PR-Kampagne

DocMorris startet Anti-Versandverbot-Internetseite

15.12.2016, 12:15 Uhr

PR-Kampagne von DocMorris: Die niederländische Versandapotheke hat eine Internetseite gebaut, auf der sie ihre Kunden dazu aufruft, sich gegen das geplante Rx-Versandverbot auszusprechen. (Screenshot: DAZ.online)

PR-Kampagne von DocMorris: Die niederländische Versandapotheke hat eine Internetseite gebaut, auf der sie ihre Kunden dazu aufruft, sich gegen das geplante Rx-Versandverbot auszusprechen. (Screenshot: DAZ.online)


Die niederländische Versandapotheke DocMorris verstärkt ihre Lobbymaßnahmen zum Erhalt des Rx-Versandhandels. DocMorris präsentiert eine neue Internetseite, die nur eine Botschaft hat: „Stoppt das Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel!“ Der Auftritt wirkt wie das Gegenstück zur ABDA-Kampagne.

DocMorris will das vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geplante Rx-Versandverbot nicht auf sich sitzen lassen. Während sich Strategie-Vorstand Max Müller mit seinen Thesen am heutigen Donnerstag mit seinen Pro-Versand-Thesen im Business-Netzwerk Xing präsentiert, schaltet die Konzernzentrale in den Niederlanden eine Internetseite zu dem Thema frei. Unter der Adresse www.versandapotheken-kein-verbot.de informiert die Versandapotheke über ihre Positionen zum Rx-Versandhandel.

Beim Klicken öffnet sich eine moderne Homepage, auf der im oberen Drittel sofort die Hauptbotschaft von DocMorris hervorsticht: „Stoppt das Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel.“ Im Hintergrund läuft ein Kurzfilm in Dauerschleife, in dem mehrere Menschen zu sehen sind, die in einem anderen Abschnitt der Seite als Menschen mit chronischer Krankheit vorgestellt werden.

DocMorris: Die nächste Apotheke ist zu weit weg

In wenigen Sätzen wird erklärt, warum der Rx-Versandhandel aus Sicht der niederländischen Versandapotheke erhalten werden sollte. Die Begründung dürfte insbesondere die Vertreter der Apothekerschaft verärgern: „Weil es bequem ist. Weil die nächste Apotheke zu weit weg ist. Und: weil sie sparen möchten. Das Bundesgesundheitsministerium will das jetzt verbieten. Wir appellieren gemeinsam mit den Patienten an die Politik: Versandapotheken sind eine sinnvolle Ergänzung zu den Apotheken vor Ort. Lasst den Patienten die Wahl!“

Für ihre Kampagne nutzt die ABDA derzeit die Apotheken im Land und startet eine groß angelegte, aufwendige Unterschriftenaktion. DocMorris hingegen besinnt sich auf seine Stärken und nutzt das Internet für seine politischen Botschaften. Beide Kampagnen haben aber gemeinsam, dass sie sich an die Öffentlichkeit richten. Sowohl die ABDA-Unterschriftenaktion als auch die neue Internetseite von DocMorris versuchen, den komplizierten Umstand des EuGH-Urteils für ihre Kunden verständlich aufzubereiten – verwenden dabei natürlich aber komplett unterschiedliche Botschaften.

Versteckte PR-Botschaften

So heißt es auf der Homepage anschaulich, dass das Rx-Versandverbot vier große Nachteile für den Patienten habe: Es treffe besonders finanziell Schwache und Chroniker, es benachteilige Menschen mit eingeschränkter Mobilität sowie Menschen, die wegen ihres Berufes nicht zu den Ladenöffnungszeiten in Apotheken gehen können, und es bevormunde Patienten bei der Wahl der Apotheke.

Während auf dem ABDA-Flyer der Bezug zum EuGH-Urteil fehlt, erklärt DocMorris seinen Kunden das EuGH-Urteil auf der Webseite zumindest ansatzweise. Auf einer Unterseite „EuGH-Urteil“ beschreibt die Versandapotheke kurz das Verfahren und die Einwände der Wettbewerbszentrale. Aber auch in diesem vermeintlich „neutralen“ Erklär-Teil versteckt DocMorris PR-Botschaften. So heißt es auf der Seite: „DocMorris zum Beispiel finanziert diese Boni für die Kunden aus seinen eigenen Einnahmen, weder auf Kosten der Krankenkassen noch auf Kosten des Fiskus bzw. der Solidargemeinschaft.“ Oder: „Käme es zu einem Verbot, wäre völlig offen, wie die pharmazeutische Beratung und Versorgung mit Medikamenten auf dem Land gesichert werden soll. Weder Politik noch Apothekerverbände haben dafür ein nachhaltiges Konzept. Die Leidtragenden wären die Patienten.“

Auch auf der Unterseite „Fakten“ behauptet die niederländische Versandapotheke, dass die Versender für Patienten gewünscht seien, liefert dafür jedoch keinen Nachweis. Gestärkt fühlt sich DocMorris durch die derzeitige Themensetzung der Bundeskanzlerin. Angela Merkel (CDU) hatte in den vergangenen Wochen mehrfach das Thema „Digitalisierung“ in den Vordergrund gerückt. Unter anderem sagte sie: „Wie gehen wir mit der Digitalisierung um, und was bedeutet Digitalisierung? (…) Wir werden nicht klarkommen, wenn wir bestimmte Dinge einfach verbieten und uns den neuen Möglichkeiten nicht öffnen. (…) Bitte glauben Sie nicht, dass wir den Möglichkeiten der Digitalisierung entgehen können. (…) Wir müssen es wieder schaffen, sie in das, was wir öffentliche Daseinsvorsorge nennen, vernünftig einzubeziehen.“ DocMorris präsentiert diese Zitate auf der neuen Internetseite.

DocMorris: Preise billiger, weil wir auf Marge verzichten

Interessant ist auch eine Aussage im Bereich „Fragen und Antworten“. Auf die Frage „Warum sind manche Versandapotheken günstiger als niedergelassene Apotheken?“ hätten wohl viele Pharmazeuten hierzulande eine schnelle Antwort parat. DocMorris aber erklärt: „Der finanzielle Vorteil entsteht dadurch, dass EU-ausländische Versandapotheken wie zum Beispiel DocMorris einen Teil ihrer Marge durch Boni an ihre Kunden weitergeben. Das ist der Unterschied zu den Apotheken vor Ort.“ Und auf die Frage, ob die EU-Versender die Mehrwertsteuer zahlten, heißt es ganz klar: „Ja, Versandapotheken zahlen die in Deutschland vorgeschriebenen Steuern an das deutsche Finanzamt.“

Schließlich fordert DocMorris seine Kunden auf, politisch aktiv zu werden. Die Versandapotheke macht darauf aufmerksam, dass Teile der Politik das Rx-Versandverbot ablehnen. DocMorris empfiehlt daher: „Sprechen Sie deshalb die Politiker in Ihrer Region an. Oder schreiben Sie ihnen, wenn Sie Versandapotheken als Teil des Angebots behalten möchten.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Verbot Versandapotheken

von Weber; Reiner am 03.03.2017 um 15:54 Uhr

Ich bin strikt gegen ein solches Verbot. Dadurch werden die Kosten für Medikamente für ländliche Bewohner, wie ich es bin, immer teurer, da nun noch die Fahrtkosten zu den Apotheken mit angerechnet werden müssten. Bei jährlich ca 800 km zu Behandlungen, die ja früher teilweise erstattet wurden, kämen nun weitere Ausgaben hinzu. Vielen Dank an Herrn BGM Gröhe nimmt er mir jetzt schon eine Frage zur Wahl ab.
Mfg Reiner Weber
Ortsteil Sermuth
Am Umspannwerk 1
04680 Colditz

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Sorry, das WICHTIGSTE habe ich vergessen ...

von Christian Timme am 15.12.2016 um 13:55 Uhr

DANKE Herr MÜLLER für dieses vorgezogene Weihnachtsgeschenk für die Präsenz-Apotheken in Deutschland.

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Kanzlerin wirbt nach Sixt jetzt auch für DocMorris ...

von Christian Timme am 15.12.2016 um 13:35 Uhr

Nur ein Aspekt: Das ein ausländisches Unternehmen wie DocMorris die Kanzlerin, über den Begriff der fortschreitenden Digitalisierung, zur Befürworterin des Versandhandels mit Arzneimitteln aus dem Ausland nach Deutschland macht, ist mehr als DREIST. Alleine die Duldung ist schon Parteinahme der Kanzlerin. Für Juristen und Populisten (AfD) ein Tummelplatz. Der "Knaller" der Vorweihnachtszeit für die ABDA-Kampagne in der Apotheke. Herr Gröhe dürfte sich jetzt auch einige Fragen stellen, usw.

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Steuern...

von Michael Weigand am 15.12.2016 um 13:25 Uhr

Der Bundesrechnungshof hat sich beschwert, dass 2013 nur 28 Mio Umsatzsteuer im ausländischen internethandel an den Staat überwiesen wurden. Docmorris sagt selbst, dass deren Umsatz gesamte 335 Mio Betrug und laut Internet Recherche kann ich auf Umsätze von ca 180 Mio Richtung Deutschland... Und jetzt bitte alle mal ausrechnen, was 19% von 180 Mio sind.... Selbst wenn docmorris als einziger gezahlt hätte, komme ich niicht auf nur 28 Mio... Aber wahrscheinlich lügt der Bundesrechnungshof...

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