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Arzneimittelbudgets: KBV meldet erheblichen Mehrbedarf für Arzneimittel an

BERLIN (ks). Am 28. November stehen vor dem Bundesschiedsamt Verhandlungen zu den Arzneimittel-Rahmenvereinbarungen zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an. Die KBV fordert eine kräftige Erhöhung des Ausgabenvolumens Ų die Kassen sind hingegen nur zu geringfügigen Zuwächsen bereit. In einem Presseseminar der KBV am 20. und 21. November in Berlin erläuterte die Leiterin des Arzneimittelreferats der KBV, Eva Susanne Dietrich, warum das Ausgabenvolumen erhöht werden müsse.

Einen Mehrbedarf von rund 6,5 Mrd. Euro für Arzneimittel haben deutsche Ärzte nach Auffassung der KBV, wenn sie Patienten mit Alzheimer, Multipler Sklerose, Hepatitis C und einigen anderen schweren Krankheiten erfolgreich behandeln wollen. Dieser Summe, so Dietrich, lägen äußerst konservative Berechnungen zugrunde.

Beispiel Morbus Alzheimer: etwa 650 000 Menschen in Deutschland leiden unter dieser Krankheit. 390 000 von ihnen haben eine leichte bis mittelschwere Demenz, bei der allein eine medikamentöse Behandlung zur Verzögerung der Einweisung in ein Pflegeheim sinnvoll ist. Von diesen sprechen wiederum nur 234 000 Patienten auf Medikamente an. Sichere Studien zur Wirksamkeit gibt es lediglich für die Wirkstoffe Donepezil und Rivastigmin. Würden diese Präparate nur bei jenen Patienten, die darauf ansprechen, konsequent zum Einsatz gebracht, beliefe sich der Mehrbedarf bereits auf über 290 Mio. Euro, so Dietrich.

Bei der Multiplen Sklerose liegt der von der KBV errechnete Mehrbedarf ebenso hoch. Bei Hepatitis C wären sogar nahezu 586 Mio. Euro für eine sicher wirksame Therapie nötig. Dietrich bedauert, dass der Blick auf das Ganze nicht gewagt wird: Die bloß sektorale Betrachtung des Arzneimittelbereichs jagt sicher einen Schrecken ein – doch schließlich seien tägliche Arzneimittelkosten von fünf oder sechs Euro vergleichsweise niedrig, wenn sich so die Einweisung in ein Pflegeheim um ein Jahr verzögere.

KBV für vierte Hürde – aber nicht um Arzneimittelkosten zu sparen

Ebensolche sektorübergreifenden Einsparungen verspricht sich die KBV zudem von der Einführung der vierten Hürde für neue Arzneimittel, also der Kosten-Nutzen-Bewertung im Rahmen der Arzneimittelzulassung. Unterm Strich sei aber nicht zu erwarten, dass die zusätzliche Kosten-Nutzen-Bewertung Einsparungen im Arzneimittelbereich mit sich bringe, erklärte Dietrich. Dies werde nur in einigen umgrenzten Indikationen der Fall sein.

Zum Teil sei gar damit zu rechnen, dass die Arzneimitteltherapie teurer werde – die Gesamtkosten für die Behandlung würden allerdings sinken. Dietrich begrüßt, dass bei einer Prüfung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses nicht nur – wie derzeit üblich – Vergleiche zwischen dem neuen Medikament und Plazebo gezogen würden. Die Studien im Rahmen der vierten Hürde sehen vor, das neue Arzneimittel auch mit dem derzeitigen "Gold-Standard" und ggf. der "do-nothing-option" zu vergleichen. Die KBV-Apothekerin ist jedoch zurückhaltend, wenn es darum geht, einen Zeitrahmen für die Realisierung des Projekts vierte Hürde zu benennen.

Selbst wenn man sofort mit der Planung begänne, könne man für das nächste Jahr noch keine Erwartungen haben. In den Niederlanden habe man 2000 mit der Planung für die Einführung eines solchen Systems begonnen – derzeit werde dort eine Testphase durchlaufen. Die tatsächliche Einführung sei erst für 2005 angedacht.

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