Hochpreiser

AOK will nicht an Apothekenmarge sparen

Berlin - 26.09.2016, 16:10 Uhr

Nicht ran an die 3-Prozent-Marge: Aus Sicht des AOK-Bundesverbandes kann das Problem der hochpreisigen Arzneimittel nicht mit einer gedeckelten Apothekenmarge gelöst werden. (Foto: dpa)

Nicht ran an die 3-Prozent-Marge: Aus Sicht des AOK-Bundesverbandes kann das Problem der hochpreisigen Arzneimittel nicht mit einer gedeckelten Apothekenmarge gelöst werden. (Foto: dpa)


Hochpreiser-Problematik nicht über 3-Prozent-Marge zu lösen

Zu guter Letzt formulierte Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, die politischen Forderungen, die sich aus den Untersuchungen des AVR ergeben. Litsch verwies auf das derzeit geplante Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG), das als „AMNOG 2.0“ angetreten sei, inzwischen aber drohe, zu einem „AMNOG 0.5“ zu werden. Denn an zu vielen Punkten wolle der Gesetzgeber den Gewinninteressen der Pharmaindustrie entgegen kommen.

Litsch bemängelte insbesondere die geplante Vertraulichkeit der Arzneimittelpreise. Es dürfe nicht passieren, dass die Kassen eine Umsatzsteuer auf Medikamente bezahlen, die sich an einem fiktiven Betrag berechne. Des Weiteren erhöhe das die Intransparenz im Markt und könne in der Lieferkette und für Privatpatienten zu erheblichen Problemen führen. Es sei auch „nicht glücklich“, dass das Bundesgesundheitsministerium die Vertraulichkeit als Verordnung „am Parlament“ vorbei plane. Hintergrund: Das BMG hatte erklärt, dass der Aspekt der Preisvertraulichkeit separat in einer nicht zustimmungspflichtigen Verordnung umgesetzt werden solle.

AOK: Umsatzschwelle bei höchstens 50 Millionen Euro

Die vom BMG vorgeschlagene Umsatzschwelle von 250 Millionen Euro für neue Arzneimittel ist aus AOK-Sicht nur ein „Feigenblatt“. Im vergangenen Jahr hätten dadurch nur drei Medikamente vorzeitig reguliert werden können. Die Schwelle dürfe höchstens bei 50 Millionen Euro pro Jahr liegen und müsse rückwirkend ab Tag Eins nach Zulassung gelten. „Völlig ohne Not“ wird aus Sicht der AOK auch eine weitere Regelung geändert: Laut AMNOG muss sich der Preis neuer Arzneimittel ohne Zusatznutzen an den Kosten der wirtschaftlichsten, zweckmäßigen Vergleichstherapie richten – wenn es keinen Festbetrag gibt, was in den meisten Fällen so ist. Das BMG will dies nun aufheben und dafür sorgen, dass neue Medikamente ohne Zusatznutzen sich nicht automatisch mit der günstigsten Alternative messen müssen.

Der GKV-Spitzenverband hatte in seiner Stellungnahme zum AM-VSG auch ausdrücklich verlangt, die geplante Honorarerhöhung für Apotheker wieder zu streichen. Zur Erklärung: Das BMG will den Pharmazeuten in den Bereichen Rezeptur-Herstellung und BtM-Abgabe mehr Geld zukommen lassen. Der GKV-Spitzenverband hatte daraufhin gefordert, dass im Gegenzug die 3-Prozent-Marge der Apotheker gedeckelt werden müsse.

Der AOK-Bundesverband verzichtet zumindest im Rahmen des AM-VSG auf eine solche Forderung. Auf Nachfrage sagte Litsch zwar: „Es ist schon komisch, dass der Apotheker bei teureren Arzneimitteln mehr Geld bekommt. Die Abgabe eines teuren Arzneimittels ist ja nicht aufwändiger, weil die Packung eines so teuren Präparates etwa besonders schwer ist.“ Das Problem der hohen Arzneimittelpreise liege aber woanders und könne mit der Apothekenmarge nicht gelöst werden. Ohnehin prüfe derzeit das Bundeswirtschaftsministerium das gesamte Apothekenhonorar, in diesem Rahmen sei eine Diskussion über die 3-Prozent-Marge angebrachter.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Kostenexplosion?

von Heiko Barz am 27.09.2016 um 13:44 Uhr

Beim derzeitigen Generalangriff der AOK und auch anderer KKassen auf die hohen Arzneimittelkosten wird aber bewußt ausgeschlossen, dass die Apotheken NICHTS mit dem Anstieg dieser neuen Kostenwelle zu tun haben.
In keinem medialen Bericht der letzten Tage wurde auf diesen Fakt hingewiesen. Die perfide Absicht, die Deutsche APOTHEKE in dem Bereich der "Preistreiber" nachhaltig zu platzieren, ist doch vordergründig. Es ist ja auch so schön einfach den Begriff APOTHEKE und Pharmaindustrie, obwohl nicht ausgesprochen, als das Gleiche darzustellen und damit einen Gesamtschwarzenpeter zu generieren. Auch werden mit solchen Manipulationen unsere zukünftigen Honorarverhandlungen bewußt und vorzeitig ad absurdum geführt.
Wo bleiben hier die massiven Auftritte unserer hoch dotierten Pressesprecher der ABDA und der Verbände?
Im Übrigen, wer sich, wie immer wieder beschrieben, das beste Gesundheitssystem der Welt leisten will, der muß bekennen, dass dieses auch bezahlt werden muß!
Auch wird immer wieder verkannt, dass die massiven Verwaltungskosten mit den Gehältern der KKassen einen Teil der Beiträge auffressen und wenn es nicht mehr ausreicht, werden die Beiträge angepasst, uns aber wird eine solche Anpassung seit vielen, vielen Jahren bei ständigem Drohpotential als unerträglich verweigert. Und wenn wir schon verzweifelt aufmucken, dann: "Fremd-und Mehrbesitz.....? Na ja, wir kennen leidgeprüft das Prozedere, es hätte ja noch schlimmer........!!

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Derzeit

von Gunnar Müller, Detmold am 27.09.2016 um 7:31 Uhr

Außerdem dürften die AOKen mit den Zyto-Apotheken bereits genügend zu tun haben…

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