DAZ aktuell

Analyse der Ärzte: Mehrbedarf an Arzneimitteln in Milliardenhöhe

BONN (im). Würden Ärzte alle Patienten nach anerkannten Leitlinien therapieren, müssten mehrere Milliarden Euro zusätzlich für Arzneimitteltherapien in Deutschland ausgegeben werden. Nach vorsichtiger Berechnung müssten mindestens 2,24 Milliarden Euro mehr in die medikamentöse Behandlung von sieben ausgewählten Krankheiten fließen, tatsächlich wären es noch mehr. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat analysiert, wie hoch der Mehrbedarf für eine qualitativ optimale Versorgung der Patienten liegt und dies am 10. August in Berlin veröffentlicht.

Apothekerin Dr. Eva Susanne Dietrich, Leiterin des Arzneimittelreferats der KBV, errechnete, dass beispielsweise für die leitliniengerechte Behandlung von koronaren Herzkrankheiten 864 Millionen Euro, von Osteoporose 590 Millionen Euro und von Depressionen 442 Millionen Euro zusätzlich aufgebracht werden müssten. Die medikamentöse Therapie von Asthma bronchiale schlägt demnach mit 123 Millionen Euro, von Alzheimer Demenz mit 88 Millionen Euro und von Tumorschmerzen mit 80 Millionen Euro zu Buche.

Beispiel koronare Herzkrankheit

Dietrich hat zum Beispiel bei der Behandlung der koronaren Herzkrankheit (KHK) zunächst die Sollkosten berechnet, und dazu epidemiologische Daten zur Bestimmung der Patientenzahl und aktuelle Therapieleitlinien sowie Empfehlungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft herangezogen. Unter Berücksichtigung adäquater Dosierungen und Ansprechraten ermittelte sie die Kosten möglicher Therapieregime. Für die KHK-Behandlung der geschätzten 3,3 Millionen Patienten ergaben sich Sollkosten für 2004 von 1987 Millionen Euro, die auf die Therapie mit Betablockern, ACE-Hemmern, AT-II-Antagonisten, Diuretika, Lipidsenker, Thrombozytenaggregationshemmer, Nitrate sowie Calcium-Kanalblocker entfallen. Die tatsächlichen Ausgaben jedoch blieben in 2003 mit 1123 Millionen Euro deutlich dahinter zurück. Allein bei dieser Krankheit resultiert ein Mehrbedarf an Arzneimitteln von 864 Millionen Euro. KBV-Vizechef Dr. Leonhard Hansen sieht angesichts der Sparpolitik der Regierung speziell bei den Medikamenten die Ärzte in einem Spagat zwischen dem Kostendruck und einer optimalen Arzneiversorgung der Kranken. Zwar bekomme jeder Patient noch das, was er braucht. "Allerdings bewegen wir uns bei der Behandlung einiger Krankheiten an der Grenze zur Rationierung", erklärte Hansen in Berlin. Der Zweite Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung stellte klar: "Die Sparzitrone Arzneimittelverordnungen ist fast ausgequetscht. Bei der Generika-Verschreibung sind wir mit über 70 Prozent Weltspitze. In Deutschland werden mehr als zwei Drittel aller Medikamente als Nachahmerpräparate abgegeben. Die im internationalen Vergleich zu hohen Generika-Preise hat nicht die Ärzteschaft zu verantworten. Für Einsparbemühungen des Arztes bleibt nur noch wenig Spielraum. Weitere Spardiktate würden voll zu Lasten der Patienten gehen," so Hansen.

Würden Ärzte alle Patienten nach anerkannten Leitlinien therapieren, müssten mehrere Milliarden Euro zusätzlich für Arzneimitteltherapien in Deutschland ausgegeben werden. Nach vorsichtiger Berechnung müssten mindestens 2,24 Milliarden Euro mehr in die medikamentöse Behandlung von sieben ausgewählten Krankheiten fließen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat analysiert, wie hoch der Mehrbedarf für eine qualitativ optimale Versorgung der Patienten liegt und dies am 10. August in Berlin veröffentlicht. 

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.