Reaktion auf Modellversuch der Apotheken

Ärzte fordern mehr Geld fürs Impfen

Süsel - 14.07.2020, 14:00 Uhr

Die Ärzte pochen auf eine bessere Vergütung beim Impfen. (c / Foto: RED Pixel / stock.adobe.com)

Die Ärzte pochen auf eine bessere Vergütung beim Impfen. (c / Foto: RED Pixel / stock.adobe.com)


Keine neue Kritik an Apothekern

Nachdem verschiedene Ärztevertreter in den vorigen Monaten grundsätzliche Kritik an Impfungen durch Apotheker geäußert hatten, wendet sich Bergmann allerdings nicht gegen die Apotheker. Seine Adressaten sind Politik und Krankenkassen. Er fordert kein geringes Honorar für die Apotheker, sondern mehr Geld für die Ärzte.

Preis verweist auf Ärztehonorar für weitere Untersuchungen

Für die Apotheker erklärte Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbandes Nordrhein, der den Vertrag mit der AOK Rheinland/Hamburg ausgehandelt hat, das Honorar von 12,61 Euro netto sei „sehr, sehr knapp bemessen“. Im DAZ.online-Interview verwies Preis dazu auch auf das Gutachten von Prof. May und Kolleginnen (siehe oben). Doch Preis erklärte: „Aber man muss sagen, dass mehr aktuell einfach nicht möglich war.“ Zum Vergleich mit dem ärztlichen Abrechnungsbetrag von 7,71 Euro bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein verwies Preis darauf, dass „in den Apotheken tatsächlich der Heilberufler impft“, während dies in den Arztpraxen durch das Assistenzpersonal durchgeführt werden könne. Außerdem könnten die Ärzte durch weitere Untersuchungen weiteres Honorar abrechnen. „Pro Patient kommen so in Summe durchschnittlich 30 bis 40 Euro zusammen“, argumentierte Preis.

Teilkostenrechnung für Ärzte

Doch bei einer weitergehenden ökonomischen Betrachtung lassen sich noch viel mehr Unterscheide finden. Denn die Honorierungssysteme der Ärzte und Apotheker unterscheiden sich grundlegend und die beiden Heilberufe stehen bei Impfungen vor ganz verschiedenen ökonomischen Auswahlsituationen. Die Ärzte erhalten eine Patientenpauschale, die sinnvollerweise die Fixkosten der Praxis decken und den Aufwand für die grundlegenden Kontakte abgelten sollte. Dann bräuchten konsequenterweise weitere Leistungen wie das Impfen nur noch mit den Teilkosten plus Gewinnzuschlag honoriert zu werden. Dabei ist auch zu bedenken, dass sich das Impfen in den normalen Arbeitsablauf der Praxen einfügt und dafür keine neuen Strukturen aufgebaut werden müssen. Möglicherweise muss die Kalkulation der Abrechnungsziffer aktualisiert werden, aber größere Fehlbeträge der Ärzte wären eher durch eine zu niedrige Patientenpauschale zu erklären. Wenn die Ärzte versuchen, dies über höhere Honorare für Einzelleistungen zu kompensieren, wäre dies eine verständliche Ausweichstrategie, die vor dem Hintergrund der Pandemie politisch klug erscheint. Doch nach der Logik des ärztlichen Vergütungssystems müsste eher die Pauschale erhöht werden.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Interview mit dem AVNR-Vorsitzenden Thomas Preis

Honorar für Grippeimpfung: „Mehr war aktuell einfach nicht möglich“

Modellvorhaben zur Grippeimpfung in Apotheken

Apotheker sollen 12,61 Euro für das Impfen erhalten

AVNR-Chef Thomas Preis über das geplante Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung

„Wir sind schnell auf offene Türen gestoßen“

Grippeimpfstoffe und Impfungen in Apotheken aus ökonomischer Sicht

Schwache Anreize

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

AOK Rheinland/Hamburg und AVNR schließen bundesweit erste Vereinbarung zu Modellvorhaben

Grippeimpfung in Apotheken kann im Herbst starten

1 Kommentar

Ziele fehlen

von Reinhard Rodiger am 15.07.2020 um 0:12 Uhr

Unklar ist, ob die niedrige Durchimpfungsrate auf zu geringe Honorierung der Ärzte zurückgeht oder auf fehlende Kundenakzeptanz. Unterstellt man letzteres, wäre gemeinsames Vorgehen angesagt.Das wurde durch einen Coup angesichts der Sehnsucht mancher Kreise ausgehebelt.

So bleibt statt fundierter Zielsetzung und sachgerechter Kostenanalyse nur ein Schlachtfeld und Debatte um eigentlich Irrelevantes.Das lenkt ab vom Ziel.

Das scheint die Durchsetzung des politischen Interesses zu sein, Gemeinwohlleistungen nicht oder nur minimal zu honorieren.

Es fehlt eine situationsgerechte Zielsetzung.Nur dann kann bewertetet werden, welche Welche Aktionsbreite und damit Kostenhöhe angestrebt wird.Das ist ein politisches Ziel und nicht durch Dritte ermittelbar.Das ist nicht die Aufgabe der Krankenkassen.

Die Politik bedient sich der klassischen Verdrängungsstrategie, den Kampf mit ungleichen Waffen auszustatten.Und „Wir“
Steigen voll auf der falschen Ebene ein, ohne die Bedingungen klar zu stellen.Die wichtigste ist die Zielfestsetzung.Nur dann ist gemeinsames Handeln möglich.Doch die Ziele fehlen,wahrscheinlich bewusst.



» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.