Arzneimittel und Therapie

Herzinsuffizienz: Nesiritid verbessert die Stauungsinsuffizienz

Die intravenöse Gabe des diuretischen Peptids Nesiritid verbessert die hämodynamischen Funktionen und den klinischen Status bei hospitalisierten Patienten mit schwerer Stauungsinsuffizienz. Somit steht mit Nesiritid eine zusätzliche therapeutische Option zur Initialtherapie einer Stauungsinsuffizienz zur Verfügung.

Eine Stauungsinsuffizienz ist vor allem durch Dyspnö, Ermüdung, venösen Lungenstau und ein erniedrigtes Herzzeitvolumen gekennzeichnet. Sie kann zu einer symptomatischen Dekompensation führen, die häufig eine Krankenhauseinweisung erforderlich macht. Um die Hauptsymptome rasch beheben zu können, werden hauptsächlich Diuretika, Vasodilatoren und positiv inotrop wirkende Pharmaka intravenös verabreicht. Mit dem natriuretischen Peptid Nesiritid steht nun eine weitere Möglichkeit zur Therapie einer Stauungsinsuffizienz zur Verfügung. Um den klinischen Nutzen von Nesiritid genauer einschätzen zu können, wurden zwei randomisierte Studien - eine Wirksamkeitsstudie und eine vergleichende Studie - durchgeführt.

Erfassung der hämodynamischen und symptomatischen Endpunkte

Insgesamt wurden 432 Patienten ausgewählt, die aufgrund einer Stauungsinsuffizienz hospitalisiert werden mussten. Davon wurden 127 Patienten der Wirksamkeitsstudie und 305 Patienten der Vergleichsstudie zugeteilt. Die Teilnehmer der Wirksamkeitsstudie wiesen einen Wedge-Druck von 18 mmHg oder mehr und einen Herzindex von 2,7 l/min/m² Körperoberfläche oder weniger auf; ihr systolischer Blutdruck betrug mindestens 90 mmHg. Sie erhielten unter hämodynamischem Monitoring randomisiert und doppelblind entweder eine Plazeboinfusion oder während sechs Stunden 0,015 oder 0,030 mg/kg/Minute Nesiritid.

Als Endpunkte dieser Studie waren der Wedge-Druck nach sechs Stunden, Veränderungen im klinischen Status (beurteilt nach einer 5-Punkte-Skala), die Schwere der klinischen Symptome Dyspnö und Ermüdung (beurteilt nach einer 3-Punkte-Skala) sowie diverse hämodynamische Parameter (u.a. Herzindex, Herzrate, systolischer Blutdruck, pulmonal-arterieller Druck, rechter Vorhofdruck) definiert.

Die Patienten der Vergleichsstudie erhielten randomisiert an bis zu sieben Tagen entweder eine Standardtherapie (ein vasoaktives Arzneimittel wie z.B. Dobutamin, Nitroprussidnatrium, Milrinon, Nitroglycerin) oder Nesiritid in den Dosierungen 0,015 bzw. 0,030 mg/kg/Minute. Die Endpunkte der Vergleichsstudie waren der klinische Status und klinische Symptome (Dyspnö, Ermüdung), die zu Studienbeginn sowie nach einem und sieben Tagen beurteilt wurden.

Deutliche Wirksamkeit von Nesiritid

Anhand der statistischen Auswertungen konnte die Wirksamkeit von Nesiritid deutlich belegt werden. Für die Wirksamkeitsstudie wurden folgende Resultate ermittelt:

  • Nesiritid führte zu einer statistisch signifikanten Abnahme des Wedge-Drucks um 6,0 mmHg (niedere Dosis) bzw. 9,6 mmHg (höhere Dosis); die Plazeboinfusion führte hingegen zu einem Anstieg von 2,0 mmHg.
  • Auch bei weiteren hämodynamischen Parametern wie dem rechten Vorhofdruck, dem Herzindex sowie dem mittleren und systolischen pulmonal-arteriellen Druck zeigte sich Nesiritid dem Plazebo deutlich überlegen.
  • Nesiritid führte zu einer Verbesserung des klinischen Status um 60% bzw. 67%: in der Plazebogruppe wurde eine Verbesserung von 14% beobachtet.
  • In der Verumgruppe nahm die Dyspnö um 57% bzw. 53% (Plazebo 12%), die Ermüdung um 32% bzw. 38% (Plazebo 5%) ab.

Auch in der Vergleichsstudie führte Nesiritid zu einer deutlichen Verbesserung des klinischen Status und einer Abnahme von Dyspnö und Ermüdung. Der Therapieerfolg war vergleichbar mit demjenigen der Standardtherapie. Nesiritid zeigte sich in beiden Studien als gut verträgliches Medikament; an unerwünschten Wirkungen wurde vor allem eine dosisabhängige, milde Hypotonie verzeichnet.

Nesiritid - eine Alternative zur Standardtherapie?

Die Standardtherapie einer Stauungsinsuffizienz besteht aus der Gabe von Diuretika, Dobutamin, Milrinon, Nitroglycerin und Nitroprussidnatrium. Doch jedes dieser Pharmaka kann nur limitiert und nicht in jedem Fall eingesetzt werden. So können z.B. Dobutamin und Milrinon aufgrund ihrer Wirkungen auf die Herzrate nur begrenzt verwendet werden, und der Einsatz von Nitroprussidnatrium erfordert ein enges Monitoring, da eine zu rasche Infusion zu einem exzessiven Blutdruckabfall führen kann. Somit erscheint das gut verträgliche und zuverlässig wirksame Nesiritid als eine willkommene Alternative zu den Standardtherapien bei einer Stauungsinsuffizienz.

Glossar:

Nesiritid.

Nesiritid (Natrecor®, Scios®, Sunnyvale®, Calif®; in Deutschland nicht im Handel) ist ein rekombinantes humanes natriuretisches Peptid, dessen diuretische Wirkung über eine vermehrte Natriumausscheidung erfolgt. Die systemische Gabe von Nesiritid bei Patienten mit Stauungsinsuffizienz führt zur Verbesserung hämodynamischer Parameter, einschließlich einer verbesserten arteriellen und venösen Dilatation, einer verstärkten Natriumausscheidung und einer Unterdrückung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems. Stauungsinsuffizienz. Dekompensierte Rechtsherzinsuffizienz als Folge einer Linksherzinsuffizienz. Die Hauptsymptome sind Ermüdung, Dyspnö, venöser Lungenstau und erniedrigtes Herzzeitvolumen. Herzindex. Index aus Herzminutenvolumen pro m2 Körperoberfläche als Parameter bei Herzleistung; normal 3,5 l/min/m². Wedge-Druck. Bezeichnung für den pulmonal-kapillären Verschlussdruck. Er wird über einen Swan-Ganz-Einschwemmkatheter gemessen und ist ein Maß für den Füllungsdruck des linken Ventrikels. Normwert: 5 bis 16 mmHg. Der Wedge-Druck hat besondere Bedeutung zur Beurteilung der Schwere einer Herzinsuffizienz. Swan-Ganz-Katheter. Einschwemmkatheter (doppellumiger Ballonkatheter) zur Blockade kleiner Lungenarterien zwecks Messung des Lungenkapillardrucks. Anwendung vor allem in der Intensivmedizin und intraoperativ zur Überwachung herzinsuffizienter Patienten.

Literatur: Colucci, W., et al.: Intravenous Nesiritide, a natriuretic peptide, in the treatment of decompensated congestive heart failure. N. Engl. J. Med. 343, 246-253 (2000).

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