Butylphenylmethylpropional ab März verboten

Neuer Duftstoff – was steckt hinter dem Stieprox-Shampoo-Rückruf?

Stuttgart - 03.02.2022, 09:15 Uhr

Lysmeral oder Lilial ist nicht nur in Kosmetika, Seifen, Shampoos und Parfüms enthalten, sondern häufig auch in Waschmitteln und Haushaltsreinigern. (x / Foto: yuichi2k / AdobeStock)

Lysmeral oder Lilial ist nicht nur in Kosmetika, Seifen, Shampoos und Parfüms enthalten, sondern häufig auch in Waschmitteln und Haushaltsreinigern. (x / Foto: yuichi2k / AdobeStock)


Vom Duftstoff Lilial hat vermutlich jeder schon einmal gehört, vor allem, weil sein Einsatz schon länger kritisch gesehen wird. Dass er wahrscheinlich reproduktionstoxisch und deshalb ab März in Kosmetika verboten ist, könnte auch für manche Apotheker:innen neu sein. Ein Shampoo-Rückruf aus der Apotheke macht aktuell darauf aufmerksam.  

Hinter Butylphenylmethylpropional (chemische Bezeichnung 2-(4-tert-Butylbenzyl)propionaldehyd, CAS-Nr. 80-54-6) verbirgt sich ein weit verbreiteter Geruchsstoff, der auch unter den Namen Lysmeral oder Lilial bekannt ist. Die meisten Apotheker:innen dürften den Duftstoff kennen, weil Ökotest in der Vergangenheit immer wieder kritisch über Kosmetika, die diesen enthalten, berichtet hat.

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Wie nun die Firma GlaxoSmithKline über die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) informiert, ist Butylphenylmethylpropional ab dem 1. März 2022 in allen Mitgliedstaaten der EU in Kosmetika verboten. „Gemäß der am 29. Oktober 2021 veröffentlichten Verordnung (EU) 2021/1902 zur Änderung der Anhänge II, III und V der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates wird der Stoff Butylphenylmethylpropional (CAS-Nr. 80-54-6) in Anhang II (Liste der verbotenen Stoffe) der Kosmetikverordnung aufgenommen“, heißt es. 

Damit dürfen

  • Stieprox Classic Shampoo, 100 ml, Ch.-B.: N1A82, N1D08, N2A56, P1A32, P1C42 und
  • Stieprox Intensiv Shampoo, 100 ml, Ch.-B.: F2B55, F2C22, N1C61, N1F01, N2C59, P1A58, P1C20

ab dem 1. März 2022 nicht mehr auf dem Markt bereitgestellt werden. Entsprechende Chargen werden aktuell also zurückgerufen, beziehungsweise soll ein Vernichtungsnachweis für die in der Apotheke lagernden genannten Chargen (Anzahl Packungen, Produkt, Charge) bis spätestens 15. März 2022 an den Kunden-Service von GSK gesendet werden (customer-service.muenchen@gsk.com). Anschließend bekomme man kostenlos Ersatzware zugeschickt.

Zudem setzt GSK den Vertrieb von Stieprox Classic Shampoo, 100 ml (PZN 07468054), und Stieprox Intensiv Shampoo, 100 ml (PZN 00085077) vorübergehend aus, heißt es. Chargen mit neu formuliertem Duftstoff sollen ab Mitte Februar 2022 erhältlich sein.

Doch warum darf Lilial in Kosmetika nicht mehr zum Einsatz kommen? 

Wahrscheinlich reproduktionstoxisch

Wie die DAZ 5/2019 in einem ausführlichen Hintergrundbericht erläuterte, ist der Duftstoff nicht nur in Kosmetika, Seifen, Shampoos und Parfüms enthalten, sondern häufig auch in Waschmitteln und Haushaltsreinigern. Und das, obwohl bereits seit Jahrzehnten seine reproduktionstoxischen Wirkungen untersucht wurden.

Damals – im Januar 2019 – erfolgte gerade eine Überprüfung der Einstufung von Lilial bei der Europäischen Chemikalienagentur. Denn Lysmeral wirke bei männlichen Ratten und Hunden spermatotoxisch und mache die Tiere bereits bei kurzfristiger Verabreichung infertil, erklärten die DAZ-Autor:innen Anna Sonnenburg, seinerzeit Doktorandin am Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Charité - Universitätsmedizin Berlin, und Professor Ralf Stahlmann, ehem. Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin. Allerdings erklärten sie auch, dass entsprechende Wirkungen beim Menschen nicht bekannt seien: „Die Exposition der Verbraucher liegt um Größenordnungen unter den toxischen Dosen.“ Jedoch werde Lysmeral in Spuren auch über die menschliche Haut aufgenommen, das zeigten neuere Untersuchungen. 

Zum weiteren Hintergrund erläuterten sie: „Chemische Stoffe werden aufgrund von Erfahrungen beim Menschen und/oder von Tierstudien als reproduktionstoxisch eingestuft, wenn sie die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen beeinträchtigen und/oder Entwicklungsschäden bei den Nachkommen bewirken (Kategorie 1A), wenn sie wahrscheinlich solche Wirkungen hervorrufen (Kategorie 1B) oder wenn sie im Verdacht stehen, solche Wirkungen hervorrufen zu können (Kategorie 2).“

Bisher habe man Lysmeral in der Kategorie 2 aufgrund seiner fertilitätsschädigenden Eigenschaften eingeordnet, sein Metabolit TBBA (tert-Butylbenzoesäure) wurde jedoch bereits in der Kategorie 1B eingeordnet, hieß es 2019. Weil es neu entwickelte Verbindungen mit ähnlichen Geruchseigenschaften und ohne fertilitätsschädigende Wirkung gebe, könnten diese in Zukunft Lysmeral ersetzen, prognostizierten die DAZ-Autor:innen.

Laut der delegierten Verordnung (EU) 2020/1182 vom 19. Mai 2020 zur Änderung des Anhangs VI Teil 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wird 2-(4-tert-Butylbenzyl)propionaldehyd mittlerweile als „Repr. 1B“ eingestuft. Seine kritische Einschätzung wurde also nochmals verschärft und wie der Stieprox-Rückruf deutlich macht, wird der Duftstoff ab März gänzlich aus unserer Kosmetik verschwinden. 


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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