Mögliche Rechtsverstöße

Parteiensponsoring bei der SPD in der Kritik

Stuttgart - 22.11.2016, 18:00 Uhr

Sponsoring-Tafel von der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises der SPD. (Screenshot ZDF)

Sponsoring-Tafel von der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises der SPD. (Screenshot ZDF)


Vor einigen Jahren gab es eine Parteisponsoring-Affäre bei der CDU, nun ist offenbar die SPD betroffen: Gegen Geld sollen Unternehmen exklusive Gespräche mit Spitzenpolitikern vermittelt bekommen haben. Darüber hinaus wird auch Event-Sponsoring schon lange kritisiert, wie es auch die Versandapotheke DocMorris bei verschiedenen Parteien durchführt.

Im Jahr 2010 schlug die „Rent-a-Rüttgers“-Affäre große Wellen: Die CDU in Nordrhein-Westfalen hatte Unternehmen gegen Geldzahlungen Gespräche mit dem früheren Ministerpräsidenten vermittelt. Im übrigen Parteienspektrum stieß dieses Vorgehen auf scharfe Kritik. „Wir verkaufen keine Amtsträger und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld haben“, sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel. „Das gilt für die deutsche Sozialdemokratie.“

Das war einmal. Nach Recherchen des ZDF-Magazins „Frontal 21“ hat womöglich auch die SPD Gesprächstermine mit Ministern, Staatssekretären oder anderen Funktionären gegen vierstellige Summen über eine Dienstleistungsfirma angeboten. So soll Justizminister Heiko Maas unter anderem bei einer Veranstaltung der niederländischen Bank ING-DiBa teilgenommen haben – laut Frontal 21 gab Maas jedoch an, nichts von einem Geldfluss gewusst zu haben. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann oder der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Matthias Machnig sollen laut „Frontal 21“ an derartigen Treffen teilgenommen haben.

„Sehr fragwürdig“

Für ein anderes Treffen soll die SPD-Agentur NWMD Abendveranstaltungen mit Bundestagsabgeordneten oder Referatsleistern verschiedener Ministerien für 35.000 Euro angeboten haben. Michael Koß, Experte für Parteienfinanzierung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, hält Treffen zwar für normal, nicht aber die Bezahlung. „Dass dafür dann Geld bezahlt wird, Geld, das vielleicht andere Interessen nicht haben, das ist sehr fragwürdig“, erklärte er dem ZDF-Magazin. Laut NWMD hätten „derartige Veranstaltungen“ am Ende aber nicht stattgefunden, es habe nur die Angebote gegeben.  

ABDA war aktiv, DocMorris ist es weiterhin

Doch auch andere Formen der Parteienfinanzierung stehen schon länger in der Kritik: Indem Parteien Veranstaltungen finanziell unterstützen lassen, können sie Gelder beispielsweise für Standmieten annehmen, die nicht im Rechenschaftsbericht der Parteien einzeln aufgeführt werden müssen. Viele Lobbygruppen und Unternehmen nutzen die Möglichkeiten, um mit aktiven Politikern ins Gespräch zu kommen und ihre Interessen vorzubringen. Während die ABDA bis vor einigen Jahren auch auf Bundesparteitagen vertreten war, ist nun im Apothekenbereich insbesondere DocMorris vertreten.

„Es ist kein Geheimnis“, erklärt ein Sprecher von DocMorris gegenüber DAZ.online: Die Versandapotheke sei bei diversen „größeren wie kleineren Parteien“ aktiv. Die Recherche von „Frontal 21“ thematisiert nun auch die traditionelle „Spargelfahrt“ des eher konservativ ausgerichteten „Seeheimer Kreises“ der SPD, zu dem unter anderem auch die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt oder der Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses Edgar Franke gehören. Auch der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel war bei der diesjährigen Fahrt mit der „Havel Queen“ mit an Bord.

Neben SPD-Spargelfahrt auch CDU-Wirtschaftsrat

„Wir haben die Spargelfahrt gesponsort“, bestätigt der DocMorris-Sprecher auf Nachfrage. Neben DocMorris gab es 16 weitere Geldgeber, darunter BMW, Abbot oder RWE. Genaue Summen wollte er nicht nennen. Ein Sprecher des Seeheimer Kreises berief sich gegenüber DAZ.online auf die Verschwiegenheitsvereinbarung mit DocMorris. Es gälte immer der Grundsatz „keine Leistung ohne Gegenleistungen“, betonte er. „Die Gegenleistungen bei DocMorris waren die Präsentation eines eigenen Logos auf der Sponsorenwand, die Teilnahme an der Veranstaltung sowie der Abdruck einer Anzeige in der Bordbroschüre“, erklärte der Sprecher. „Stände oder Fototermine gibt es nicht.“

„Bei großen Parteien sind wir auch auf anderen Veranstaltungen anzutreffen als nur auf den Parteitagen“, erklärt der Sprecher von DocMorris. So sei die Versandapotheke beispielsweise auch beim Wirtschaftsrat der CDU vertreten. 

Christina Deckwirth von LobbyControl forderte gegenüber „Frontal 21“ mehr Transparenz. „Wir bewegen uns in dem Bereich des Parteisponsorings fast wie in so einem Schattenreich“, erklärte sie. „Wir tappen da im Dunkeln“.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Wo fängt Korruption an?

von Heiko Barz am 22.11.2016 um 19:01 Uhr

So langsam wird Doc mo von allen Seiten geadelt.
Wenn das mal keine Zielprojektion für einen schnellen Untergang und unseren Berufstand darstellt.
Ich könnte kotz......!!

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Man bekommt, was man bezahlt

von Ratatosk am 22.11.2016 um 18:54 Uhr

Oft ist anscheinend das plötzliche Engagement der betreffenden Politiker ganz einfach motiviert. Es gibt nichts umsonst, wenn die Leutchen dann nicht liefern im Gesetzgebungsverfahren, gibt später keine Gutties mehr, so einfach ist es manchmal.
In dem Spiel haben aber die Großkonzerne einfach die besseren Karten.
Ein strukturelles Problem der Demokratie, das diese auch durch solches Verhalten zerstören kann.
Die Dorfapotheken werden keine Bälle schmeißen und können auch ausgemusterte Politiker nicht mit Pöstchen versorgen. Leider scheint auch der SPD statt 15000 Mittelständlern/innen ein Milliardärsclan lieber zu sein. Ist zwar für die Sozialdemokratie ein erstaunliches Gesellschaftsverständnis aber offensichtlich die neue Realität. Man muß sich nur mal Lauterbach anschauen, er kämpft verbissen und mit vollem Einsatz für die Großkonzerne, als hänge sein Leben davon ab.

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AW: Man bekommt, was man bezahlt

von Christiane Patzelt am 22.11.2016 um 19:34 Uhr

..nun sagen Sie ehrlich mal, dass ist doch einfach nur noch eine Posse, oder? Für so billig Geld zerstört man gut funktionierende Strukturen und es ist keinem der Politiker peinlich, sein Gesicht für diesen lochreissenden Plan hinzuhalten?
Ich zähle bisher Frau Schulz-Asche, Herrn Lindner und Herrn Lauterbach als starke Verfechter des ach so hochnotwichtigen Versandes der RX-Sparte -- alle den Oppositionsparteien angehörend. Früher war die Ökologie, der Mittelstand und die Arbeitsbedingungen der "kleinen Leute" Gegenstand der Parteiprogramme aller 3 Akteure. Nun hat Merkel Ihnen die Parteiprogramme geklaut, umgeschrieben, anders aber umgesetzt und nun sitzen alle 3 ohne Profil da und reiten sich auf uns in die Bundestagslounge? Ich glaub, es hackt!
Alle 3 Parteien waren mal für den vor-Ort-Verkauf, waren mal für Gewerbesteuern im eigenen Land, waren mal für(mehr oder weniger) umweltfreundliche Warenwege...heute ist alles vergessen?? Alles weg??
Ohne dass wir Neuwahlen haben, gehen die Oppositionsparteien hier den trump´schen Weg! Es muss alles anders werden, die alten Zöpfe müssen auf Teufel komm raus abgeschnitten werden ( einfach weil sie alt sind, nicht ,weil sie soviel kosten ), wir werfen alles über Bord und wer sich dagegen ausspricht, der wird mit der Keule erschlagen die da lautet: DU BIST WOHL AUS DEM MITTELALTER...

Den Parteien fehlt es an Profil und alle ApothekerInnen, wie wir tagtäglich am Tresen stehen und unsere Arbeit nach besten Wissen und Gewissen machen, werden benutzt -- wir werden für politische Meinungsmache prostituiert, ohne dass wir etwas dafür können!! So nicht, meine Freunde!!
Ich stelle mich gerne mit einem Plakat vor dem Bundestag auf dem steht:

Grüne, SPD und FDP vernichten 150tausend Frauenarbeitsplätze!! Die ApothekerInnen Deutschlands sind die Schleckerfrauen von morgen!
Und es wäre noch nicht mal gelogen.....

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