 108.

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.