DAZ aktuell

Arzneiverordnungs-Report: Letztes Wort noch nicht gesprochen

DÜSSELDORF (daz/bpi/bah). Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob am 9. März die einstweiligen Verfügungen auf, die bisher das Erscheinen des umstrittenen Arzneiverordnungs-Report 1997 verhindert hatten. "Bittere Pillen für Pharmafirmen - Arzneireport darf jetzt unzensiert erscheinen" berichten die Tageszeitungen am Dienstag, dem 10. März. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) kommentiert dagegen in einer Pressemitteilung: "Düsseldorfer Entscheidung hat keine Auswirkungen". Auch der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) stellt klar: Die Liste "umstrittener Arzneimittel" darf nach wie vor nicht veröffentlicht werden. Nachfolgend die Pressemitteilungen des BPI und BAH im Wortlaut.

"""Das letzte Wort in Sachen Arzneiverordnungs-Report (AVR) ist mit dieser Entscheidung noch nicht gesprochen." Mit dieser Aussage reagierte ein Sprecher des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, die am 9. März verkündet wurde. Das Gericht folgte in dem von den Krankenkassen angestrengten Berufungsverfahren deren Argumentation, wonach es sich bei dem Arzneiverordnungsreport um eine unabhängige wissenschaftliche Arbeit handele. Während der Berufungsverhandlung hatten die Anwälte der Krankenkassen allerdings eingeräumt, daß der AOK-Bundesverband Honorare an den als "unabhängigen" Wissenschaftler Professor Ulrich Schwabe zahlt. Schwabe wird im Buch als Herausgeber genannt. Das Oberlandesgericht beurteilte die Veröffentlichung von Arzneimittellisten im Arzneiverordnungs-Report - anders als das Landgericht Düsseldorf - nicht als von den GKV-Spitzenverbänden gesteuerte Wettbewerbsbeeinflussung. Der BPI macht darauf aufmerksam, daß es sich auch bei der Entscheidung vom 9. März um ein Eilverfahren handelt. Ihm schließe sich das Hauptsache-Verfahren an. Dabei würde die Beweislage noch einmal detailliert geprüft. Der Verband gibt sich zuversichtlich, daß die klagende Arzneimittelfirma in diesem Verfahren obsiegt. Das Landgericht Düsseldorf, dessen Entscheidung jetzt überprüft wurde, hatte sich im September 1997 der Argumentation eines Herstellers angeschlossen und entsprechende Veröffentlichungen mit der Begründung untersagt, es gehe den Krankenkassen darum, "das Verordnungsverhalten... umzulenken und damit die Marktanteile entsprechend zu verschieben." Dazu machten sie nach Ansicht des Gerichts ihren Einfluß auf den Inhalt des AVR geltend, weshalb nicht mehr von einer unabhängigen wissenschaftlichen Meinungsäußerung der Autoren in dem AVR ausgegangen werden könne. An dieser Einschätzung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie habe sich nichts geändert. Es gehe bei dem Streit nicht um die Behinderung der Meinungsfreiheit, wie häufig dargestellt werde, sondern allein um den Einfluß der Krankenkassen auf den Report. Trotz der Entscheidung vom 9. März dürfen die Krankenkassen nach Angaben des BPI keine Listen sogenannter umstrittener Arzneimittel veröffentlichen, da dies noch durch weitere Einstweilige Verfügungen anderer Gerichte untersagt ist.

Der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) in Bonn stellt fest: Falsch sind Berichte in den Medien, wonach der Arzneiverordnungs-Report nunmehr mit der Liste angeblich umstrittener Arzneimittel veröffentlicht werden darf. Richtig ist, daß das Oberlandesgericht Düsseldorf im Berufungsurteil vom 9. März 1998 den Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen den Arzneiverordnungs-Report abgelehnt hat. Von diesem Urteil bleiben aber andere gerichtliche Entscheidungen gegen den Arzneiverordnungs-Report aus dem Herbst letzten Jahres unberührt. So ist es beispielsweise nach einem Beschluß des Landgerichts Hamburg den Spitzenverbänden der Krankenkassen nach wie vor verboten, die Liste der sog. umstrittenen Arzneimittel zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen und zu behaupten, bei Verzicht auf diese Arzneimittel errechne sich für die Krankenkassen ein Einsparvolumen von 4,2 Mrd. DM. Solange diese Entscheidungen nicht aufgehoben sind, dürfen die Kassen die Liste der "umstrittenen Arzneimittel" nicht veröffentlichen. Nach wie vor ist der BAH überdies der Meinung, daß ein Arzneiverordnungs-Report mit einer Liste sog. umstrittener Arzneimittel ein falsches Signal für die Verordnung setzt. Denn Ausgrenzungen bzw. Verordnungen vielfach teurerer Ersatzarzneimittel können nicht im Sinne einer medizinisch notwendigen und effektiven, an den Bedürfnissen der Patienten orientierten Versorgung sein. Einsparungen lassen sich auf solchem Wege für die Krankenkassen jedenfalls nicht erzielen.

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