Elagolix, Linzagolix und Relugolix

GnRH-Rezeptor-Antagonisten bei Endometriose

Stuttgart - 26.01.2024, 07:00 Uhr

Leitsymptome einer Endometriose sind verschiedenste Schmerzzustände und Einschränkungen der Fruchtbarkeit. (Foto: Malik/peopleimages.com / AdobeStock)

Leitsymptome einer Endometriose sind verschiedenste Schmerzzustände und Einschränkungen der Fruchtbarkeit. (Foto: Malik/peopleimages.com / AdobeStock)


Bringt bei Endometriose eine Therapie mit Dienogest nicht den gewünschten Behandlungserfolg, gibt es einige hormonelle Zweitlinientherapien. Erst seit kurzem ist dafür auch das Kombinationsarzneimittel Ryeqo mit dem GnRH-Rezeptorantagonisten Relugolix zugelassen. Wann ist Relugolix bei Endometriose geeignet und wann nicht? Und was unterscheidet Gonadotropin-releasing-Hormon-Analoga von GnRH-Rezeptorantagonisten?

Im Juli 2021 wurde das Präparat Ryeqo® in der EU zugelassen. Es enthält drei Wirkstoffe – den GnRH-Rezeptorantagonisten Relugolix, Estradiol und das Gestagen Norethisteronacetat. Indiziert war es von da an bei erwachsenen Frauen im gebärfähigen Alter mit mäßigen bis starken Beschwerden aufgrund von Uterusmyomen [1,2,3]. Myome sind gutartige Wucherungen der Muskelschicht der Gebärmutter, für deren medikamentöse Therapie derzeit jedoch keine einheitliche Therapieempfehlung besteht. Die „S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie von benignen Erkrankungen der Gebärmutter“ ist für Juni dieses Jahres angemeldet [4,5].

Zur Diagnostik und Therapie einer weiteren gynäkologischen Erkrankung – der Endometriose – gibt es zwar eine aktuell gültige S2k-Leitlinie, doch auch die Endometriose kann bis heute häufig nicht zufriedenstellend behandelt werden. Darauf macht der Zulassungsinhaber Gedeon Richter Pharma von Ryeqo® derzeit aufmerksam. Denn ab sofort stehe das Kombinationsarzneimittel Ryeqo® auch in der Indikation der Endometriose zur Verfügung: „Mit der Zulassungserweiterung kommt das Medikament nun auch für Endometriosepatientinnen infrage, wenn eine Vortherapie nicht erfolgreich oder mit Nebenwirkungen verbunden war“, heißt es [6,7].

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Als Basis der Endometriose-Therapie gelten hormonelle und/oder medikamentöse Behandlungen und operative Maßnahmen. Kausale oder präventive Therapien gibt es noch nicht. Mit der hormonellen Therapie soll eine therapeutische Amenorrhoe erreicht werden. Als Erstliniensubstanz wird Dienogest eingesetzt. 

GnRH-Analoga bei Endometriose und ihre Nebenwirkungen

Auch Gonadotropin-releasing-Hormone (GnRH-Analoga) sind für die Therapie der Endometriose zugelassen und kommen als Zweitlinientherapie zum Einsatz (z.B. laut Lauer-Taxe: Triptorelin in Decapeptyl® zur Injektion, Buserelin in Metrelef® und Nafarelin in Synarela® als Nasensprays). Daneben werden ohne Zulassung kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK) und andere Gestagene als Dienogest eingesetzt – auch in Darreichungsformen wie IUD (Intrauterinpessar), Vaginalring und anderen. Bevor eine Zweitlinientherapie begonnen wird, sollte laut Leitlinie jedoch eine Reevaluation der Behandlung in einer auf Endometriose spezialisierten Einrichtung erwogen werden.

GnRH-Analoga sind aufgrund ihres Nebenwirkungsspektrums keine Erstlinientherapeutika und die Therapie mit ihnen ist auf einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten beschränkt: Sie bewirken einen Estrogen-Mangel, sodass es zu klimakterischen Beschwerden und einer Verringerung der Knochendichte kommen kann. Mithilfe einer sogenannten Add-back-Therapie kann bis zu zwölf Monate mit GnRH-Analoga behandelt werden. Das heißt, es muss dann zusätzlich eine Estrogen-Gestagen-Kombination eingenommen werden.

Relugolix als Zweitlinien-Therapie bei Endometriose

Neben den GnRH-Analoga verweist die deutsche Leitlinie außerdem auf einen GnRH-Antagonisten, der im Juli 2018 in den USA zugelassen wurde: Elagolix [6]. Das ist insofern interessant, da es sich bei Relugolix in Ryeqo® auch um einen GnRH-Rezeptor-Antagonisten handelt. Während es in der deutschen Leitlinie somit aber noch keine Empfehlung zum Einsatz von Relugolix oder insgesamt von GnRH-Rezeptor-Antagonisten gibt, heißt es in der Leitlinie der „European Society of Human Reproduction an Embryology“ (ESHRE) zur Endometriose von 2022 bereits, dass GnRH-Rezeptor-Antagonisten zur Zweitlinientherapie zählen können – wie bei den GnRH-Analoga aufgrund der möglichen Nebenwirkungen. Neben Elagolix werden dort auch Linzagolix und Relugolix als GnRH-Rezeptorantagonisten aufgezählt. Es wird jedoch betont, dass die Evidenz noch begrenzt ist [8]. In Deutschland ist nur Relugolix im Handel.

Insofern entspricht die Indikation von Ryeqo® der Leitlinien-Empfehlung. Auch die Tatsache, dass Relugolix darin direkt in Kombination mit einer Add-Back-Therapie angeboten wird, erscheint plausibel.

Wie unterscheiden sich GnRH-Analoga und GnRH-Antagonisten?

Die Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V. hat der Firma Gedeon Richter einige Fragen zu Relugolix gestellt und die Antworten auf ihrer Webseite veröffentlicht. Dort wird unter anderem erklärt, dass GnRH-Analoga und GnRH-Antagonisten „grundlegend“ das gleiche Wirkprinzip teilen: „Beide Wirkstoffklassen hemmen die Freisetzung des Follikelstimulierenden Hormons (FSH) sowie Luteinisierenden Hormons (LH) und senken folglich die Konzentrationen der beiden Geschlechtshormone Estradiol und Progesteron“, erklärt Gedeon Richter und weist dennoch auf Unterschiede zwischen den beiden Wirkstoffklassen hin: Bei GnRH-Analoga komme es erst durch die längerfristige Anwendung (rund vier Wochen) und permanente Aktivierung der GnRH-Rezeptoren zur Down-Regulation der Rezeptoren und dem gewünschten Wirkeintritt. Nach Beendigung der Therapie brauchen die GnRH-Rezeptoren dann Zeit, um hochreguliert zu werden und so wieder ihre normale physiologische Funktion aufzunehmen. Anders ist das bei GnRH-Antagonisten wie Relugolix: „Der Wirkeintritt gegenüber GnRH-Agonisten ist schneller, er ist vollständig reversibel und nach Therapieende tritt eine schnellere Rückkehr zum normalen Zyklus ein“. Das könnte auch relevant sein, wenn ein Kinderwunsch besteht.

So erläutert Gedeon Richter zum Thema Kinderwunsch: „Laut aktueller ESHRE-Leitlinie sollte bei unfruchtbaren Frauen mit Endometriose keine medikamentöse Behandlung, die die Funktion der Eierstöcke unterdrückt, eingeleitet werden, um die Fruchtbarkeit zu verbessern. Des Weiteren sollten Frauen, die eine Schwangerschaft anstreben, keine postoperative hormonelle Therapie mit dem alleinigen Ziel erhalten, die zukünftige Schwangerschaftsrate zu erhöhen. Es kann aber Frauen, die unmittelbar nach der Operation nicht schwanger werden können oder wollen, eine Hormontherapie angeboten werden, da sie sich nicht negativ auf die Fruchtbarkeit auswirkt und das unmittelbare Ergebnis der Operation bei Schmerzen verbessern kann.“

Darüber hinaus betont Gedeon Richter, dass es sich anders als bei den GnRH-Analoga (Injektion und Nasensprays) bei Ryeqo® um Tabletten zur täglichen oralen Einnahme handelt [9]. 

Für wen Ryeqo® nicht geeignet ist

„Ryeqo darf nicht bei Frauen, die an einer venösen Thromboembolie (Blutgerinnsel in den Venen) erkrankt sind oder waren, oder bei Frauen nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt angewendet werden. Es darf auch nicht bei Frauen mit Blutgerinnungsstörungen, Osteoporose, Migräne oder Kopfschmerzen mit neurologischen Symptomen, Krebserkrankungen, die durch Geschlechtshormone beeinflusst werden (wie Brustkrebs oder Genitalkrebs), Lebertumoren oder abnormaler Leberfunktion oder bei Schwangeren, stillenden Müttern oder Frauen mit Blutungen im Genitalbereich ohne bekannte Ursache angewendet werden“ 

Quelle: EMA-Übersicht über Ryeqo und warum es in der EU zugelassen ist, Stand 10/2023 [2] 

Laut Fachinformation ist die Sicherheit und Wirksamkeit von Ryeqo® zur Behandlung der Endometriose bei Kindern unter 18 Jahren nicht erwiesen [10].

[1] Neubeck M. Relugolix. DAZ.online 01.09.2021, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pharmazie/arzneimittel/2021/09/01/relugolix

[2] EMA-Webseite. Übersicht über Ryeqo und warum es in der EU zugelassen ist. Stand 10/2023, www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/ryeqo

[3] Fertigarzneimitteltext laut ABDA-Datenbank in der Lauer-Taxe zu Ryeqo®, Stand 10.11.2023

[4] Frauenärzte im Netz. Myome: Therapie/Behandlung. Stand 29.07.2022, www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/myome/therapie/

[5] S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie von benignen Erkrankungen der Gebärmutter, geplante Fertigstellung 30.06.2024, register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-093

[6] S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Endometriose, 01.09.2020, gültig bis 31.08.2025 (in Überarbeitung), register.awmf.org/de/leitlinien/detail/015-045

[7] E-Mail vom 8. Januar 2024 von Gedeon Richter

[8] Leitlinie der European Society of Human Reproduction an Embryology zur Endometriose von 2022, www.eshre.eu/Guideline/Endometriosis

[9] Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V.: Relugolix-Kombinationstherapie. www.endometriose-vereinigung.de/relugolix-kombinationstherapie/ 

[10] Fachinformation zu Ryeqo 40 mg/1 mg/0,5 mg Filmtabletten, Stand 10/2023, www.fachinfo.de/


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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