Zu industriefreundlich?

Trump nominiert Scott Gottlieb zum FDA-Chef

Washington - 13.03.2017, 06:50 Uhr

Der Senat muss noch zustimmen: US-Präsident Donald Trump möchte Scott Gottlieb zum FDA-Chef machen. (Foto: American Enterprise Institute)

Der Senat muss noch zustimmen: US-Präsident Donald Trump möchte Scott Gottlieb zum FDA-Chef machen. (Foto: American Enterprise Institute)


Dieser Posten war seit Wochen Anlass für heftige Spekulationen, nun ernannte US-Präsident Donald Trump den Arzt Scott Gottlieb zum Chef der Arzneimittelbehörde FDA. Seine zahlreichen Beziehungen zu Pharmafirmen, von denen er Honorare erhält, brachten ihm bereits deutliche Kritik ein: Gottlieb müsse wegen seiner Verbindungen wichtigen Gremien-Entscheidungen eigentlich fern bleiben.

Wenn es nach US-Präsident Donald Trump geht, wird Scott Gottlieb zukünftig nicht nur einer Behörde mit ihren knapp 15.000 Mitarbeitern und rund 5 Milliarden US-Dollar Budget vorstehen – sondern auch die Zukunft der Arzneimittelzulassungen in den USA gestalten. Die Personalie, die am Freitag bekannt wurde, dürfte in der Branche für Erleichterung sorgen – denn weitere Kandidaten wie der Finanzinvestor Jim O’Neill hatten für erhebliche Unruhe gesorgt: O’Neill hatte zuvor vorgeschlagen, die US-Arzneimittelagentur FDA solle zukünftig nur noch die Sicherheit gewährleisten, während die Wirkung erst nach Zulassung geprüft werden könnte. So weit wird Gottlieb wohl nicht gehen.

Da der 44-jährige Mediziner bereits unter Präsident George W. Bush Vize-Chef der FDA war, bringt er einige Erfahrung und Expertise mit in seinen neuen Job. Gleichzeitig unterhält er enge Beziehungen zu Pharmafirmen: Als externes Mitglied sitzt er seit Jahren in Gremien von GlaxoSmithKline oder Bristol Meyers Squibb, ist Geschäftsführer einer im Gesundheitssektor tätigen Privatbank T.R. Winston, Partner der Venture-Capital-Firma New Enterprise Associates und berät viele weitere Firmen.

„Übermäßiger Wunsch nach Sicherheit“

In Artikeln und Interviews hat Gottlieb sich in den letzten Jahren mehrfach zu aus seiner Sicht sinnvollen Änderungen bei Arzneimittelzulassungen geäußert. Wie Trump, der die FDA trotz immer kürzerer Zulassungsprozesse kürzlich wieder als „langsam und aufwendig“ bezeichnet hat, will Gottlieb Zulassungsprozesse beschleunigen – beispielsweise für solche Generika, die kaum noch produziert werden.

Möglicherweise da er selbst an Blutkrebs erkrankt war, will Gottlieb schwer erkrankten Patienten auch schnelleren Zugang zu neuen Therapiemöglichkeiten ermöglichen. Unter der Überschrift „Die Kultur der FDA verändern“ erklärte er vor fünf Jahren in dem Magazin „National Affairs“, in der Behörde gäbe es einen „übermäßigen Wunsch nach Sicherheit“. Gleichzeitig machte er sich teils auch für mehr Transparenz stark – und kritisierte überhöhte Arzneimittelpreise oder das komplizierte System von Listenpreisen und Rabatten in den USA.

Vielfach starke Kritik an Gottliebs Nominierung

Die Dachorganisation „Advanced Medical Technology Association” gratulierte Gottlieb zu seiner neuen Position. Seine „medizinische Erfahrung“ und seine jahrelange Tätigkeit in Behörden würden ihn zu einer „starken Wahl“ für den FDA-Topposten machen. Doch gleichzeitig erntete die Nominierung von Gottlieb auch erhebliche Kritik. Da er allein zwischen den Jahren 2013 und 2015 413.000 US-Dollar Einnahmen von Pharmafirmen erhalten hat, erklärte Michael Carome, der bei der Verbraucherschutzorganisation „Public Citizen“ für den Gesundheitsbereich zuständige Direktor, Gottlieb sei „in noch nie da gewesener Weise im Netz von ‚Big-Pharma-Beziehungen‘ gefangen“. „Den größten Teil seiner Karriere hat er den Finanzinteressen der pharmazeutischen Industrie gewidmet“, erklärte Carome in einer Stellungnahme.

Als FDA-Vizechef habe Gottlieb aufgrund seiner Interessenkonflikte bei vielen Top-Meetings nicht teilnehmen dürfen. Wenn der US-Senat, der der Nominierung Trumps noch zustimmen muss, Gottlieb bestätigt, dürfe dieser immer wieder wegen Befangenheit nicht an Schlüssel-Entscheidungen beteiligt sein. „Andernfalls gibt es keinen Weg, sicher zu sein, dass er tatsächlich die Gesundheit der Menschen über Industrieprofite stellt“, betonte Carome.

Auch von Seiten der Demokraten hagelte es Kritik. Sie habe aufgrund der Ansichten Gottliebs Zweifel, inwiefern der „Gold-Standard der FDA-Zulassungen“ erhalten werde, erklärte die Senat-Abgeordnete Patty Murray. Sie werde die Karriere des Arztes „genau prüfen“, um herauszufinden, ob finanzielle Abhängigkeiten oder Interessenkonflikte seine Entscheidungen nicht beeinträchtigen werden.

„Gefährliches Signal“

Noch deutlicher wurde die Abgeordnete im Repräsentantenhaus Rosa DeLauro. Die Nominierung durch Trump sende „ein gefährliches Signal“, dass er Regulierungen wie zuvor angekündigt aufheben und die Fluttore für „möglicherweise gefährliche Arzneimittel und Medizinprodukte“ öffnen werde. Wenn es um Leben ginge, könne es sich das Land nicht erlauben, bisherigen Fortschritt bei der Zulassung und Überwachung der Arzneimittel- und Nahrungsversorgung zurückzudrehen.

Sie sei „extrem beunruhigt“, dass Trump mit der Personalie seine Ankündigungen wahrmache, für jede neue Regulierung zwei bisherige zu streichen, erklärte DeLauro. Wenn Gottlieb Chef der FDA wird, müsse er jegliche Verbindungen mit der Pharmaindustrie – von denen er viele habe – entfernen, erklärte die Politikerin – „und für das amerikanische Volk arbeiten, nicht für die Arzneimittel- und Medizinprodukte-Industrie“.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
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