Arzneimittel und Therapie

Boswelliasäuren: Weihrauchprodukt ist nicht gleich Weihrauchprodukt

Bei der Verwendung von Weihrauchprodukten bei so schwerwiegenden Erkrankungen wie Polyarthritis, Colitis ulcerosa, möglicherweise Morbus Crohn sowie Asthma bronchiale ist eine Dosisfindung mit normierten/standardisierten Produkten unbedingt erforderlich, sollen nicht wirkungslose Therapien oder sogar Verschlimmerungen in Kauf genommen werden.

Von Extrakten aus dem indischen Weihrauch ist bekannt, dass diese in vitro sowohl die Leukotrien- als auch in hohen, in vivo vermutlich nicht erreichbaren Konzentrationen die Prostaglandinsynthese hemmen [1]. Die Hemmwirkung auf die Prostaglandinsynthese ließ sich jedoch nicht bei allen im Weihrauchextrakt enthaltenen und von der Arbeitsgruppe um Professor Ammon verwendeten Boswelliasäuren nachweisen. Sie fand sich z.B. bei Acetyl-11-keto-β-Boswelliasäure (AKBA).

Andere Boswelliasäuren, wie z.B. Acetyl-β-Boswellisäure, hatten eine solche Wirkung nicht. Kürzlich konnte gezeigt werden [2], dass bei der Erstellung von Konzentrations-Wirkungs-Kurven in vitro niedrige Konzentrationen an Weihrauchharz bzw. Weihrauchextrakten die Bildung von 5-Lipoxygenaseprodukten in intakten neutrophilen Granulozyten erhöhte, während sie bei höheren Konzentratio- nen konzentrationsabhängig gehemmt wurde.

Es müssen sich in Weihrauchprodukten also sowohl Stoffe befinden, die die Bildung von Arachidonsäuremetaboliten fördern (dadurch könnten entzündliche Krankheitsbilder sogar verschlimmert werden), als auch solche, die die Bildung von 5-Lipoxygenaseprodukten hemmen, was bei richtiger Dosierung die eigentlich erwünschte therapeutische Wirkung wäre.

Interessanterweise wurde die Bildung von 5-Lipoxygenaseprodukten allerdings durch die wirksamste unter den Boswelliasäuren, die Acetyl-11-keto-β-Boswelliasäure, nicht gesteigert. Als einer der Stoffe, die die Bildung von 5-Lipoxygenaseprodukten erhöhten, konnte die 3-oxo-Tirucallsäure identifiziert werden [2]. Auf Grund der bisherigen Ergebnisse ist anzunehmen, dass Weihrauchpräparate ein Gemisch von Wirksubstanzen mit teilweise synergistischen und teilweise antagonistischen Effekten enthalten.

Extrakt ist am besten geeignet

Bisherige klinische Untersuchungen haben eine Wirksamkeit von Weihrauchextrakten bei chronischer Polyarthritis, Colitis ulcerosa [3], nicht spezifischer Colitis (nicht veröffentlicht) und Asthma bronchiale ergeben [4]. Bei allen diesen Erkrankungen spielt die vermehrte Bildung von Leukotrienen eine entscheidende Rolle. Folgt man den bisherigen Kenntnissen zu Inhaltsstoffen, Wirkungen und Wirksamkeit von Weihrauchprodukten, so ist anzunehmen, dass ein Extrakt zur Zeit wohl die geeignetste Arzneiform darstellt.

Aus dem Gesagten ergibt sich aber auch, dass es auf die richtige Dosierung ankommt und dass z.B. Unterdosierungen entweder keine Wirkung besitzen oder vielleicht sogar eine gegenteilige Wirkung. Berichten von Kennern aus Indien zufolge werden hin und wieder Verschlimmerungen bei rheumatischen Erkrankungen beobachtet. Letztere könnten in der Tat auf eine Unterdosierung zurückzuführen sein.

Standardisierung ist notwendig

Es ist daher zu fordern, dass Weihrauchprodukte, sofern sie therapeutisch verwendet werden, einer Normierung/Standardisierung bedürfen. Für die Normierung/Standardisierung von Phytopharmaka werden so genannte Leitsubstanzen herangezogen, wenn man eigentliche Wirkstoffe nicht kennt, sowie Wirkstoffe soweit sie bekannt sind. Aussagekräftiger wäre eine biologische Normierung/Standardisierung auf therapierelevante Parameter.

Im Fall von Weihrauchprodukten sieht Professor Ammon die Wirkung auf die Bildung von Leukotrienen als einen therapierelevanten Parameter. Das dabei benutzte biologische Verfahren besteht in der Verwendung von polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten. Diese werden mit Hilfe von Calcium und Calciumionophor zur Produktion von Leukotrienen angeregt [5].

Literatur [1] Ammon, H. P. T., T. Mack, G. B. Singh and H. Safaihy, Planta Med. 57, 203-207 (1991). [2] Boden, S. E., E.-R. Sailer, S. C. Taneja, H. P. T. Ammon and H. Safayhi, Naunyn-S. Arch. Pharmacol. 357 S, 40 (1998). [3] Gupta, I., A. Parihar, P. Malhotra, G. B. Singh, R. Lüdtke, H. Safayhi and H. P. T. Ammon, Eur. J. Med. Res. 2, 37-43 (1997). [4] Gupta, I., V. Gupta, A. Parihar, S. Gupta, R. Lüdtke, H. Safayhi and H. P. T. Ammon, Eur. J. Med. Res. 3, 511-514 (1998). [5] Safayhi, H., G. Tiegs and A. Wendel, Biochem. Pharmacol. 34, 2691-2694 (1985).

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.