Friedemann Schmidt zum FDP-Austritt

„Das Verhalten von Herrn Lindner und Herrn Kubicki hat mich angewidert“

Berlin - 19.02.2020, 12:46 Uhr

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist nicht mehr FDP-Mitglied. In einem Interview erklärt er, dass er sich insbesondere über Christian Lindner und Wolfgang Kubicki geärgert habe. (m / Foto: Schelbert)

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist nicht mehr FDP-Mitglied. In einem Interview erklärt er, dass er sich insbesondere über Christian Lindner und Wolfgang Kubicki geärgert habe. (m / Foto: Schelbert)


ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist nicht mehr länger FDP-Mitglied. Wie DAZ.online bereits berichtete, veranlasste ihn das Verhalten der Thüringer Liberalen bei der Wahl des Ministerpräsidenten zu seinem Austritt. In einem Interview mit der „Welt“ geht Schmidt nun auf seine Gründe ein. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen die FDP-Politiker Christian Lindner und Wolfgang Kubicki. Außerdem gibt er an, dass er schon länger mit dem Kurs der FDP unzufrieden gewesen sei.

Am 7. Februar berichtete DAZ.online vom Austritt des ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt aus der FDP. Dem Vernehmen nach war der Anlass für Schmidts Austritt die Thüringer Regierungskrise: Kurz zuvor hatte sich nämlich Thomas Kemmerich, Fraktionsvorsitzender der FDP im Thüringer Landtag, mit Stimmen der CDU und der AfD zum neuen Ministerpräsidenten wählen lassen. Die Abstimmung verursachte ein politisches Erdbeben, das inzwischen auch in der Bundespolitik einige Folgen hatte.

Auch die FDP-Spitze um Christian Lindner stand nach der Entscheidung in der Kritik. Lindner stellte im FDP-Vorstand die Vertrauensfrage, die er allerdings bestand. Auch der stellvertretende Bundestagspräsident Wolfgang Kubicki musste sich verteidigen, weil er kurz nach der Wahl seinem Parteikollegen Kemmerich gratulierte. All diese Vorgänge waren für Friedemann Schmidt zu viel – er habe kurz danach seinen Mitgliedsausweis an die sächsische FDP-Zentrale geschickt, erklärt er jetzt in einem Interview mit der „Welt“.

Das Verhältnis zwischen der FDP und den Apothekern hatte in den vergangenen Jahren ohnehin gelitten. Die Liberalen forderten die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes und Christian Lindner lässt bei öffentlichen Auftritten derzeit keine Gelegenheit aus, sich von den Apothekern zu distanzieren, um klarzustellen, dass die FDP keine Klientelpartei ist. Der ABDA-Präsident geht in dem „Welt“-Interview allerdings gar nicht auf dieses angespannte Verhältnis zu den Apothekern ein – offenbar, weil er sein politisches Engagement in der Partei von seinem Amt trennen will.

Aber Schmidt liefert gleich diverse, teils sehr emotional vorgetragene, allgemeinpolitische Gründe, warum die FDP nicht mehr seine Partei sein kann. Mit Blick auf die Geschehnisse im Thüringer Landtag sagt er, dass ihn das Verhalten von Kemmerich weniger verärgert habe, der habe ihm „eher leidgetan“, so der Apotheker aus Leipzig. Zu den wirklichen Austrittsgründen sagt Schmidt:


Aber das Verhalten von Herrn Lindner, dieses Herumlavieren und Rumgeeiere, der Glückwunsch von Herrn Kubicki. Die Reaktion hat mich so angewidert, dass ich gesagt habe: Hier musst du raus. Noch am Nachmittag habe ich dann hingeworfen. Ich hatte noch so eine schöne, alte Mitgliedskarte aus dem Jahr 2002, da steht noch das „Projekt 18“ von Guido Westerwelle drauf. Die habe ich mit meiner Kündigung an den Landesverband geschickt.“

Friedemann Schmidt


FDP: In der FDP gibt es Sympathien für nationale Sichtweisen

Schmidt führt aber weiter aus, dass ihn nicht nur die Thüringen-Krise zu seiner Entscheidung veranlasst habe. Offenbar hat sich schon seit längerer Zeit etwas beim ABDA-Präsidenten aufgestaut. Auch die Apotheker konnten das zu spüren bekommen: Auf dem Deutschen Apothekertag 2018 überraschte Schmidt, in einer wie immer rhetorisch beeindruckenden Rede, mit stark ablehnenden Aussagen zur FDP-Kampagne „Digital First, Bedenken Second“. Und in einem Zeitungsinterview erklärte er, dass das Verhältnis zu den Apothekern „weitgehend zerstört“ sei.

In dem aktuellen Interview weist er auch auf das Verhalten der Liberalen in der Flüchtlingskrise hin. Schmidt dazu wörtlich:


Dazu habe ich den Eindruck, dass es in der FDP eine Strömung gibt, die man so als national-liberal bezeichnen müsste. Das hat mich immer schon sehr gestört, ich finde das abstoßend. Ich habe nicht geglaubt, dass das eine Richtung sein könnte, die auch bundesweit in der Partei Resonanz finden könnte. Jetzt habe ich aber den Eindruck gewonnen, dass es innerhalb der FDP durchaus Sympathien für so eine nationale Sichtweise gibt, die sich am Migrationsthema und am Thema Euro beziehungsweise EU entzündet hat. Da ist für mich Schluss.“

Friedemann Schmidt


Nach wie vor betrachte er den Liberalismus als seine politische Heimat, erklärt Schmidt weiter. Der ABDA-Präsident, der bereits angekündigt hat, bei den ABDA-Wahlen im Dezember nicht erneut zu kandidieren, will aber trotzdem politisch aktiv bleiben: In der „Welt“, bei der übrigens Lindners Ex-Frau Dagmar Rosenfeld Chefredakteurin ist, erklärte Schmidt nun, dass er sich weiter politisch engagieren wolle, aber ohne Parteizugehörigkeit.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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15 Kommentare

Austrittsgründe

von pille62 am 20.02.2020 um 12:47 Uhr

........Herr Schmidt ist gewählt worden, um einen Job zu erledigen, den er nach Meinung vieler, auch meiner eben nicht zur Zufriedenheit macht.
Herr Schmidt sollte sich um die Belange der Apothekerschaft kümmern, statt Ergüsse seiner Austrittsgründe zu tätigen.
Ganz ehrlich, wen interessiert der Selbstdarsteller Lindner?!

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AW: Austrittsgründe

von Dr.C..Klotz am 23.02.2020 um 12:10 Uhr

Warum kommt der Austritt erst jetzt, das wäre meine Frage, wenn man sich schon damit beschäftigt. Reif ist der Austritt schon seit mindestens 5 Jahren, im Prinzip schon, als die beiden FDP-Komiker jeweils ihr Kurzdebüt als Gesundheitsminister abgegeben haben.
Es zeigt nur, wie lang die Leitung von FS ist... also Langmut ist das nicht, politische Weitsicht auch nicht,... einfach nur dämlich?

Zeitpunkt

von Kassensklave am 20.02.2020 um 8:07 Uhr

Es hätte vorher genug Gelegenheiten gegeben, der FDP angewidert den Rücken zuzukehren.... über DIESE 'Gelegenheit' mag man sicher ebenso streiten, wie über die Tatsache, dass dort die CDU nun mit der SED gemeinsame Sache macht, aber mit der FDP nicht wollte.

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Auch Präsidenten können irren... der Zeitpunkt macht...

von Christian Timme am 20.02.2020 um 3:33 Uhr

Wenn ich diese Situation auf sein Verhalten zu Herrn Spahn übertrage... bleiben mehr Fragen als Antworten...

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Löschung

von Conny am 19.02.2020 um 21:36 Uhr

Warum darf man nicht sagen, das Schmidt mich auch nur noch anwidert ?

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AW: Verbot?

von Holger am 20.02.2020 um 8:26 Uhr

Das darf man doch sagen? Nur kann unsereins nicht aus der ABDA austreten, ohne den Beruf aufgeben zu müssen - das wär dann wohl doch ein bissle arg heavy. Auf der anderen Seite wollen wir doch wohl nicht allein wegen FS aus der ABDA austreten? Da gibt es ganz andere Gründe ...

Politische Denke

von Dr.Diefenbach am 19.02.2020 um 20:35 Uhr

Hier ist für mich Schluss mit jedem Verständnis für FS.Mit welcher Arroganz wird über Denkstrukturen, die FS mit "national" verbindet herablassend geredet???? Das ganze globale Denken,hat es keine Schattenseiten?Schon neulich die Frage gestellt.WAS hat die EU zB den Apothekern gebracht ??DAS war(!) die Aufgabe eines ABDA Präsidenten,nicht "nationale" Bewertungen.Sicher,Herr Kubicki ist ein Schlappmaul,er hat allerdings auch immer mal recht.FS möge sich bei den Linken.-Unterfraktionen wie Rote Hilfe oder Marx 21 umsehen...Mahlzeit.......

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Austrittgründe

von Holger am 20.02.2020 um 8:30 Uhr

Aber Ihnen ist schon klar, dass Herr Schmidt nicht als Apotheker in die FDP eingetreten und auch nicht als ABDA-Präsident wieder ausgetreten ist, sondern ganz schlicht und einfach als Herr Schmidt? Und als ebensolcher wird er wohl auch eine Meinung haben und diese öffentlich äußern dürfen, auch wenn die nicht allen (Apothekern) passt. Toleranz bedeutet eben, auch Dinge zu ertragen, die einem nicht gefallen. Und dass ein Präsident von was-auch-immer mit seiner Meinung eine größere öffentliche Reichweite hat als wenn unsereins seine Meinung ins Treppenhaus nuschelt, ja das ist halt einfach so.

AW: Austrittsgründe ... Bitte mehr ...

von Christian Timme am 21.02.2020 um 5:54 Uhr

@Holger
... ohne "ABDA-Präsident" hätten wir von diesem FDP-Austritt niemals etwas gelesen ...

FDP-Granden und Präsident

von Roland Mückschel am 19.02.2020 um 15:36 Uhr

Ich bin mir sicher, euch Dreien werden Flüche bis
ins Grab folgen....

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Konsequente Gelassenheit

von Ulrich Ströh am 19.02.2020 um 14:37 Uhr

Mit konsequenter Gelassenheit:
Bezüglich der Herren Kubicki und Lindner war der deutliche Kommentar vom Kollegen Schmidt zutreffend.

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Zum Anwidern

von Reinhard Rodiger am 19.02.2020 um 13:49 Uhr

Es ist schon traurig, von FS nur etwas zu hören, was irrelevant oder privat ist.Zielführender wäre , die Missbrauchspraxis der KK hätte ihn angewidert oder das Hängenlassen der Apotheken oder das Ignorieren der Liefer-Engpässe oder oder... Ganz schön inkonsequent.

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AW: Zum Anwidern

von Landapotheker am 19.02.2020 um 14:01 Uhr

sind solche völlig unpassende Kommentare zu einer persönlichen und privaten Entscheidung eines Kollegen.
Das eine hat mit dem anderen nicht zwingend etwas zu tun.

Es macht dienstlich durchaus Sinn in Parteien zu bleiben die, unter anderer Führung, wieder relevant sein könnten.

Privat kann man als Demokrat kein FDP-Mitglied mehr sein. Das man das als Mittelständler und Selbstständiger schon lange nicht mehr sein sollte steht auf einem ganz anderen Blatt.

Lindner, Kubicki und andere haben sich mit Faschisten zusammengetan und das sollte für alle FDPler unerträglich sein !!

Ich weiß Kollege Schmidt ist für sie das Böse an sich und darf für alles und jedes angegriffen, verunglimpft, herabgesetzt werden ...nur ist das hier völlig unangebracht.

AW: Zum Anwidern

von Reinhard Rodiger am 19.02.2020 um 14:33 Uhr

Zur Klarstellung : Ich weise auf Defizite hin und verwahre mich gegen Ihre Unterstellungen.
Es ist richtig, dass FS mich persönlich sehr enttäuscht hat. Denn von seinem anfänglich fokussierten Respekt und Achtung
ist nichts übrig geblieben.Was ist dafür deutlicher als das Hintergehen der zu Vertretenden.Eine Politik, die auf 5000 verbleibende Apotheken zielt oder sie unterstützt, ist in meinen Augen der Gipfel der Missachtung.Diese drückt sich auch darin aus, dass zu den genannten Themen nichts erfolgte.Der Hinweis auf Fehlendes, vor allem existenzielles ist zwingend.Das hat nichts mit "Böse" zu tun.Das gilt vor allem bei "unserer" fehlenden Debattenkultur.Es ist schon ein Armutszeugnis an sich, Debatten, die nicht genehm sind über Medien führen zu müssen.

Nochmal: Ich verwahre mich gegen persönliche Herabsetzung , wenn lediglich auf Fehlendes verwiesen wird.Ich habe ausserdem nichts zu der privaten Entscheidung gesagt, sie ist im Kontext eben privat.

.

von Anita Peter am 19.02.2020 um 12:47 Uhr

Wären Sie doch in allem so konsequent!

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