Kinder-Spielstadt in Stuttgart

Zu Besuch in der „Stutengarten-Apotheke“

Stuttgart - 02.09.2016, 07:00 Uhr


Das Geschäft brummt in der „Stutengarten-Apotheke“,  vor allem die Pfefferminzbonbons sind der Renner bei den Kunden - den sechs- bis dreizehnjährigen „Bürgern“ der Kinder-Spielstadt Stutengarten in Stuttgart.

In der „Stutengarten-Apotheke“ in Stuttgart gibt es nur ein kleines Sortiment, Arzneimittel findet man dort gar keine. Statt Pflastern, Apothekenkosmetik und Zahnpflegeprodukten stehen Pfefferminzbonbons, Erfrischungs-Spray und Ringelblumensalbe in der Freiwahl. Die Apotheke liegt ganz zentral am Bürgerplatz, dem Mittelpunkt der Kinderspielstadt Stutengarten. Dort können in den Sommerferien jede Woche 500 Kinder erste Erfahrungen in der „Erwachsenenwelt“ sammeln. Dort residiert sie, direkt neben der Konditorei und gegenüber der Zahnarztpraxis, in einer Holzbude, wie sie auf Weihnachtsmärkten als Stände verwendet werden.

Echte Arzneimittel dürfe sie natürlich nicht abgeben, erzählt Roswitha Ziegler, die die Apotheke leitet. Sie habe nicht mal Pflaster. Wenn ein Kind sich verletzt oder unwohl fühlt, wird es von ihr ins „Krankenhaus“ geschickt – der Sanitätsstation der Spielstadt. Ziegler ist auch keine Apothekerin, sie hat eine Ausbildung als Kräuterpädagogin. Mit den fünf bis sechs Kindern, die ihr die „Agentur für Arbeit“ von Stutengarten morgens schickt, stellt sie die Produkte her, die in der Apotheke verkauft werden.

Verkaufsschlager Pfefferminz-Bonbons

In der Apotheke extrahiert Ziegler mit einer Kupfer-Destille das ätherische Öl aus Lavendelblüten. Das dabei ebenfalls anfallende Hydrolat (das wasserlösliche Pflanzeninhaltsstoffe enthaltende „Pflanzenwasser“) wird als Erfrischungsspray verkauft. Hinter der Apotheke, an einem Tisch unter einem Sonnenschirm, stellen derweil fünf kleine Apothekerinnen den Verkaufsschlager der Stutengarten-Apotheke her: Pfefferminz-Bonbons. Dafür packen sie Zuckerplätzchen und Pfefferminzblätter zusammen in kleine Blechdosen. Während der Lagerung nehmen die Plätzchen einen leichten, angenehmen Pfefferminzgeschmack an. Bis zum vergangenen Jahr habe man die Plätzchen noch mit Pfefferminzöl imprägniert, erzählt Ziegler. Aber da es die Kinder mit dem ätherischen Öl manchmal sehr gut gemeint hätten, seien die Bonbons am Ende oft zu scharf gewesen.

Viel Unterstützung

Alle für die Herstellung verwendeten Ausgansstoffe haben übrigens Arzneibuchqualität. Sie werden von der Gehe geliefert, die als in Stuttgart ansässige Großhandlung das Projekt unterstützt. Auch die Landesapothekerkammer gehört zum Unterstützerkreis, die Lager- und Standgefäße der Apotheke stammen sogar aus dem persönlichen Fundus des Kammerpräsidenten Dr. Günther Hanke, erzählt die Stutengarten-Projektleiterin Ulrike Weinz.

Auch viele Unternehmen unterstützen die Spielstadt, so hat die Apotheke bei der Allianz-Vertretung Stutengarten eine Diebstahl- und eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Auch eine dm-Filiale gibt es. Diese sei aber keine Konkurrenz – „bei uns ist alles selbergemacht und regional“, erklärt die kleine Apothekerin Linda.

„Apothekenpreise“ in der Spielstadt

Das Geschäft der Apotheke läuft jedenfalls. „Wir verkaufen schon viel“, erzählt der neunjährige Johann, der gerade viermal Pfefferminzbonbons für 2 Stuggi je Dose verkauft hat. Billig ist die Stutengarten-Apotheke nämlich nicht, ein kleiner Tiegel Ringelblumensalbe kostet sogar 9 Stuggis. Stuggi ist die Währung der Spielstadt, die Mitarbeiter der Apotheke bekommen ein Gehalt von 30 Stuggis am Tag. Dafür arbeiten sie entweder am Vormittag oder am Nachmittag zwei Stunden in der Apotheke. Den Rest der Zeit zwischen 10 und 17 Uhr verbringen sie mit Sport, Freizeit – oder dem Ausgeben ihres Geldes. Wie im „echten Leben“ eben.

Die Kinder-Spielstadt Stutengarten

Seit zehn Jahren gibt es die Kinder-Spielstadt Stutengarten in Stuttgart, veranstaltet von der Stuttgarter Jugendhaus gGmbH. In diesem Jahr haben 350 ehrenamtliche Helfer angepackt, damit rund 1500 Stuttgarter Kinder zwischen dem 15. August und dem 2. September die Kinderspielstadt besuchen konnten. Je 500 Kinder verbrachten eine Woche ihrer Sommerferien dort und nahmen am Stadtleben mit Bürgermeisterwahl und Stadtfest teil, verdienten ihr erstes eigenes Geld in der Stadtwährung Stuggi und arbeiteten in einem (oder mehreren) von über 75 Berufen – vom Apotheker bis zum Zeitungsjournalist.

Weitere Informationen zur Spielstadt gibt es hier. Auf der Website des Projekts findet sich sogar ein echter (leider nicht mehr ganz aktueller) „Marco Polo“-Reiseführer Stutengarten mit vielen Impressionen und Insider-Tipps.



Dr. Benjamin Wessinger (wes), Apotheker / Herausgeber / Geschäftsführer
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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