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Arneimittelbudgets: Hochwirksame Theorien schlagen durch

Bonn (im). Die niedergelassenen Mediziner haben der Politik vorgeworfen, diese lasse sie bei den Problemen des Arzneibereichs im Stich. Wenn die Politiker wie die Ärzte ihre Hausaufgaben gemacht hätten, gäbe es mit einer sinnvollen Steuerung der Arzneimittelausgaben deutlich weniger Schwierigkeiten. Anhand aktueller Daten verdeutlichte Dr. Jürgen Bausch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) den Kostenanstieg vor allem bei Spezialpräparaten und Innovationen, welcher nicht durch Einsparungen bei anderen Medikamenten kompensiert werden könne.

Beispielsweise seien die Sparmöglichkeiten durch die Umstellung von Originalpräparaten auf preiswertere Generika sehr stark, allenfalls bei den so genannten umstrittenen Arzneimitteln noch nicht vollständig ausgeschöpft worden, so Bausch am 12. Januar in Berlin. Die Mediziner hätten sich insgesamt dort zurückgehalten, wo es sinnvoll sei. Den Patienten wurden nach Angaben des KBV-Vorstandsmitglieds keine Verschreibungen zur Behandlung wichtiger Krankheitsbilder verweigert. Der Arzneiexperte der KBV, welche die rund 110 000 Ärzte vertritt, legte Zahlen der alten Bundesländer der ersten zehn Monate des Jahres 1999 gegenüber dem Vorjahreszeitraum vor. Der Apothekenmarkt Ost sei nicht einbezogen worden, allerdings gebe es hier ähnliche Markttrends.

Beispiel Diabetes

Zweistellige Zuwächse bei den Ausgaben habe es zum Beispiel bei den Antidiabetika gegeben. Zwischen Januar und Oktober 1999 hätten die Aufwendungen der Krankenkassen für Insuline um fast 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugelegt. Bei Lipidsenkern habe der Anstieg in der Zeitspanne 18,6 Prozent betragen. Die Ausgaben für Diabetes seien von 1998 auf 1999 in den ersten zehn Monaten von 2,8 Milliarden Mark auf 3,2 Milliarden Mark gestiegen. Nach Angaben von Kinderarzt Bausch, der auch erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ist, betrug damit der Mehrbedarf zur Behandlung der Zuckerkrankheit 405,8 Millionen Mark in den ersten zehn Monaten 1999. Wie das KBV-Vorstandsmitglied hervorhob, seien jedoch nicht die Arzneimittel die Hauptteuerungsfaktoren, sondern die Diabetesverträge mit den Krankenkassen. Diese hätten die Vermeidung von Spätkomplikationen – wie Amputation oder Erblindung – zum Ziel, führten heute jedoch nicht zu Ausgabenrückgängen, sondern stattdessen etwa zu deutlich höheren Insulinverbräuchen.

Virustatika gegen AIDS

Als weiteres Beispiel nannte der Kinderarzt die Krankheit AIDS, die zwar selten sei, sich aber in den Medikamentenkosten deutlich zu Buche schlage. Habe die Behandlung von Aidskranken 1998 inklusive der systemischen Antimykotika und Immunglobuline 371 Millionen Mark gekostet, seien es im vergangenen Jahr 414,9 Millionen Mark bezogen auf die ersten zehn Monate gewesen. Fast die Hälfte der Mehrausgaben von 43,9 Millionen Mark entfiel demnach auf die Virustatika, die um 18,7 Prozent zulegten. Darüber hinaus nannte Bausch den Ausgabenanstieg für Mittel gegen chronische Hepatitis B und C sowie gegen Multiple Sklerose in Höhe von 73 Millionen Mark. Auch in der Schmerztherapie seien höhere Kosten zu beobachten, die in den ersten zehn Monaten 1999 rund 50 Millionen Mark Mehrausgaben bewirkten. Dies sei zum einen politisch bedingt durch geänderte Verschreibungsregelungen für Codein, zum anderen medizinisch erklärbar durch die bessere Versorgung von Schmerzpatienten wie Tumorkranken, wozu ein Mehrbedarf an teuren Opiaten gehöre. Zugleich hätten die verbesserten Richtlinien zur Methadon-Substitution, die drogenpolitisch sinnvoll seien, einen Kostenanstieg bewirkt. Bausch forderte verschiedene Instrumente zur Umsetzung der Budgetpolitik. So müssten die stringenten Arzneimittelrichtlinien, die Ende März 1999 gestoppt wurden, ebenso wirksam werden wie die Änderung der Festbetragsregelungen. Der KBV-Repräsentant kritisierte darüber hinaus das Anhalten des gemeinsamen Aktionsprogramms von Ministerium, niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen durch verschiedene Gerichte. Bis zur endgültigen Klärung seien die KVen an einer Information der Kassenärzte zur rationellen Pharmakotherapie gehindert.

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