GKV-Finanzreform: DGB: Mehr Wettbewerb durch Bürgerversicherung

Berlin (ks). Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Ursula Engelen-Kefer ist sicher: "Die Bürgerversicherung hat Zukunft". Durch die Einbeziehung von Beamten und Selbstständigen in die Bürgerversicherung und die Aufhebung der Versicherungspflichtgrenze werde man das Gesundheitssystem kurzfristig entlasten und langfristig stabilisieren können. Die SPD-Arbeitsgruppe zur Bürgerversicherung, der Engelen-Kefer ebenfalls angehört, arbeitet derweil an ihrem Konzept, das zum Ende der parlamentarischen Sommerpause vorgestellt werden soll.

Der DGB-Vorstand hat seine Richtungsentscheidung getroffen, erklärte Engelen-Kefer am 7. Juni im Rahmen einer Fachkonferenz der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zur Bürgerversicherung. Ein Kopfpauschalen-Modell, wie es die CDU verfolgt oder vom Ökonomen Bert Rürup vorgeschlagen wird, sei "nicht der richtige Weg". Dieses Modell belaste Einkommen bis zu 1 500 Euro stärker, während es darüber liegende Einkommen entlaste. Zudem missfällt den Gewerkschaften, dass die Arbeitgeber aus der Verantwortung gelassen werden sollen: "Wir wollen die Arbeitgeber auf jeden Fall bei der Stange halten", betonte Engelen-Kefer. Die Parität sei ohnehin durch erhöhte Patientenzuzahlungen und die Ausgliederung von Leistungen aufgeweicht worden - mehr will der DGB nicht zulassen.

Konkurrenz zwischen gesetzlich und privat

Wie genau das Gegenmodell - die Bürgerversicherung nach Vorstellung der Gewerkschaften - aussehen soll, ist auch noch nicht bis ins Letzte geklärt, räumte Engelen-Kefer ein. Die wichtigsten Ziele seien aber, mehr Wettbewerb ins System zu bringen und die Beiträge zu stabilisieren. Angesichts der demographischen Entwicklung und des medizinisch-technischen Fortschritts sei langfristig "schon mit einer Stabilisierung viel gewonnen". Auf kurze Sicht sei auch eine Entlastung "möglich und nötig". Die DGB-Vize erklärte, es gehe nicht darum, mehr Geld ins System zu schaufeln, sondern dieses gerechter zu verteilen. Darum soll auch die Beitragsbemessungsgrenze beibehalten werden. Lediglich die Versicherungspflichtgrenze solle fallen.

Engelen-Kefer verwehrte sich weiterhin gegen den Vorwurf, die Bürgerversicherung sei eine "Einheitsversicherung" und "Sozialismus pur": Dem DGB gehe es gerade um mehr Wettbewerb zwischen den Kassenarten. Der Wettbewerb zwischen gesetzlichen und privaten Kassen müsse neu geregelt werden - einheitliche Bedingungen seien nötig. Zudem müsse auch der Wettbewerb um die Qualität der Leistungen verstärkt werden. Die DGB-Vize ist enttäuscht, dass das GKV-Modernisierungsgesetz durch den Konsens mit der Union viele wettbewerbliche Elemente verloren habe.

Nahles: Es wird keinen Systembruch geben

Engelen-Kefer lobte die gute Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe zur Bürgerversicherung im SPD-Parteivorstand. Unter dem Vorsitz von Andrea Nahles entwickelt diese ein Modell, dessen Eckpunkte Anfang September vorgelegt werden sollen. Noch bemüht sich die Projektgruppe, möglichst keine Zwischenergebnisse nach außen zu tragen. Nahles erklärte auf der Fachkonferenz jedoch, dass die Sozialdemokraten keinen Systembruch versprechen werden. Man werde die Arbeitgeber nicht aus der Beitragszahlung entlassen. In der Schweiz, so die SPD-Politikerin, könne man sehen, was passiere, wenn Kopfpauschalen ohne Arbeitgeberbeteiligung eingeführt werden: Die Beiträge steigen erheblich - und zwar nur für die Arbeitnehmer. Nahles betonte, dass es der SPD um "echten Wettbewerb" gehe. Bislang gebe es nur einen privilegierten Wettbewerb der privaten Krankenkassen (PKV) um gesunde Versicherte. Ziel sei aber nicht, die PKV "platt zu machen".

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