Arzneimittel und Therapie

Schwere dekompensierte Herzinsuffizienz: Calcium-Sensitizer Levosimendan verbe

Bei der dekompensierten schweren Herzinsuffizienz mit geringer Auswurfleistung kommt es auf eine möglichst schnelle Verbesserung der Hämodynamik an. Bisher wurden in dieser kritischen Situation vor allem das Beta-Adrenergikum Dobutamin oder Phosphodiesterase-Hemmer eingesetzt, die über eine Steigerung des Ca2+-Angebots in der Zelle eine Zunahme der Kontraktilität bewirken. Hierbei muss die Gefahr der Entwicklung von lebensgefährlichen Arrhythmien in Kauf genommen werden. Der von der Firma Orion entwickelte Wirkstoff Levosimendan setzt nach einer Firmenmitteilung an einem anderen Punkt an: Er erhöht die Ca2+-Sensitivität der Herzmuskelzelle, ohne die intrazellulären Ca2+-Spiegel wesentlich zu beeinflussen.

Levosimendan bindet an Troponin C, ein Calcium-abhängiges Protein, das eine wesentliche Rolle bei der Kontraktion und Relaxation des Herzmuskels spielt. Durch diese Bindung wird die Affinität von Troponin C für Calcium erhöht, daraus resultiert eine gesteigerte Kontraktionskraft der Herzmuskelzelle. Die Bindung zwischen Levosimendan und Troponin C kommt nur bei ansteigenden Ca2+-Spiegeln, wie sie physiologisch während der Systole auftreten, zustande. Die diastolische Relaxation wird daher durch Levosimendan nicht beeinflusst. Ein weiterer positiv zu wertender Effekt des Calcium-Sensitizers ist die über eine Öffnung von Kaliumkanälen vermittelte Vasodilatation, die zu einer Senkung der Vor- und Nachlast beitragen kann.

In einer randomisierten klinischen Doppelblindstudie zur Effektivität und Sicherheit von Levosimendan wurden 151 Patienten mit stabiler Herzinsuffizienz der NYHA-Stadien III und IV mit verschiedenen Dosierungen von Levosimendan zwischen 0,05 und 0,6 mg/kg/min, Dobutamin (6 mg/kg/min) oder Plazebo über jeweils 24 Stunden behandelt. Als primäre Endpunkte wurden ein Anstieg des Schlagvolumens um mindestens 15%, ein Abfall des Lungenkapillardrucks um mindestens 25% und ein Anstieg von CO über 40% definiert. Bei 50% der Patienten unter der geringsten Levosimendan-Dosis und 88% unter der höchsten Dosis konnten diese Behandlungsziele erreicht werden (Plazebo 14%, Dobutamin 70%). Eine Beeinflussung der Adrenalin- und Renin-Spiegel wurde unter der Behandlung nicht beobachtet. Levosimendan erwies sich als gut verträglich; eine dosisabhängige Zunahme der Inzidenz unerwünschter Wirkungen wurde nicht beobachtet.

Wirksamkeit belegt

In der LIDO (Levosimendan Infusion versus Dobutamin)-Studie konnte auch die Wirksamkeit von Levosimendan bei Patienten mit schwerer dekompensierter Herzinsuffizienz und geringer Auswurfleistung belegt werden. An der Studie nahmen 203 Patienten teil, von denen die meisten an einer Verschlechterung ihrer chronischen Herzinsuffizienz trotz optimaler oraler Therapie litten. Seltene Indikationen waren akute Herzinsuffizienz, schwere Herzinsuffizienz nach kardialen Operationen und die Überbrückung der Zeit bis zu einer vorgesehenen Herztransplantation. Als primäre Behandlungsziele wurden ein Anstieg des kardialen Indexes von mehr als 30% im Vergleich zum Ausgangswert und eine Abnahme des Lungenkapillardrucks von mehr als 25% oder mindestens 4mmHg definiert. Des weiteren wurden Veränderungen anderer hämodynamischer Parameter, Besserung der Symptomatik, Bedarf an zusätzlichen Medikamenten sowie die Mortalität und Morbidität nach 31 und 180 Tagen beurteilt.

103 Patienten erhielten eine 24-Stunden-Infusion Levosimendan (24 mg/kg als Bolus, danach 0,1 mg/kg/min) und 100 eine Dobutamin-Infusion (5 mg/kg/min). Konnte nach zwei Stunden noch kein Anstieg des Herzindexes um 30% erreicht werden, wurde die Dosis auf 0,2 mg/kg/min Levosimendan bzw. 10 mg/kg/min Dobutamin erhöht.

Die primären Endpunkte wurden von signifikant mehr Patienten unter Levosimendan als unter Dobutamin erreicht (28 vs.15%, p < 0,05). Besonders auffällig war die stärkere Abnahme des Füllungsdrucks in den Lungenkapillaren unter dem Calcium-Sensitizer (um 29% unter Levosimendan und 16% unter Dobutamin). Auch klinische Symptome wie Dyspnö und Müdigkeit sprachen besser auf die Therapie mit Levosimendan an. Schon nach zwei Stunden setzte die Diurese bei den meist anurischen Patienten wieder ein.

Levosimendan erwies sich gegenüber Dobutamin als besser verträglich. Es traten weniger kardiale Nebenwirkungen wie Anstieg der Herzfrequenz und Arrhythmien auf (3,9 vs. 13,3% unter Dobutamin), und es wurde über weniger Angina-pectoris-Anfälle und Brustschmerzen berichtet (0 vs. 6% unter Dobutamin). Lediglich Kopfschmerzen und eine asymptomatische Hypotension wurden unter Levosimendan etwas häufiger beobachtet als unter Dobutamin; der Unterschied war aber nicht signifikant.

Überlebenschancen verbessert

Auch für die Untersucher überraschend war der deutliche Vorteil von Levosimendan hinsichtlich der Mortalitätsdaten. Nach 31 Tagen waren acht Patienten (7,8%) in der Levisomendan-Gruppe und 17 Patienten (17%) in der Dobutamin-Gruppe verstorben. Nach 180 Tagen lag die Mortalität der mit Levosimendan behandelten Patienten bei 26,2% und in der Dobutamin-Gruppe bei 38%. Dies entspricht insgesamt einer Risikoreduktion durch Levosimendan um 40%.

Die Daten belegen, dass der neue Calcium-Sensitizer Levosimendan sich als kurzfristige Infusion bei dekompensierter schwerer Herzinsuffizienz günstiger auf die hämodynamischen Parameter auswirkt und besser verträglich ist als herkömmliche Inotropika wie Dobutamin. Der kurzzeitige Effekt in der kritischen Phase der Herzinsuffizienz scheint für die Prognose des Patienten von entscheidender Bedeutung zu sein, was sich in der geringeren Mortalität nach vier Monaten unter Levosimendan zeigte. Die Zulassung von Levosimendan ist eingereicht.

Quelle: Prof. M. S. Nieminen, Helsinki; Prof. F. Follath, Zürich; 3. Symposium "Heart Failure Berlin", Unfallkrankenhaus Berlin, 19. bis 20. November 1999.

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