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Forum Leipzig: Wird das GMG Erfolg haben?

Dr. Martin Weiser vom Referat für Gesundheitspolitik der Aventis Pharma Deutschland, Bad Soden, sprach auf einer Veranstaltung des Forum Leipzig Ų Bundesverband der nichtselbständigen Apothekerinnen und Apotheker Ų am 18. Mai in Frankfurt/Main über das geplante Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz (GMG). Er bezog sich dabei auf die brandneue Fassung des Gesetzesentwurfs.

Weiser ging auf die Notwendigkeit einer Reform des Gesundheitssystems in Deutschland ein. Hohen Kosten, begründet durch die demographische Entwicklung, den wachsenden medizinischen Fortschritt und die leistungsfremden Ausgaben, stehen niedrige Einnahmen infolge u. a. der hohen Arbeitslosigkeit gegenüber. Die immer schneller aufeinander folgenden Reformen zeugen vom politischen Druck und zugleich von der Unzulänglichkeit dieser Reformen.

"Vierte Hürde" bedenklich

Aus Sicht der pharmazeutischen Industrie sind besonders die Maßnahmen, die zu einer "vierten Hürde" für die Zulassung von Arzneimitteln führen, kritikwürdig.

Die Dreiteilung in die Stufen A, B und C birgt viele Detailprobleme:

  • Stufe A: Arzneimittel mit verbesserter Wirkung, deren Wirkstoffe einem völlig neuen Wirkprinzip unterliegen.
  • Stufe B: Arzneimittel mit verbesserter Wirkung, die dem Wirkprinzip eines bereits zugelassenen Arzneimittels entsprechen.
  • Stufe C: Arzneimittel ohne verbesserte Wirkung, deren Wirkstoffe einem neuen Wirkprinzip unterliegen oder dem Wirkprinzip eines bereits zugelassenen Arzneimittels entsprechen.

So soll zusätzlich zu den Kriterien der Zulassung – Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit – der Nutzen neuer Arzneimittel belegt werden. Wenn dazu Endzeitstudien, die über Jahre gehen können, notwendig sind, wird sich der Beginn ihres Einsatzes im GKV-Bereich erheblich verzögern.

In England, wo seit 1999 das National Institute of Clinical Excellence Nutzenabwägungen für Neueinführungen macht, haben sich für Patienten des National Health System die Wartezeiten auf neue Präparate gegen die Alzheimer-Erkrankung um zwölf Monate verlängert; bei neuen Immunmodulatoren gegen Multiple Sklerose beträgt die verlängerte Wartezeit sogar 30 Monate.

Die – neu vorgesehenen – Rabattverhandlungen zwischen Krankenkassen und Herstellern für Medikamente der Stufe A und B beanspruchen ebenfalls viel Zeit. Hierzu führte Weiser beispielhaft die durch die staatliche Preisbildung hinausgezögerte Zulassung von Innovationen in den europäischen Nachbarstaaten gegenüber Deutschland an.

"Me too", DMP und AMPreisV

Analogpräparate werden mit der Bezeichnung "Me too" etikettiert und sind umstritten. Wie Weiser ausführte, waren es in der pharmazeutischen Geschichte aber oft kleine Schritte, die zu neuen Therapien verhalfen; Beispiel: Sulfonamide – Diamox –Thiazide. Verschwiegen werde der Preiswettbewerb, der schon heute durch Schritt-Innovationen (nicht: Schein-Innovationen) im patentgeschützten Bereich stattfindet.

Gefahren für eine optimale Patientenversorgung mit innovativen Medikamenten sah Weiser in der Ausgestaltung der Leitlinien für Disease Management Programme (DMP), bei der – so seine Kritik – nicht immer nach neuestem Stand entschieden werde. Bisher sind DMP für die Behandlung von Diabetes Typ 2, Mammakarzinomen und kardiovaskulären Erkrankungen verabschiedet worden.

Bei der auch für die übrigen pharmazeutischen Leistungserbringer relevanten Frage nach der zukünftigen Preisgestaltung von Arzneimitteln gab Weiser zu bedenken, dass zwar die im GMG geplante Änderung der Arzneimittelpreisverordnung zusätzliche Einschnitte gegenüber der jetzigen Situation bringt, dass jedoch die Änderungen infolge der vielfältigen Öffnungsklauseln für Preisverhandlungen viel gravierender seien.

Pharmazeutischer Sachverstand nicht gefragt?

Uns zeigte die Darstellung des Entwurfes zum GMG, dass im Arzneimittelbereich wiederum – wie in den Vorläufergesetzen – nur eine (kurzfristige?) Kostensenkung im Fokus steht.

Die Leistungen, die wir als Apothekerinnen und Apotheker für die Gesellschaft auf Grund unserer Ausbildung erbringen können und wollen und die sowohl zu einer Preissenkung im Arzneimittelbereich wie auch zu der von der Regierung angekündigten Qualitätsverbesserung führen, werden in der Politik nicht wahrgenommen. Wir werden daher hier den Schwerpunkt der berufspolitischen Arbeit setzen müssen.

In diese Richtung zielen folgerichtig die Themenvorschläge des Forum Leipzig in Form von Anträgen für den diesjährigen Deutschen Apothekertag, die im Anschluss an den Vortrag ausgearbeitet wurden.

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