Pro Generika-Podiumstalk

„Wir brauchen nicht jedes Jahr eine große Arzneimittel-Reform“

Berlin - 20.04.2018, 17:05 Uhr

Beim Pro Generika-Frühlingsfest diskutierten Michael Hennrich (CDU), Kordula Schulz-Asche (Grüne), Martina Stamm-Fibich (SPD), DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer, Pro Generika-Vorstandschef Wolfgang Späth und Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz unter anderem über die Zukunft der Rabattverträge. (Foto: Pro Generika)

Beim Pro Generika-Frühlingsfest diskutierten Michael Hennrich (CDU), Kordula Schulz-Asche (Grüne), Martina Stamm-Fibich (SPD), DAZ.online-Chefredakteur Benjamin Rohrer, Pro Generika-Vorstandschef Wolfgang Späth und Prof. Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz unter anderem über die Zukunft der Rabattverträge. (Foto: Pro Generika)


Generikahersteller fühlen sich unter Druck. Die Anforderungen an sie und ihre Produkte steigen, doch der Preis muss niedrig bleiben. Wie lässt sich unter diesem Druck Qualität und Lieferfähigkeit sicherstellen? Darüber diskutierten die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion beim Pro Generika-Frühlingsfest. Dabei wurde klar: Keine Lösung ist es aus Sicht der Politik, das Rabattvertragssystem komplett umzuwälzen.

78 Prozent der täglich benötigten Arzneimitteldosen sind Generika oder Biosimilars – doch die „Nachahmer“-Produkte machen nur 22 Prozent des Arzneimittelumsatzes in der GKV aus. Ohne Biosimilars liegt der Ausgabenanteil sogar nur bei 9,2 Prozent (21,8 Milliarden Euro). Die durchschnittliche Tagesdosis eines Generikums kostet gemessen am Herstellerabgabepreis 6 Cent.  Lässt sich bei einem solchen Preis noch höchste Qualität und Sicherheit, Verfügbarkeit zu jeder Zeit und ein umfassender Fälschungsschutz sicherstellen? Dies diskutierten am gestrigen Donnerstagabend die Teilnehmer einer Diskussionsrunde, zu der der Branchenverband Pro Generika geladen hat.

Wolfgang Späth, Vorstandsvorsitzender von Pro Generika, verwies darauf, dass die Schere für die Hersteller immer weiter auseinander gehe: Die Menge der bereitgestellten Arzneimittel erhöhe sich mehr und mehr, ebenso stiegen die Anforderungen – doch die Einnahmen der Unternehmen sinken. Für Generikahersteller gelten schließlich die gleichen Standards wie für Erstanbieter. Zugleich wachsen die Anforderungen – etwa mit Blick auf Securpharm. Späth zufolge werden die neuen Vorgaben zum Fälschungsschutz bei schätzungsweise 5 Cent pro Packung liegen. Doch preislich sind die Hersteller schon jetzt an ihre Grenze gelangt.

Ein weiteres Problem sind Lieferengpässe. Pro Generika fordert schon seit langem eine Mehrfachvergabe bei Rabattverträgen. In der vergangenen Legislaturperiode wurde diese auch im Rahmen des Pharmadialogs diskutiert. Doch in der Politik dringt der Verband mit diesem Ansinnen nicht durch. Das zeigte sich gestern abermals.  Der CDU-Arzneimittelfachmann Michael Hennrich erklärte, es würde sich mit Blick auf die Lieferengpässe sicher „nichts ändern“, wenn es die exklusiven Rabattverträge nicht mehr gebe. Das Problem könne nicht national gelöst werden, sondern bestenfalls auf europäischer Ebene. Aus seiner Sicht müssen die bisherigen Mechanismen erst einmal beobachtet werden, ehe man nachjustiere.

Rabattverträge nur noch mehrfach?

Auch die SPD-Gesundheitspolitikerin Martina Stamm-Fibich erklärte, sie glaube nicht, dass es etwas bringe, das Rabattvertragssystem zu verändern. Allerdings würde sie sich wünschen, dass man Lieferengpässe wirklich einmal genau auch im ambulanten Bereich beobachtet: Ein Jahr lang sollte jeder Engpass dokumentiert werden: „Was ist wirklich Fakt?“, will die SPD-Expertin herausfinden. Dann könne man auch handeln, so Stamm-Fibich. Die Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche erklärte zum Thema Engpässe, sie könne sich verbindliche Meldepflichten gut vorstellen. Zudem machte sie deutlich, dass sie gar nichts von Rabattverträgen hält, wenn es nur wenige Anbieter im Markt gibt – so wie im Impfstoffmarkt, wo die Rabattverträge zwar abgeschafft sind, die Politik nun aber Umgehungsstrategien der Kassen ausmacht.

Was die laufende Legislaturperiode betrifft, so machte Hennrich deutlich, dass in der Arzneimittelpolitik keine großen Reformen zu erwarten seien. Zwar will er ein Auge auf Biosimilars legen, ebenso auf die EU-Nutzenbewertung, Mischpreise, das Arztinformationssystem und die Kostenentwicklung bei Innovationen. Er begrüße es aber sehr, dass es auch einmal eine Legislaturperiode gebe, in der nicht eine große Reform von Nöten ist. Hennrich erklärte, er genieße „die schöne und komfortable Lage, nicht jedes Jahr über Arzneimittelgesetze diskutieren zu müssen“.

Prof. Manfred Schubert-Zsilavecz, Vizepräsident der Goethe-Universität Frankfurt wünscht sich für diese Legislaturperiode die Fortsetzung des Pharmadialogs. Wichtig sei dabei, „die Dinge nicht krank und kaputt zu reden“. Es gehe um die Sicherung des Pharmastandorts Deutschland – und auch um Planungssicherheit für Apotheker und Ärzte. Der Vize-Präsident der Uni Frankfurt forderte die anwesenden Politiker zudem dazu auf, mehr an den Kostendruck in der Arzneimittel-Lieferkette zu denken und auch die Ärzte und Apotheker als Versorger dabei nicht zu vergessen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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