Arzneimittel und Therapie

Heart Protection Study: Der CSE-Hemmer Simvastatin senkt kardiovaskuläre Ereign

In der britischen Heart Protection Study wurde der CSE-Hemmer Simvastatin an über 20 000 koronaren Risikopatienten mit Plazebo verglichen. Darunter waren auch Patienten ohne KHK: Sie litten an Diabetes mellitus, peripherer arterieller Verschlusskrankheit oder zerebrovaskulärer Erkrankung. Die 5-jährige Behandlung mit täglich 40 mg Simvastatin senkte die Sterblichkeit und die Rate schwerer Gefäßereignisse signifikant. Der Nutzen war unabhängig von anderen kardioprotektiven Pharmaka und vom LDL-Cholesterol-Ausgangswert.

Mehrere große randomisierte Studien haben gezeigt, dass CSE-Hemmer (Cholesterin-Synthese-Enzym-Hemmer, HMG-CoA-Reduktase-Hemmer) bei bestimmten Hochrisikopatienten die Koronarerkrankungsrate und -sterblichkeit reduzieren.

Für verschiedene Bevölkerungsgruppen ist der Nutzen der CSE-Hemmer allerdings noch nicht geklärt:

  • Menschen mit relativ niedrigem LDL-Cholesterol-Wert (etwa < 100 mg/dl),
  • koronare Risikopatienten, die bisher keine koronare Herzkrankheit (KHK) haben, aber an Diabetes mellitus, peripherer arterieller Verschlusskrankheit oder einer zerebrovaskulären Erkrankung leiden,
  • Frauen,
  • über 75-Jährige.

Risikopatienten für einen Koronartod

In der Heart Protection Study, einer groß angelegten randomisierten Langzeitstudie, wurde diesen Fragen nachgegangen. An 69 Krankenhäusern in Großbritannien wurden Erwachsene zwischen 40 und 80 Jahren zur Teilnahme an der Studie eingeladen, wenn sie aufgrund einer koronaren Herzkrankheit, einer Verschlusskrankheit anderer Arterien, eines Diabetes mellitus oder (bei Männern ab 65 Jahre) eines behandelten Bluthochdrucks ein erhebliches Risiko für einen Koronartod in den folgenden fünf Jahren hatten.

In einer Run-in-Phase bekamen die Patienten zunächst vier Wochen lang ein Plazebo, anschließend 4 bis 6 Wochen lang täglich 40 mg Simvastatin (Denan®, Zocor®). Der LDL-Cholesterol-Wert wurde direkt gemessen. Therapietreue Patienten, deren LDL-Cholesterol-Wert unter der Simvastatinbehandlung abnahm und die keine schweren Gefäßereignisse oder sonstige schweren Probleme während der Run-in-Phase hatten, wurden randomisiert, vorausgesetzt ein CSE-Hemmer war weder klar indiziert noch kontraindiziert.

20 536 Patienten wurden randomisiert, drei Viertel davon Männer. Die eine Hälfte (n = 10269) nahm fünf Jahre lang täglich eine Tablette mit 40 mg Simvastatin ein, die andere Hälfte (n = 10 267) ein Plazebo. Die Studie hatte ein 2 x 2-faktorielles Design; gleichzeitig wurde die tägliche Einnahme antioxidativer Vitamine – 600 mg Vitamin E, 250 mg Vitamin C, 20 mg Betacaroten) – mit einer Plazeboeinnahme verglichen. Die Ergebnisse der Vitamin-Einnahme werden getrennt berichtet.

Die Patienten kamen nach 4, 8 und 12 Monaten und anschließend alle 6 Monate zu Untersuchungen in die Klinik. Alle Patienten und ihre Ärzte wurden ermutigt, einen CSE-Hemmer anzuwenden, sobald er indiziert war. In diesem Fall sollten sie das Studienmedikament (Simvastatin oder Plazebo) nicht mehr einnehmen. Diese Strategie wurde im Jahr 1998 abgeändert, als Simvastatin in einer Tagesdosis von 80 mg zugelassen worden war. Ab diesem Zeitpunkt durften Patienten, bei denen dies indiziert war, zusätzlich zu ihrem Studienmedikament einen CSE-Hemmer einnehmen, der in seiner lipidsenkenden Wirkung mit 40 mg Simvastatin vergleichbar war.

Primäre Zielkriterien der Heart Protection Study waren die Gesamtmortalität, die KHK-Mortalität und die sonstige Mortalität. Zu den sekundären Zielkriterien gehörten die Rate schwerer Koronarereignisse und die Rate schwerer Gefäßereignisse.

Mehr als ein Drittel noch ohne KHK

Gut 40% der Teilnehmer hatten bereits einen Herzinfarkt erlitten, fast 25% hatten andere Formen der koronaren Herzkrankheit. Die übrigen 35% waren noch frei von einer koronaren Herzkrankheit. Zu Beginn der Studie wiesen die Patienten einen mittleren LDL-Cholesterol-Wert von 3,4 mmol/l (131 mg/dl) auf, nicht nüchtern gemessen.

Die Patienten wurden im Mittel 5 Jahre lang beobachtet. Der LDL-Cholesterol-Wert sank während der Therapie mit Simvastatin im Vergleich zu Plazebo im Mittel um 1 mmol/l (39 mg/dl). Bei Patienten mit niedrigem Ausgangswert (LDL-Cholesterol < 3 mmol/l, entsprechend 116 mg/dl) fiel der LDL-Cholesterol-Wert im Vergleich zu Plazebo immerhin um 0,9 mmol/l (35 mg/dl).

Eine Einnahme von mindestens 80% der geplanten Medikamentendosen seit der letzten Untersuchung galt als Therapietreue. Im Mittel waren 85% der Simvastatinpatienten therapietreu. Andererseits nahmen durchschnittlich 17% der Plazebopatienten einen CSE-Hemmer ein. Demnach erfasst der Intention-to-treat-Vergleich nur zwei Drittel der Wirkung, die Simvastatin – 5 Jahre lang eingenommen – gegenüber Plazebo erzielen kann (85% – 17% = 67%).

Sterblichkeit signifikant reduziert

Während der Studie starben 1328 Patienten (12,9%) der Simvastatin- und 1507 (14,7%) der Plazebogruppe (Tab. 1). Die unter Simvastatin signifikant reduzierte Sterblichkeit beruhte auf einer hoch signifikanten 18%igen Verringerung koronarer Todesfälle und einer marginal signifikanten 16%igen Verringerung anderer Gefäßtodesfälle. Bei nicht gefäßbedingten Todesfällen bestand kein signifikanter Unterschied zwischen Simvastatin- und Plazebogruppe.

Schwere Koronarereignisse und schwere Gefäßereignisse verringert

Noch ausgeprägter war die Verringerung der ersten nicht-tödlichen Herzinfarkte unter Simvastatin um 38% (Tab. 2). Als gemeinsamer Endpunkt wurden Herzinfarkt oder Koronartod (= schwere Koronarereignisse) um 27% reduziert.

Die Inzidenz eines ersten Schlaganfalls sank mit Simvastatin im Vergleich zu Plazebo um 25%. Dies beruhte auf einer 30%igen Verringerung der ischämischen Schlaganfälle. Hämorrhagische Schlaganfälle waren etwa gleich häufig. Die Häufigkeit einer ersten Revaskularisationsmaßnahme war mit Simvastatin um 24% reduziert. Dabei wurde eine erste koronare Revaskularisation in 30% weniger Fällen und eine erste nicht-koronare Revaskularisation in 16% weniger Fällen durchgeführt.

Das erste Auftreten eines dieser schweren Gefäßereignisse war in der Simvastatingruppe gegenüber der Plazebogruppe um 24% reduziert. Die Verringerung war nur im ersten Behandlungsjahr nicht signifikant, in allen folgenden hoch signifikant. Die relative Abnahme der Ereignisrate mit Simvastatin ähnelte sich in allen untersuchten Subgruppen und war überall signifikant: auch bei zu Beginn KHK-freien Patienten mit zerebrovaskulärer Erkrankung, peripherer arterieller Erkrankung oder Diabetes mellitus, bei über 70-Jährigen und bei Personen mit einem LDL-Cholesterol unter 3,0 mmol/l (116 mg/dl) oder einem Gesamt-Cholesterol unter 5,0 mmol/l (193 mg/dl).

Unabhängig vom Geschlecht und Alter der Teilnehmer senkte Simvastatin die Rate schwerer Gefäßereignisse um ein Viertel. Die Verringerung schwerer Gefäßereignisse war auch unabhängig von der Behandlung mit Antihypertensiva, Acetylsalicylsäure, Betablockern und ACE-Hemmern.

Keine unerwarteten Nebenwirkungen

Neue Krebserkrankungen wurden bei 814 Teilnehmern der Simvastatingruppe (7,9%) und 803 der Plazebogruppe (7,8%) diagnostiziert. Aufgrund erhöhter Leberenzyme wurde die Simvastatineinnahme bei 48 (0,5%) und die Plazebo-einnahme bei 35 Patienten (0,3%) gestoppt.

Als Myopathie galten Muskelsymptome und ein Creatinkinasewert oberhalb der zehnfachen Normgrenze. Sie trat bei zehn Simvastatinpatienten und bei vier Plazebopatienten auf. Der Unterschied war nicht signifikant.

Insgesamt wurde die Simvastatineinnahme bei 4,8% und die Plazeboeinnahme bei 5,1% der Patienten aufgrund von Nebenwirkungen gestoppt. Es wurden keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit nicht-gefäßbedingter Krankenhausaufnahmen festgestellt.

Fazit

Der CSE-Hemmer Simvastatin war in einem breiten Spektrum von Risikopatienten nützlich, darunter auch bei Frauen, Älteren, Nicht-KHK-Patienten und Patienten mit relativ niedrigen LDL-Cholesterol-Ausgangswerten. Herzinfarkt-, Schlaganfall- und Revaskularisationsrate wurden um jeweils etwa ein Viertel verringert. Dieser Nutzen wurde unabhängig von (das heißt zusätzlich zu) anderen kardioprotektiven Arzneimitteln erbracht.

Berücksichtigt man, dass ein Sechstel der Simvastatinpatienten nicht therapietreu waren und ein Sechstel der Plazebopatienten einen CSE-Hemmer einnahmen, könnten die Ereignisraten bei konsequenter Einnahme sogar um ein Drittel reduziert werden. Die Autoren berechnen, dass eine 5-jährige Simvastatineinnahme bei 70 bis 100 pro 1000 Behandelten mindestens ein schweres Gefäßereignis verhindern kann. Der individuelle Nutzen der Behandlung scheint mehr vom Gesamtrisiko eines Patienten für schwere Gefäßereignisse als von seinen Lipidwerten allein abzuhängen.

Literatur

Heart Protection Study Collaborative Group: MRC/BHF Heart Protection Study of cholesterol lowering with simvastatin in 20536 high-risk individuals: a randomised placebo-controlled trial. Lancet 360, 7 – 22 (2002). Yusuf, S.:Two decades of progress in preventing vascular disease. Lancet 360, 2 – 3 (2002).

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